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Das Denkmal für „Turnvater Jahn“ in der Berliner Hasenheide.

© imago/Schöning

„Antisemit, Nationalist, Antidemokrat“: Berliner Netzwerk fordert Entfernung des Denkmals für „Turnvater Jahn” in der Hasenheide

Jahn sei Rassist und Frauenfeind gewesen, argumentiert das „Netzwerk Frauen in Neukölln“ – und fordert den Abbau seines Denkmals. In Berlin erinnern mehrere Orte an ihn.

Das „Netzwerk Frauen in Neukölln“ fordert, das Jahn-Denkmal in der Berliner Hasenheide abzubauen und damit nicht länger an einem zentralen Platz an einen „Antisemit, Nationalist, Antidemokrat, Militarist und Antifeminist“ zu erinnern. Friedrich Ludwig Jahn (1778-1852), besser bekannt als „Turnvater Jahn“, war Pädagoge, Politiker und initialisierte die deutsche Turnbewegung.

Er begründete unter anderem die Sportart, die wir heute als Geräteturnen kennen. Vor allem aber war Jahn Nationalist, Rassist und polemisierte in seinen Schriften gegen alles, was er als nicht-deutsch wahrnahm. Auch antisemitisch äußerte er sich mehrfach. Ziel seiner Turnbewegung war es insbesondere, die männliche deutsche Jugend auf den Kampf gegen Napoleon vorzubereiten.

In der Neuköllner Hasenheide gründete Jahn 1810 den „Deutschen Bund“, dessen Ziel die Einigung und Befreiung Deutschlands war. In dem Bund durften nur Männer mit „deutscher Abstammung“ mitwirken, wozu Jahn keine Menschen jüdischen Glaubens zählte. Das Turnen war, anders als heute, weniger als Sport gedacht – sondern vielmehr als paramilitärische Ausbildung. Später war Jahn auch Ideengeber der Urburschenschaft, die unter anderem 1817 eine Bücherverbrennung durchführte.

Jahn wurde als Turnvater von verschiedenen Regimen für ihre Zwecke vereinnahmt.

Stadtrat Jochen Biedermann (Grüne)

Kurz: Es greift nicht zu weit, festzustellen, dass Jahn nicht gerade vorbildlicher Demokrat, Menschenfreund und Friedensbewegter war. Warum also wird nach wie vor in der Hasenheide – und nicht nur da – an ihn erinnert? Auf eine entsprechende Einwohnerinnenanfrage sagte der zuständige Stadtrat für Grünflächen, Jochen Biedermann (Grüne), bei der vergangenen Bezirksverordnetenversammlung (BVV), dass eine „kritische Auseinandersetzung“ mit dem Denkmal „sicherlich an der Zeit“ sei. 

Jahn sei „als Turnvater von verschiedenen Regimen für ihre Zwecke vereinnahmt“ worden, vom Kaiserreich über die Nazis bis hin zu DDR. So müsse in der Diskussion um den zukünftigen Umgang mit der Statue „auch die Namensgebung für den gleichnamigen Sportplatz und die Jahnstraße einbezogen werden. Hierbei sollte dann auch die Debatte um die Umbenennung des Jahn-Sportparks in Pankow gewürdigt werden“, sagte Biedermann. Zugleich erinnere die Statue in der Hasenheide aber auch an den ersten Turnplatz in Deutschland.

Das Bezirksamt begrüße eine öffentliche Diskussion über den weiteren Umgang, betonte Biedermann. Diese sollte aus seiner Sicht mit einem Gutachten unterstützt werden. Allerdings wies Biedermann der BVV die Verantwortung für den weiteren Umgang mit dem Denkmal zu. Bislang hatte das noch keine Partei im Bezirksparlament thematisiert.

In Pankow war vor einigen Jahren über das gleichnamige Stadion diskutiert worden. Damals, 2019, erklärte die Senatsverwaltung für Inneres und Sport, dass es keine Pläne gebe, das Stadion am Mauerpark umzubenennen. Zuvor hatte die Pankower BVV via Beschluss gefordert, die Umbenennung zu prüfen. Die Debatte um Jahn als Namensgeber schwelt seit Jahren. Die Initiative „Sport ohne Turnväter“ drängte schon 2011 auf eine Umbenennung.

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