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Hier wohnt keiner. Warum ist es dann so laut? Es sind die Touristen. Angesichts knappen Wohnraums bekämpft Berlin jetzt Ferienwohnungen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Ferienwohnungen für Berlin-Touristen: Bezirke bekommen jetzt massenhaft Selbstanzeigen

Wer an Touristen vermietet und das bis zum heutigen Donnerstag meldet, darf bis April 2016 weitermachen. Alle anderen dürfen das nicht. Wie schnell die Behörden aktiv werden, ist allerdings unklar.

Von Fatina Keilani

Nach einem schleppenden Beginn erhalten die Bezirke in der Innenstadt jetzt Hunderte von Selbstanzeigen: Betreiber von Ferienwohnungen melden ihre Wohnungen an. Nur so haben sie die Gewissheit, dass sie dieses Geschäft noch bis zum 30. April 2016 weitermachen können. Die Meldefrist läuft am heutigen Donnerstag ab. „Die Selbstanzeigen haben in den vergangenen Tagen massiv zugenommen“, berichtet etwa Stadtrat Stephan von Dassel (Grüne) aus Mitte – derzeit seien es etwa 100 pro Tag, 1200 lägen vor, mit 2000 rechne er.

Wobei auch dies nur etwa der Hälfte der tatsächlich vorhandenen Wohnungen entspreche. Wer eine Ferienwohnung betreibt, ohne sich den Bestandsschutz zu sichern, der muss mit einem Verwaltungsverfahren rechnen. Offenbar verlassen sich aber viele Anbieter darauf, damit durchzukommen – in der Hoffnung auf den Personalmangel der Bezirke. Und den gibt es, bestätigt Stadträtin Dagmar König (CDU) aus Charlottenburg. Sie habe derzeit keine Leute, die Verstöße verfolgen könnten. Zwar habe sie zwei Stellen zu besetzen, doch bis das erledigt sei, vergehe ein halbes Jahr.

In den Bezirksämtern wird geklagt

Dafür muss sie sich allerdings Kritik vom Senat anhören. Die Stellen seien schon seit März wirksam übertragen, sagte Daniela Augenstein aus der Stadtentwicklungsverwaltung. Dass sie kämen, wisse man sogar schon seit Dezember. Es sei wichtig, dass die Bezirke sich endlich in den Zustand der Arbeitsfähigkeit versetzten. Der Senat hatte den Bezirken im Rahmen eines Bündnisses zum Wohnungsneubau 66 zusätzliche Stellen zugebilligt, davon 49 für schnellere Baugenehmigungen und 17 für die Bekämpfung der Zweckentfremdung. Für diese stehen außerdem weitere 17 Stellen aus dem Stellenpool zur Verfügung. Allerdings beklagen Stadträte, das Personal aus dem Stellenpool sei ungeeignet.

Es wird dennoch wohl langsam ernst für die Betreiber von Ferienwohnungen. Wer bis heute gemeldet hat, welche Ferienwohnungen er betreibt, bekommt automatisch den Bestandsschutz. Wer Wohnungen an Touristen vermietet und dies nicht meldet, hat keinen Schutz und muss theoretisch mit einem sofortigen Verbot rechnen. Er bekommt ein Verwaltungsverfahren und an dessen Ende einen Untersagungsbescheid – wenn es einer merkt. Gegen den Bescheid kann er klagen. Das Verwaltungsgericht rechnet fest damit. Städtische Wohnungsbaugesellschaften sind befreit, obwohl auch sie Gästewohnungen anbieten.

Klagen über Lärm und Dauerparty kann der Vermieter nicht verstehen

Die korrekte Meldung sei gar nicht so leicht, berichtet Marcus Buthmann. Er vermietet neun Wohnungen in Prenzlauer Berg an Touristen. „Wir haben sie ordnungsgemäß angemeldet“, sagt Buthmann. Allerdings habe er vom Bezirk keine einheitlichen Aussagen dazu bekommen, welche Form das Ganze haben muss. Buthmann hat die Wohnungen selbst nur gemietet und vermietet sie weiter – er ist also nicht Eigentümer. Für die Anmeldung brauchte er eine Vollmacht. „Es gibt viele ausländische Investoren, die in Berlin Wohnungen haben und die hier Agenturen für die Vermarktung beschäftigen.“ In einer frisch erlassenen und im Amtsblatt veröffentlichten Verwaltungsvorschrift ist es niedergelegt: Auch sie müssen eine Vollmacht des Eigentümers vorlegen.

Buthmann ist ein Gegner des Zweckentfremdungsverbots. Im Hauptberuf ist er Makler – und bestreitet, dass in Berlin überhaupt Wohnungsnot herrsche.

Er wohnt in einem Haus mit 50 Wohnungen, unter denen auch die neun von ihm vermieteten sind. Die Klagen über Lärm und Dauerparty könne er nicht verstehen, sagt er. Seine Wohnungen mieteten eher Großeltern und Eltern, die ihre Kinder oder Enkel in Prenzlauer Berg besuchten. Wie viele Ferienwohnungen es in Berlin insgesamt gibt, weiß keiner genau. Die Stadtentwicklungsverwaltung geht von rund 10 000 aus. Die betroffenen Anbieter, deren Geschäftsmodell durch die neue Rechtslage bedroht ist, haben sich in einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen, der Apartment Allianz. Die lässt nun die rechtlichen Möglichkeiten prüfen.

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