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Bauarbeiter beim Richtfest der neuen Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge am Ostpreußendamm 108 in Berlin-Lichterfelde.

© Thilo Rückeis

Update

Containerdorf in Berlin-Lichterfelde: Wo traumatisierte Flüchtlinge endlich Ruhe finden

Am Sonnabend war Richtfest, noch im August sollen die ersten von 308 Bewohnern einziehen: Das Containerdorf am Ostpreußendamm in Lichterfelde ist ein Vorzeige-Projekt des Senats für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge.

Von Sabine Beikler

Die Zimmer sind hell, die Türen haben Holzpaneele. In den Duschen gibt es einen separaten An- und Auskleidebereich, und im Sanitärbereich haben die Architekten sogar ein Hock-WC einbauen lassen.

In jedem Stockwerk können die Kinder in einem separaten Raum spielen. Es gibt auch Familienzimmer, also Räume mit Verbindungstüren, und Zimmer mit einem eigenen Bad- und Kochbereich. Und die Gemeinschaftsküche mit einem großen Tisch in jeder Etage ist 30 Quadratmeter groß.

Ein „Container-Gefühl“ kommt in dem Vorzeige-Projekt für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge des Senats nicht auf: Das bunte Containerdorf am Ostpreußendamm soll noch im August eröffnet werden. 308 Plätze werden hier in Lichterfelde eingerichtet. Am Samstagabend wurde im Beisein von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) Richtfest gefeiert.

Der wichtigste Mann aber ist in diesen Tagen Detlef Cwojdzinski, Leiter der inzwischen zwölf Mann starken Task Force. Er ist verantwortlich für die Aufbauten der sechs Containerdörfer. „Und wir lernen von Aufbau zu Aufbau dazu“, erzählt er.

Im Heim wurde der Innenausbau komplett selbst übernommen. Sogar ein Dach haben die Container. Und die Flure und Treppen sind gefliest worden.

Das Containerdorf bekommt auch einen Kinderspielplatz

Ein Teil des Geländes am Ostpreußendamm wird von einer Jugendwerkstatt als BMX-Strecke genutzt. Der Verlauf der Strecke wird etwas abgeändert; die Jugendlichen können die Strecke weiterhin nutzen. Und auf einem anderen Teil des Geländes wird noch bis Ende August ein Kinderspielplatz errichtet.

Senator Mario Czaja (re.) und Bezirksbürgermeister Norbert Kopp beim Richtfest der neuen Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge am Ostpreußendamm 108 in Berlin-Lichterfelde.
Senator Mario Czaja (re.) und Bezirksbürgermeister Norbert Kopp beim Richtfest der neuen Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge am Ostpreußendamm 108 in Berlin-Lichterfelde.

© Thilo Rückeis

Künftig sollen in Gemeinschaftsunterkunft Flüchtlinge wohnen, die schon längere Zeit in Berlin leben und in der Regel einen Aufenthaltstitel haben. Es sind nicht nur traumatisierte Flüchtlinge, sondern auch Alleinerziehende, Schwangere oder Homosexuelle, die dort untergebracht werden. Betreiber der Unterkunft soll der gemeinnützige Verein „Milaa“ (Miteinander leben, aber anders), eine Tochter des Evangelischen Diakonievereins Zehlendorf, sein.

Bis Ende August sollen neben dem Ostpreußendamm auch die Containerdörfer an der Potsdamer Chaussee und am Hausvaterweg eröffnet werden. Senator Czaja erinnerte beim Richtfest an die „enorme Herausforderung“, die die Flüchtlinge für Berlin bedeuten. Zurzeit registriere die Erstaufnahmestation in Moabit täglich rund 200 bis 250 Erstanmeldungen. Inzwischen gibt es in Berlin 65 Einrichtungen. „Wir suchen weitere Notunterkünfte“, sagte Czaja.

Noch am Freitagabend wurde wie berichtet das Rathaus Wilmersdorf am Fehrbelliner Platz als neue Notunterkunft für Flüchtlinge eröffnet. Laut Sprecherin konnten bereits mehr als 170 Personen dort aufgenommen werden. Der seit Dezember vorigen Jahres leer stehende Altbau aus den 1950er-Jahren soll insgesamt 500 Flüchtlinge aufnehmen. Der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) betreut die schutzbedürftigen Menschen vorübergehend, bis das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) einen Betreiber ausgewählt hat.

Senat will landeseigene Gebäude für Flüchtlinge herrichten

Wie lange die Notunterkunft in Wilmersdorf geöffnet bleibt, steht offenbar noch nicht fest. Der Bezirk lädt alle interessierten Bürger ein zu einer Einwohnerversammlung am Mittwoch, 19. August, ab 20 Uhr im Gemeindesaal der Auenkirche, Wilhelmsaue 118a, ein.

Auch die vergangene Woche eröffnete Notunterkunft an der Köpenicker Allee in Karlshorst wurde inzwischen erweitert. Wohnten vergangenen Sonntag noch 221 Menschen in dem früheren Bürokomplex, waren es am Freitag schon rund 1000 Flüchtlinge. Jeden Tag kommen hunderte Flüchtlinge neu in die Stadt.

Deshalb will der Senat auf landeseigene Gebäude zurückgreifen und diese als Unterkünfte herrichten. Das sind wie berichtet die ehemalige Lungenklinik Heckeshorn, eine ehemalige Freizeit- und Bildungsstätte des Bezirks Neukölln am Kladower Damm, das ehemalige Collège Voltaire an der Avenue Charles de Gaulle in Wittenau und die frühere psychiatrische Klinik der Charité an der Eschenallee in Westend.

Insgesamt 62 Sammelunterkünfte in Berlin, 36 weitere geplant

In Berlin gibt es insgesamt 62 Sammelunterkünfte. Bis 2017 will der Senat in der gesamten Stadt 36 standardisierte Bauten für Flüchtlinge errichten. Bisher stehen acht Standorte fest. Pro Standort sollen zwischen 120 und 240 Menschen untergebracht werden. 2016 und 2017 sind 7200 Plätze geplant. In den sechs Containerdörfern kommen rund 2000 Personen unter. Noch im August sollen auch die letzten drei – einschließlich der Einrichtung am Ostpreußendamm – geöffnet werden.

Mit Stand Anfang August sind in Berlin mehr als 15.000 Flüchtlinge untergebracht. Der Senat rechnet bis Ende des Jahres mit rund 35.000 Neuankömmlingen.

Und private Hilfe? Lesen Sie hier unsere große Mehr-Berlin-Reportage über eine WG mit Asylbewerbern in Kreuzberg: "Mein Mitbewohner, der Flüchtling".

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