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Rosa Zukunft. So soll das Gebäude-Ensemble einmal aussehen, zumindest zeigt dieses Plakat des Bauherren die erwünschte Zukunftsvision.

© privat

Bauprojekt verunsichert Anwohner in Zehlendorf: Luxus statt Denkmalschutz?

Das Gebäude stammt von 1928, steht unter Denkmalschutz und an einem der schönsten Orte in Zehlendorf: am Fischtal. Jetzt wird das Ensemble luxussaniert, und die Anwohner blicken misstrauisch auf das, was da vor ihren Augen geschieht. Es geht um rosafarbene Aussichten.

Es gibt Unruhe unmittelbar am idyllischen Fischtalpark. Anwohner beobachten misstrauisch, was sich auf dem Gelände des kleinen heruntergekommenen Siedlungsensembles Am Fischtal 56 und 56 a/b tut. Und was da sonst noch zu erwarten ist.

Sie fürchten, dass die unter Denkmalschutz stehenden einstigen Siedlungsgebäude der Wohnungsgesellschaft Gagfah von 1928 nach der Luxussanierung für den neuen Eigentümer Bauwerk Immobilien GmbH kaum wiederzuerkennen sind. Sie vermuten, dass der Denkmalschutz des Bezirks in punkto Dachausbau, Fenstergestaltung und zusätzlichen Balkonen ein Auge zudrückt. Der zuständige Stadtentwicklungsstadtrat Norbert Schmidt (CDU) versichert, es sei alles mit rechten Dingen zugegangen und mit dem Denkmalschutz abgestimmt. Es habe im Genehmigungsverfahren allerdings reichlichen Ermessensspielraum gegeben.

Was man auch mit gewissem Entgegenkommen gegenüber den Bauherrn bezeichnen kann. Der wiederum spricht von einem „Riesenakt“ ,was allein die Verhandlungen mit dem Bezirk über den Bau von Balkonen bedeutet hätten. Vielleicht werde man auch auf einige Balkone verzichten, die Wünsche der künftigen Nutzer sollten berücksichtigt werden.

Rosa statt grau

Man habe bei dem Projekt jedenfalls eng mit dem Denkmalschutz zusammengearbeitet, und im Übrigen hätte die ursprüngliche Fassadenfarbe des Gebäudes so ausgesehen wie die auf dem heutigen Bauschild.

Bauschild? Es ist eher ein Werbeschild, das Auskunft über das neue Aussehen des Hauses, das Architektur- und das Verkaufsbüro für die künftigen Eigentumswohnungen verzeichnet. Wer aber das repräsentativ direkt am Park gelegene Haus in Wirklichkeit betrachtet, bekommt angesichts des schäbigen und beschmierten Äußeren einen Eindruck davon, wie Wohnen im „edlen“ Zehlendorf auch sein kann.

Rosa statt grau? Das Gebäude am Fischtal, das einst der Gagfah gehörte und unter Denkmalschutz steht, wird komplett saniert. Viele Anwohner sind misstrauisch.
Rosa statt grau? Das Gebäude am Fischtal, das einst der Gagfah gehörte und unter Denkmalschutz steht, wird komplett saniert. Viele Anwohner sind misstrauisch.

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Grau und reichlich vergammelt wäre das Gebäude ein trostloser Blickfang, stünde da nicht vorm geschundenen Bauwerk das große freundliches Werbeplakat mit einem kaum wiederzuerkennenden Domizil und dem lockenden Versprechen: „Wohndenkmal am Fischtalpark“. Das dort illustrierte Gebäude strahlt einen fast rosa-mediterranen Farbton aus und scheint mit dem Vorhandenen nichts mehr zu tun haben wollen.

Wohnungen bis zu 190 Quadratmeter werden angeboten, mit bis zu 400 Quadratmeter Garten pro Wohnung, exklusive Dachgeschosse mit Loggia und Blick über den Fischtalpark, angebaute Balkone sowieso. Schon wird eine dieser künftigen Großwohnungen für über 660 000 Euro in einem Immobilienportal offeriert und die Nachfrage soll überraschend groß sein. „So eine Wohnung ist wie ein eigenes Haus“, sagt der Bauherr.

