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Bata Illic sang am Donnerstagabend im Alliiertenmuseum in Zehlendorf.

© Alliiertenmuseum

Jazz im Alliiertenmuseum: Bata Illic swingt in Zehlendorf

Der Soundtrack seiner Jugend: Bata Illic kehrt im Alliiertenmuseum in Zehlendorf zu seinen musikalischen Wurzeln zurück – und singt Jazz.

Die Amis sind schuld. Daran, dass Bata Illic Profimusiker wurde. Daran, dass er aus Belgrad nach Deutschland gekommen ist. Und daran, dass der Jazz und damit auch der Pop nach dem Zweiten Weltkrieg wieder in einem Land heimisch wurde, aus dem die „Negermusik“ mit Militärmärschen vertrieben wurde. Nachzulesen und anzuschauen in Zehlendorf im Alliiertenmuseum in der schönen Sonderausstellung „Von G. I. Blues zu G. I. Disco“.

Dort war Bata Illic – den Hitparaden- Fans einen Schlagerstar nennen und herzlose Menschen mit groben Gemütern einen Schnulzenheini oder ein zu Recht vergessenes Schreckgespenst der Siebziger – bislang nur in einem Videointerview zu erleben. Als Zeitzeuge gewissermaßen. In dem Ausstellungsteil, der sich mit Künstlern beschäftigt, die ihre Karriere in den Clubs der US-Soldaten gestartet haben. Bis Donnerstagabend – da ist Bata Illic auf Einladung des Museums leibhaftig an der Clayallee erschienen. Zu einem einmaligen Konzert im Outpost-Theater, dem einstigen amerikanischen Garnisonskino. Nicht um seinen Hit „Michaela“ zu schmettern oder „Candida“ oder „Mit meiner Balaleika war ich der König auf Jamaika“. Nein, um wieder Jazz zu singen – coole, lässige Songs, die Nat King Cole und Frank Sinatra berühmt gemacht haben. Sein altes, 50 Jahre nicht mehr angefasstes Repertoire, mit dem er Anfang der 60er als Philologiestudent in Belgrad in Studentenclubs auftrat und dort von einem amerikanischen Offizier entdeckt und später nach Deutschland in US-Clubs eingeladen wurde.

Jung und hot. Anfang der Sechziger hat es Bata Illic (am Boden mit dem Kontrabass) mit seiner Band aus Belgrad nach Berlin in den NOC Club in der Clayallee verschlagen. Damals war Jazz seine Musik. Und den hat der Schlagersänger nach rund 50 Jahren jetzt erstmals wieder gesungen.
Jung und hot. Anfang der Sechziger hat es Bata Illic (am Boden mit dem Kontrabass) mit seiner Band aus Belgrad nach Berlin in den NOC Club in der Clayallee verschlagen. Damals war Jazz seine Musik. Und den hat der Schlagersänger nach rund 50 Jahren jetzt erstmals wieder gesungen.

© Bata Illic

„Wissen Sie“, sagt Bata Illic beim Gespräch in der Museumscaféteria, und tippt einem traut auf den Arm, „ich kam ja aus einem kommunistischen Land, da haben sie uns immer erzählt, im Kapitalismus sterben die Leute draußen auf der Straße.“ Und dann ist er im August 1962 auf dem Weg zu seinem ersten Engagement in Deutschland durch München gerannt und aus dem Staunen nicht herausgekommen. „In dieser Nacht habe ich mich entschlossen, hierzubleiben, egal was kommt, wirklich wahr.“ Und wie der gebürtige Jugoslawe da so freundlich lächelnd vor einem sitzt, lässt sich feststellen: Figur, Frisur und Akzent hat er gehalten. Wirklich wahr.

„Schauen Sie mal, das sind Skulpturen meiner Frau“, sagt Illic und zeigt Fotos auf dem iPhone. Es müssen zwei Schöngeister sein, die da seit 35 Jahren in Gräfelfing bei München wohnen. Er, der Jazzfan, sie, die Klassikliebhaberin. Bayreuth, Salzburg, das ist bei Illics jeden Sommer fixes Festspielprogramm. Da darf man sich von so trivialen Sachen wie Illics Dschungelcamp-Teilnahme 2008 nicht täuschen lassen.

Zum Schlager ist Bata Illic so zufällig kommen, wie 1962 zu seinem ersten Berlin-Auftritt im NCO Club in der Clayallee für 900 Mark im Monat, wo er nicht nur gesungen, sondern auch Kontrabass gespielt hat. Ein Produzent habe ihm 1967 – nach einem Army-Auftritt in Frankfurt – ein Lied auf Deutsch in die Hand gedrückt und gesagt, „Los, Bata, sing“. Er kannte keine Schlager, er konnte kein Deutsch. Aber Illic hat gesungen und seither nicht wieder damit aufgehört. Er schäme sich der Schlager nicht, sagt er. „Wissen Sie, wenn 1000 Leute ihre Texte mitsingen, dann ist doch da was.“ Erst Ende Februar habe er in Berlin zehn Nachmittage hintereinander in der Urania gesungen. Das überrascht, eine Stadt voller Parallelwelten. Er zuckt die Achseln. Er kann es nicht ändern. „War immer voll, wirklich wahr.“

So wie im Outpost-Theater, wo sich für Bata Illic, der im September 75 wird, ein Kreis schließt. „Wenn Sie wüssten, wie viel Angst ich habe“, gesteht er mit nervöser Miene dem nostalgiewilligen Publikum und kann von nun an, trotz der Pannen mit dem Halbplayback, gar nichts mehr falsch machen. Keiner ruft nach dem Stimmungssänger, die Leute wollen Bata Illic, den Crooner. Den sentimentalen Nat King Cole bekommt er mit Nummern wie „Unforgettable“, „Smile“ oder „Merry Christmas“ besser hin als den swingenden Frank Sinatra mit „I’ve Got You Under My Skin“ oder „The Lady Is A Tramp“. Und streng genommen teilt der Sänger mit beiden Großmeistern nur die Bariton-Lage. Bis, ja, bis auf die Begeisterung für diese „wunderbaren Lieder“ und ein liebendes Publikum.

„Von G. I. Blues bis G. I. Disco“ läuft noch bis zum 27. April im Alliiertenmuseum, Clayallee 135, Zehlendorf, täglich außer montags 10–18 Uhr, Eintritt frei.

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