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Die Farbe Blau. Etwa 500 Menschen kamen zur Kundgebung am Gendarmenplatz.

© Jörn Hasselmann

Bewegung "Pulse of Europe": Europa-Freunde in Berlin: "Verlasst uns nicht!"

Anhänger der Europäischen Union demonstrierten auf dem Gendarmenmarkt. Bis zur Wahl in den Niederlanden soll es mit den Kundgebungen weitergehen.

Die Demonstranten standen zwischen Französischem und Deutschem Dom, doch ihr Appell, der ging in die Niederlande: "Verlasst uns nicht." Immer wieder war dieser Satz zu hören. Bis zum 12. März wollen die Europafreunde von "Pulse of Europe" sich jetzt jeden Sonntag auf dem Gendarmenmarkt versammeln. Ein paar Tage später wird in den Niederlanden gewählt, und es droht der nächste Exit. Der Rechtspopulist Geert Wilders führe in den Umfragen, warnte ein Redner, es drohe ein Austritt der Niederlande aus der Europäischen Union und dem Euro. Die geschätzt 500 Menschen zwischen 8 und 88 Jahren buhten erst, dann skandierten sie immer wieder: "Bleibt bei uns!" 

Begonnen hatte die Demo um14 Uhr mit Beethovens "Ode an die Freude", seit Jahrzehnten ist sie auch die "Europahymne". Die erste Rednerin begann sehr selbstbewusst: "Wir haben die besseren Argumente" – ein guter Start, wie ein Ehepaar aus Kreuzberg lobte. Die Pro-Europäer seien bislang viel zu leise gewesen, hätten das Feld den Gegnern überlassen, sagte der Mann. "Und den 'Wir sind das Volk'-Krakeelern", ergänzte seine Frau.

Jeder hier hat seine besonderen Gründe für die Teilnahme. Da studiert der Sohn in England, aber wie geht es nun weiter? "Deutschland geht es wirtschaftlich nur so gut, weil Europa zusammen ist", sagte eine Frau, die zum zweiten Mal aus Wilmersdorf gekommen ist.

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Die Zahl der Teilnehmer ist an diesem zweiten Sonntag von 200 auf 500 gestiegen, offenbar durch Mund-zu-Mund-Propaganda. "Wir haben eine Mail von Freunden bekommen", sagt ein junges Ehepaar, "Wir haben am Sonnabend einen Beitrag im Tagesspiegel gelesen", berichtet ein sehr altes Ehepaar. Viele schwenken blaue Europa-Fähnchen, die gibt es gratis an der Bühne. Einige haben sich in große blaue Flaggen gehüllt. Eine so große Demo, die so friedlich und harmonisch verläuft, hat es in Berlin wohl selten gegeben. Die Polizei, die sonst mit mehreren Mannschaftswagen auf Minidemos reagiert, hat ein einzelnes Polizeiauto auf den Gendarmenmarkt entsendet.

In vielen deutschen und einigen europäischen Städten gab es am Sonntag zeitgleich Demonstrationen, teilten die Organisatoren mit. Und es sollen mehr Städte werden, vor allem in Frankreich. Denn auch dort drohe der europäische Gedanke bei den nächsten Wahlen zu scheitern. Gegründet wurde die Bewegung vor wenigen Wochen von einem Frankfurter Rechtsanwalt.

"Ich kenne Europa nur mit dem Euro und ohne Grenzen."

Es werden die zehn Thesen von "Pulse of Europe" verlesen, die erste lautet: "Wenn nicht alle, denen Europa wichtig ist oder die auch nur davon profitieren, aktiver werden und wählen gehen, droht die europäische Union in Kürze zu zerfallen." Dann geht es um den Frieden, den Europa sichere, und ums Geld ("freier Zahlungsverkehr") geht es auch.

Viel plastischer bringt das Thema Geld später ein Niederländer am "offenen Mikrofon" zu Gehör: "Wir verdienen viel Geld mit unseren Tomaten in Europa." Leider gehe dies in seinem Land in der Debatte unter.

Die Idee solch eines "offenes Mikrofons" kann schief gehen, sprich rassistisch, sexistisch, beleidigend oder schlicht nur geschmacklos. Hier geht es mehr als gut: "Erst wo Europa auf der Kippe steht, merke ich, was ich davon habe", ruft ein junger Mann über den Gendarmenmarkt. Er sei 20, studiere Medizin: "Ich kenne Europa nur mit dem Euro und ohne Grenzen." Er könne sich nicht vorstellen, wieder mit Mark oder Franc zu bezahlen.

Eine ältere Dame sagt ganz ruhig ins Mikrofon: "Auch wird sind das Volk." Beifall. Ein anderer wird prinzipiell: "Die Demokratie stirbt nicht an ihren Feinden, sondern an der Gleichgültigkeit ihrer Freunde."

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