zum Hauptinhalt
Der Autor, Christian Petzold, ist Jahrgang 1965 und lebt mit seiner Familie in Zehlendorf.

© privat

Bürger-Feind Verwaltung: Ein Beispiel aus Zehlendorf: Danke, lieber Platzwart!

Eigentlich wollte er nur ein paar entspannte Runden im Stadion drehen, dann wurde er vom Platzwart weggejagt wie ein kleiner Lausejunge, der etwas angestellt hat. Unser Autor hat aufgeschrieben, was ihm hätte niemals passieren dürfen.

Am letzten Samstagmorgen war es wieder soweit. Ein Blick aus dem Fenster genügte. Sonnenstrahlen und nur wenige Wolken zu sehen. Auf geht´s, dachte ich, zu einem entspannten Lauf durch das Fischtal. Nach langer Zeit mal wieder der Versuch, der eigenen Trägheit etwas entgegenzusetzen.

Leichtes Keuchen bereits nach gut zwei Kilometern. Zugleich aber vom Übermut gepuscht. Also dann mal noch locker zum Gelände von Hertha 03 laufen und ein paar Runden im Stadion auf der Tartanbahn drehen. Es waren schon viele Fußballer und Zuschauer unterwegs. Es herrschte an den Kunstrasenplätzen bereits leichtes Gedränge. Die ersten Würstchen lagen auch schon auf dem Grill.

Zum Stadion hin musste ich wie üblich am Häuschen des Platzwartes vorbei. Auch stand ein Spiel am späten Vormittag im Stadion auf dem Plan. Die freundliche Kassiererin von Hertha 03 begrüßte mich und winkte mich durch. Diese Bahn ist schön. Ich meine, man läuft regelrecht wippend. Ein schönes Gefühl, fast so, als wäre man, naja, drei Kilo leichter.

Nach einer erfolgreich absolvierten ersten Runde – in Gedanken beklatschten mich die Zuschauer im ausverkauften Stadion für meinen überwältigenden Lauf - stellte sich mir der Platzwart entgegen und fauchte mich sogleich an, ich solle sofort das Stadion verlassen, da gleich ein Punktspiel stattfinden würde. Ich war völlig verdutzt und schaute mich um. Kein Spieler, kein Schiedsrichter und kein Zuschauer zu sehen. Nicht einer. Völlige Leere.

Die Tartanbahn im Ernst-Reuter-Stadion, auf der es sich so schön laufen lässt.
Die Tartanbahn im Ernst-Reuter-Stadion, auf der es sich so schön laufen lässt.

© Thilo Rückeis

Ich dachte an einen Irrtum und fragte, leicht aus der Puste, nach dem warum? Ich solle hier keine blöden Sprüche machen, schallte es mir entgegen. Hier wird Fußball gespielt, und da hat jemand wie ich nichts zu suchen. Und wörtlich: „Das war schon immer so, das ist so und wird auch immer so bleiben.“ Außerdem solle ich mich nun „vom Acker machen.“

Augenblicklich war ich noch mehr verblüfft. Statt nach Argumenten zur gelingenden Fortsetzung meiner morgendlichen Ertüchtigung zu suchen, verließ ich rasch den Platz und suchte das Weite. Vorbei an der netten Einlassdame von Hertha 03, die den Kopf sogleich nach unten beugte und diskret den Kopf schüttelte, als ich vorbeilief. Noch immer konnte ich niemanden sehen, den ich vielleicht in Vorbereitung auf ein sportliches Ereignis in irgendeiner Form gestört hätte.

Es war noch eine Stunde bis Spielbeginn

Fassungslosigkeit überkam mich und folgend auch Wut. Warum nur wurde ich wie ein kleiner Lausejunge vom Platz gescheucht, und noch schlimmer, warum habe ich mir das klaglos gefallen lassen? Es war ja nicht nur der Fakt an sich, viel bedenklicher war die Art und Weise des Mitarbeiters des Bezirksamtes, welcher bei Hertha 03 als Platzwart eingesetzt ist.

Später erfuhr ich, dass bis Spielbeginn noch eine Stunde Zeit war.

Das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf, genauer das  „Sportamt ist unter anderem zuständig für die Vergabe der Sportanlagen des Bezirks Steglitz-Zehlendorf. Die Vergabe der Sportanlagen basiert auf dem Sportförderungsgesetz in Verbindung mit der Sportanlagennutzungsverordnung - SPAN - Sportanlagennutzungsverordnung“ und wird deshalb auch für die Sportstätte von Hertha 03 angewendet. Gelaufen bin ich auf einer Tartanbahn, welche eigentlich zum Breitensportverein Z88 gehört. Z88  konnte ich auf der Liste nicht finden. Aber egal. Wenn man sich auf den Seiten des Bezirksamtes umschaut, fällt auf, dass es zahlreiche Informationen dazu gibt, wer für was zuständig ist und was man nicht machen darf.

Der alte Eingang zum Ernst-Reuter-Sportfeld, der schon seit vielen Jahren gesperrt ist
Der alte Eingang zum Ernst-Reuter-Sportfeld, der schon seit vielen Jahren gesperrt ist. Auch von dieser Seite hätten Jogger also keine Chance, am Platzwart vorbeizukommen.

© Thilo Rückeis

In den Diskussionen um moderne und den Menschen zugewandte Verwaltung findet man Schlagworte wie Offenheit, Transparenz, Bürgerfreundlichkeit und Serviceorientiert, das heißt, Verwaltung soll nicht den Normadressaten und Rechtsunterworfenen sehen, sondern den Bürger! Die Verwaltung, besser ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sollen den Bürger als Partner, als Kunden, als mündigen Staatsbürger sehen und nicht als Objekt eines (formalen) Rechtssystems.

Kodizes finden sich nicht auf der Seite des Bezirksamtes Steglitz-Zehlendorf. Schade eigentlich. Ein Hauch mehr Redlichkeit, Höflichkeit und Respekt sollte doch von einem Mitarbeiter des Sportamtes zu erwarten sein, dies alles auf einem Gelände und bei einem Verein, der täglich diese Werte, insbesondere den Kindern und Jugendlichen, zu vermitteln versucht oder nahe legt. Der Verein - und das natürlich auch im übertragenden Sinne -, das sind wir doch alle, jeder an seinem Platz, mit seiner Aufgabe und in seinem Amt.

Gisbert zu Knyphausen singt in dem Lied „Seltsames Licht“: „Und so wie es war, soll es nie wieder sein. So wie es ist, darf es nicht bleiben.“ Danke, lieber Platzwart!

Der Autor ist Experte auf dem Gebiet Demenz, Pflege und Alternde Gesellschaft. Er lebt mit seiner Familie in Zehlendorf. Der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin des Tagesspiegels. Haben Sie andere Erlebnisse mit Platzwarten oder Hausmeistern - gerne auch positive -, dann schreiben Sie uns an zehlendorf@tagesspiegel.de

Christian Petzold

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false