Noch 2013 wird das Dach dicht gemacht

Noch ist viel Phantasie nötig, um sich an dieser Stelle derart anspruchsvolles Wohnen vorzustellen. Anwohner hatten noch kürzlich den Eindruck, die ersten Bauvorbereitungen seien nach dem Abriss eines der Dachstühle und Entrümpelung schon ins Stocken geraten, es habe sich eine zeitlang nichts getan. Aber es sind doch Arbeiter am Werk, werfen Schutt aus Fenstern, und der Bauherr versichert, die Arbeiten seien wirklich in vollem Gang. Eine Plane über dem abgerissenen Dachstuhl, die zuvor kräftig im Sturm geknattert hatte, sieht wieder stabiler aus.

Vorübergehend sei die Behörde allerdings überrascht und irritiert gewesen, als der alte Dachstuhl eines der Gebäude abgerissen wurde, der Bezirk habe mit seiner Erhaltung gerechnet.
Vorübergehend sei die Behörde allerdings überrascht und irritiert gewesen, als der alte Dachstuhl eines der Gebäude abgerissen wurde, der Bezirk habe mit seiner Erhaltung gerechnet.

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Dieses Jahre werde das Dach des seit Monaten unbewohnten Hauses 56 dicht gemacht und eine Winterbaustelle eingerichtet, heißt es beim Bauherrn. Hier sollen durch Zusammenlegung vier große Eigentumswohnungen entstehen. Es gelte für das Äußere des Gebäudes Bestandsschutz, beim Innenausbau aber könne man sich „austoben.

Im anderen Gebäudeteil des Ensembles wohnen allerdings noch immer sechs Mietparteien, die aus alten gemeinnützigen Zeiten der Wohnungsbaugesellschaft Gagfah ein lebenslanges Wohnrecht haben. Sie könnten wohnen bleiben, heißt es, was aber angesichts der geplanten Umbauten und weitgehender Entkernung schwer vorstellbar erscheint. So wird man sich vermutlich mit den Mietern, die nicht so ohne weiteres ausziehen wollen oder können, anders engagieren müssen.

Bauarbeiten am Objekt.
Bauarbeiten am Objekt.

© privat

Damit sind noch einige Hürden zur Luxusmodernisierung der Wohnanlage zu nehmen. Sie ist eine der wenigen Mehrfamilienhäuser der Siedlung und war bis vor kurzem noch in fast originalem Zustand erhalten. Die Gagfah hatte das Gelände vor einigen Jahren verkauft, der Käufer wollte modernisieren und Eigentumswohnungen einrichten, es gab Verhandlungen mit dem Denkmalschutz und auch schon Genehmigungen, aber das Projekt kam dann doch nicht in Gang. Im Sommer kaufte die Bauwerk Immobilien GmbH das Gelände und verspricht nun rosigen Aussichten.

Stadtrat Schmidt dementiert

Anwohner sind skeptisch. Oft führten ihre Anträge für Dachfenster oder Gauben stets zu zähen Verhandlungen mit dem Denkmalamt, zu Niederlagen oder zumindest Kompromissen. Werde das Projekt wie auf dem Bau- und Werbeschild angekündigt, verwirklicht, sei kaum noch erkennbar, dass es sich um ein Haus von 1928 handele, sagen die Kritiker aus der Nachbarschaft.

Der Autor war lange Jahre Redakteur in der Berlin-Redaktion des Tagesspiegel. Er lebt in Zehlendorf.
Der Autor war lange Jahre Redakteur in der Berlin-Redaktion des Tagesspiegel. Er lebt in Zehlendorf.

© Mike Wolff

Sie sprechen davon, dass Projekt könne „kaputtsaniert“ werden und wollen von internen Bedenken der Bezirksbehörde wissen. Stadtrat Schmidt aber dementiert. Das Bauvorhaben mit vier neue Gauben und Balkonen entspreche dem Denkmalschutz. Vorübergehend sei die Behörde allerdings überrascht und irritiert gewesen, als der alte Dachstuhl eines der Gebäude abgerissen wurde, der Bezirk habe mit seiner Erhaltung gerechnet. Der Bauherr versichere, dass es technisch nicht anders gehe und der künftige neue Dachstuhl der Form des alten entspreche.

So bleibt das Projekt noch vor allem eine Ansichtssache.

Der Autor war lange Jahre Redakteur in der Berlin-Redaktion des Tagesspiegels und lebt in Zehlendorf. Der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin des Tagesspiegels.

Christian van Lessen

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