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Maurice P. beim Prozessauftakt vor Gericht.

© imago images / Foto: imago/Olaf Wagner

Neuköllner Rechtsextremist vor Gericht: Neonazis sollen mit Stühlen auf linke Kneipenbesucher eingeprügelt haben

Maurice P. soll an einer Auseinandersetzung zwischen Rechten und Linken im Berliner Schillerkiez beteiligt gewesen sein. Er steht zudem wegen eines Messerangriffs vor Gericht.

| Update:

Es hätte ein entspannter Kneipenabend werden sollen. Irgendwann sei dann aber, an jenem Abend am 28. September 2018, ein Gast in die Neuköllner Kneipe „Syndikat“ gekommen und habe berichtet, dass gewaltbereite Neonazis durch den Schillerkiez ziehen und womöglich auch Menschen angreifen würden. Vier Besucher:innen verließen daraufhin die Kneipe, um die Situation zu prüfen. Das „Syndikat“, das zwei Jahre später polizeilich geräumt wurde, galt damals als Treffpunkt der linken Szene.

Angeklagt ist nun der Neuköllner Neonazi Maurice P., dem unter anderem besonders schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen wird. Im gleichen Prozess wird auch über einen Vorfall geurteilt, bei dem P. aus rassistischen Motiven einen Jamaikaner mit einem Cuttermesser am Hals verletzt haben soll. Die beiden Verfahren wurden vor dem Amtsgericht Tiergarten zusammengelegt.

An der Hermannstraße trafen die vier Kneipenbesucher:innen ihren Angaben zufolge auf eine Gruppe von rund zehn bis 15 dunkel bekleideten Menschen. Einer der Zeugen schildert: „Das ging dann ganz schnell, sie riefen Sachen wie: Scheiß Zecken!“ Dann seien die Personen auf sie zu gerannt und hätten sofort angefangen, auf sie einzuschlagen.

Nur weil einer der vier ein Tierabwehrspray in Notwehr eingesetzt hätte, sei ihnen zunächst die Flucht gelungen. „Ich war ziemlich schockiert und überhaupt nicht auf eine körperliche Auseinandersetzung vorbereitet. Ich wollte einfach nur raus aus der Situation“, schildert einer der vier seine damalige Gefühlslage vor Gericht.

Sie seien dann Richtung „Syndikat“ zurückgerannt und dabei von den mutmaßlichen Neonazis verfolgt worden. Dabei seien weitere Beleidigungen gefallen, immer wieder seien sie auch körperlich attackiert worden. Eine Zeugin schildert, dass ihr eine unbekannte Person einen Stuhl auf den Kopf gehauen habe. Bei ihr sei später unter anderem eine Gehirnerschütterung festgestellt worden. Auch die übrigen Zeug:innen berichten von Gegenständen, die als Waffe eingesetzt worden seien.

 Ich war ziemlich schockiert und überhaupt nicht auf eine körperliche Auseinandersetzung vorbereitet. Ich wollte einfach nur raus aus der Situation.

Einer der Zeugen vor Gericht

Als einer der vier Kneipenbesucher:innen auf der Flucht stürzte, sei er mit Tritten malträtiert worden. Bei dem Vorfall erlitt er laut Krankenbericht unter anderem eine Fraktur des Ellbogens und diverse Prellungen. Einer seiner Begleiter beobachtete den Sturz. Er sagt vor Gericht: „Ich hatte in dem Moment totale Angst um C., ich dachte, ich muss ihn irgendwie schützen.“ Er habe sich dann einem Mann, der schon zum Tritt ausgeholt haben soll, in den Weg gestellt und ihn mit der Faust ins Gesicht geschlagen.

Diesen Mann identifizierte er auf Fotos später als Maurice P. Dieser selbst hatte bereits zu Beginn des Prozesses erklärt, dass er an jenem Abend nicht an der Hermannstraße gewesen sei – sondern mit einem „Kumpel gesoffen“ und anschließend dessen „Wohnung vollgekotzt“ habe.

Die mutmaßliche Neonazi-Gruppe soll die vier Kneipenbesucher:innen bis zum Syndikat zurück verfolgt und anschließend vor der Tür der Kneipe randaliert haben. Erst als die Polizei kurz darauf eintraf, seien die Angreifer geflohen. Der Prozess wird am 25. November fortgesetzt.

Zuvor ist Maurice P. allerdings bereits am kommenden Montag erneut vor Gericht: Dann ist er als Zeuge im Verfahren gegen die beiden Neonazis Sebastian T. und Tilo P. geladen, denen unter anderem vorgeworfen wird, die Autos zweier ihrer vermeintlichen „Feinde“ angezündet zu haben.

Die zwei Brandstiftungen sind Teil einer Serie von mindestens 72 rechtsextremen Straftaten, die ab 2013 in Neukölln begangen worden sein sollen. Tilo P. soll Maurice P. laut eines Zeugnisses des Verfassungsschutzes während einer gemeinsamen Unterbringung in Untersuchungshaft gesagt haben, dass er bei den angeklagten Brandstiftungen „nur Schmiere“ gestanden habe.

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