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David Barenboim in der Paris Par vor dem Porträt von Yves Saint Laurent.

© Georg Moritz

Berlin-Charlottenburg: David Barenboim dirigiert den Hip-Hop

Der Sohn des weltberühmten Kapellmeisters Daniel Barenboim ist ebenfalls Musiker – mit neuem Sound. Für David Barenboim ist Berlin zur Heimat geworden, seit zehn Jahren lebt er am Ku'damm. Ein Treffen in der Paris Bar.

Lässig flaniert er die Kantstraße hinunter, als würde er das jeden Herbstabend gegen halb neun so tun. Und wenn er an seiner selbstgedrehten Zigarette zieht, sieht er fast aus wie ein französisches Model. Die schwarzen Locken, das markante Gesicht. Die raue Stimme, der französische Akzent, er könnte auch Schauspieler sein. Überhaupt lässt sich David Barenboim schwer einordnen.

Klassischer Hip-Hop-Produzent oder Rapper ist der 31-Jährige schon einmal gar nicht. Dafür ist sein Auftreten zu galant, zu reflektiert. Und wie das Söhnchen eines der bekanntesten Dirigenten der Welt wirkt Barenboim in keiner Sekunde. Über seine familiären Hintergründe spricht er gerne und mit Stolz – jedoch nur auf Nachfrage. Mit dem Erfolg seines Vaters profiliert er sich nicht. Er macht sein eigenes Ding.

Das Schwarze Café hat ihm manche Abende gerettet

Er hält vor der Paris Bar in der Kantstraße. „Mein Stammrestaurant ist das nicht“, sagt er. „Da hat uns doch eher das Schwarze Café nebenan schon den einen oder anderen Abend gerettet.“ Wo sonst bekomme man frühmorgens noch gutes Essen? Doch auch in der Paris Bar ist Barenboim sehr gern gesehen, ein Kellner begrüßt ihn in herzlichstem Französisch. „Egal, was dieser Mann bestellt, es geht auf mich!“, ruft der und führt zu einem runden Tisch in einer geschützteren Ecke des Kultrestaurants.

Etwas skeptisch, und doch schmunzelnd, nimmt Barenboim unter dem Porträtbild des Modeschöpfers Yves Saint Laurent Platz. „Hier saß ich vor ein paar Monaten mit dem Künstler RAF Camora nach der Echo-Verleihung“, erinnert er sich, nominiert waren sie beide. Doch Eminem bekam den Preis. Und weil der gar nicht anwesend war, um eine Dankesrede zu halten, wurde die Kategorie im Fernsehen nicht einmal ausgestrahlt. „Statt zur Aftershowparty sind wir dann also hierhin gegangen“, sagt Barenboim.

Die Hip-Hop-Szene kennt ihn als KD Supier

David Barenboim hat sich als Hip-Hop-Produzent KD Supier in den letzten zehn Jahren einen Namen in der deutschen Szene gemacht. Die Liste der Rapper, mit denen er gearbeitet hat, ist lang: RAF Camora, Harris, Said, Megaloh, Silla. Seit zehn Jahren lebt er am Ku’damm, aufgewachsen ist er jedoch in Paris.

„In Paris haben wir in der Rue du Faubourg Saint-Honoré gewohnt. Im sechsten Stock der Konzerthalle Salle Pleyel, für meinen Vater sehr praktisch.“ Weil dieser viel in Chicago gearbeitet habe, sei die Familie immer gependelt. „Als wir 1992 nach Berlin gekommen sind, haben wir das zwei, drei Jahre so weitergemacht.“

Der berühmte Vater: Dirigent Daniel Barenboim.
Der berühmte Vater: Dirigent Daniel Barenboim.

© AFP

Mit Klavierunterricht ging es los

Nicht nur die Reiselust wurde vererbt. „Meine Familie hat mich mit fünf oder sechs zum Klavierunterricht geschickt – und ab diesem Zeitpunkt hatte ich immer etwas mit Musik zu tun.“ Eigentlich wollte er lieber malen, ging eine Zeitlang auf eine Kunstschule in Paris. „Irgendwann habe ich aber festgestellt, dass mir Musik am nächsten liegt, weil sie mich immer umgeben hat.“

Im Gegensatz zu seinem jüngeren Bruder Michael, der klassischer Violinist geworden ist, schlägt David Barenboim aber eine ganz andere Richtung ein, zunächst als Produzent. Gleich nach dem Abitur am Französischen Gymnasium in Tiergarten steigt er ins Musikgeschäft ein. Mit seinem Schulfreund, der unter dem Namen Megaloh schon mit Künstlern wie Sido, Max Herre und Joy Denalane gearbeitet hat, führt er sieben Jahre das Label Level Eight.

„Für mich ist Berlin West-Berlin“

Nach zwei Jahren Musikstudium in Boston kehrt er zurück nach Berlin in seine alte Wohnung am Ku’damm. „Für mich ist Berlin West-Berlin. Wenn ich über die Warschauer Brücke laufe, ist das für mich eine andere Stadt.“

Viel öfter ist er rund um den Ku’damm unterwegs, auf halbem Wege zum Zoo ist ihm die Schließung des Erotikmuseums von Beate Uhse an der Joachimsthaler Straße aufgefallen. „Dass diese Institution jetzt weg ist, ist schon ein Schock für mich“, sagt er und lacht. Er macht sich Gedanken um die Entwicklung des Kiezes. Klar sei die Passage an der Joachimsthaler Straße hässlich, der Abriss verständlich. „Berlin ist Weltstadt und im Waldorf-Astoria zahlst du 300 Euro die Nacht und guckst auf den dreckigen Ullrich-Supermarkt.“ Andererseits: „Wo sollte ich ohne den denn sonntags einkaufen?“

Sein Vater ist beeindruckt von der musikalischen Leidenschaft

Berlin ist seine Heimat, sagt Barenboim, doch allmählich werde ihm die Stadt, Deutschland und vor allem die deutsche Hip-Hop-Szene zu klein. „Es gibt entweder Anerkennung oder Geld. Als Rap-Produzent in Deutschland bekommst du keines von beidem.“

Das ist auch in der Familie ein Thema. „Sie hören auch die Resultate und sehen, dass das qualitativ hochwertig ist“, sagt Barenboim. Sein berühmter Vater wisse, wie viel er arbeite. Doch immer öfter frage dieser nach dem Masterplan, wo der Sohn konkret hinwolle. Dass sein Sohn Unterhaltungsmusik mache, sei niemals ein Thema gewesen. „Weil er so leidenschaftlich involviert ist in das, was er macht“, hat Daniel Barenboim mal in einem Interview gesagt, „dass ich niemals auch nur eine Sekunde gedacht habe, dass es mir vielleicht lieber wäre, wenn er Klavier, Geige oder Oboe spielen würde.“

Mit Rock möchte er wieder selbst auf die Bühne

Am Masterplan arbeitet er nun. Schon in der Schule war er Sänger, Songwriter und Gitarrist in einer Band, die sich eher mit alternativen Rockgenres befasste. Künftig möchte er wieder selbst mit solcher Musik auf die Bühne, etwas mit internationalem Potenzial schaffen, wie er sagt. „Ich muss einfach mal wieder raus – um Berlin wieder schätzen lernen zu können“, sagt er, nimmt den letzten Zug seiner Zigarette und steigt in die U-Bahn Richtung Ruhleben.

- Der Artikel erscheint auf dem Ku'damm-Blog, dem Online-Magazin für die westliche Innenstadt.

Charlotte Marxen

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