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Norbert Schmidt, CDU; Bezirksstadtrat für Soziales und Stadtentwicklung

© Anett Kirchner

Leser fragen – Stadtrat Norbert Schmidt antwortet: "Wir staunen selbst über den Standort für Flüchtlinge"

Bezirksstadtrat Norbert Schmidt hat sich Ihren Fragen gestellt, zu Flüchtlingen, zur Kontrolle in Seniorenwohnheimen, zum Bierpinsel oder zu leer stehenden Gebäuden am Heckeshorn. Und er sagt, warum er einen SPD-Antrag besonders phantasievoll fand.

Norbert Schmidt ist in Berlin geboren und aufgewachsen. Er hat Literaturwissenschaft, Geschichte und Philosophie studiert. Seit 1971 ist er Mitglied der CDU. In den 1980er Jahren engagierte er sich kommunalpolitisch zunächst im Bezirk Tiergarten, arbeitete später in diversen Funktionen im Berliner Senat. Er war unter anderem Pressesprecher der Innensenatoren Dieter Heckelmann und Eckart Werthebach. Außerdem leitete er in der Senatsverwaltung für Inneres das Referat Zivil- und Katastrophenschutz und hatte dort die Aufsicht über die Berliner Feuerwehr und den Rettungsdienst. 2006 wurde Norbert Schmidt Bezirksstadtrat in Steglitz-Zehlendorf, zunächst für Soziales und Sport, seit 2011 für Soziales und Stadtentwicklung.

Bernd Lochmann fragt, ob der Bezirk Einfluss darauf nehmen kann, dass die mäßig gesicherte Ruine der abgebrannten Villa Borbone in der Königin-Luise-Straße abgetragen wird?

Das ist eine lange Geschichte. Zunächst dauerte es ewig, bis geklärt wurde, dass der Brand wohl kein „heißer Abriss“ war. Also zahlte die Versicherung. Dann plötzlich – dank aufmerksamer Nachbarn – mussten wir feststellen, dass sich dort etwas in Richtung Abriss tat. Wohlgemerkt, die Villa Borbone ist ein Baudenkmal. Wir sind also hingefahren und haben gesagt: „Hände weg! Das ist ein Baudenkmal!“ Das zeigte jedoch keine Wirkung und den Eigentümer haben wir zunächst nicht zu greifen bekommen. Inzwischen gibt es einen neuen Eigentümer und die Ruine ist so weit abgetragen, dass es nicht vertretbar wäre, das Haus wieder denkmalgerecht aufzubauen. Jetzt wird dort ein neues Wohnhaus entstehen.

Heide Kemmer fragt, warum die letzten drei Häuserblocks in der Zehlendorfer Johannesstrasse immer weiter verfallen?

Ja, Sie haben völlig Recht, dass die drei Gebäude heruntergekommen sind; zum Teil auch stark durch Vandalismus beschädigt. Dieser Zustand ist jedoch nur noch vorübergehend. Das gesamte Grundstück an der Biesestraße und Johannesstraße, einschließlich der Häuser, die noch bewohnt sind, ist vom Liegenschaftsfonds Berlin verwaltet worden. Und die Suche nach einem Investor gestaltete sich schwierig. Die gute Nachricht ist jetzt: etwa seit einem Jahr gibt es einen Investor. Das Grundstück wurde an das Petruswerk, einem Wohnungsunternehmen des Bistums Berlin, verkauft. Und jetzt die zweite gute Nachricht: dort sollen wieder seniorengerechte Wohnungen entstehen. Die drei Gebäude, die Sie meinen, können jedoch nicht gerettet werden. Das heißt also: Abriss und Neubau.

Der Zehlendorf Blog fragt, warum der SPD-Antrag in der BVV auch von Ihnen abgelehnt wurde, in dem es hieß, den Bebauungsplan auf dem Gelände der Jugendfreizeiteinrichtung G. Marshall zu erweitern und damit vor allem die Außenflächen für die Jugendnutzung zu sichern (Stichwort: Streit um die Schallschutzwand an der Skaterbahn)?

Das war ein fantasievoller Antrag. Denn man kann durch die Erweiterung eines Planungsgebietes keine gesetzlichen Regelungen zum Lärmschutz umschiffen. Das ist absurd! Es gab hier zwei Möglichkeiten: entweder ein Abriss der Skaterbahn oder die Schallschutzwand. Das Bezirksamt als Eigentümer der Skaterbahn hat sich für den Erhalt der Anlage entschieden. Weil aber der Lärm, der nun einmal mit dem Skaten gemacht wird, die Grenzwerte für die Anwohner in den neuen Häusern auf der anderen Straßenseite überschreitet, wurde die Schallschutzwand errichtet. Und zwar dort, wo der Lärm seinen Ursprung hat, in dem Fall also direkt an der Skaterbahn. Logisch. Ich halte den Wasserschlauch zum Löschen eines Brandes in der linken Ecke ja auch nicht in die rechte Ecke!

Ute Mercker fragt, warum das Bezirksamt den Standort für das geplante Wohncontainerdorf für Flüchtlinge am Osteweg akzeptiert; zumal es etwa 500 Meter entfernt an der Goerzallee bereits ein Wohnheim für Asylsuchende gibt und am Osteweg eigentlich eine Schule geplant war?

Der Bezirk hat den Standort nicht vorgeschlagen, sondern dieser wurde ihm vom Senat mitgeteilt. Das erstaunt uns selbst, denn eigentlich war dort eine Art studentisches Wohnen geplant; zumindest wurde uns dies so mitgeteilt. Doch das Landesamt für Gesundheit und Soziales  Berlin (Lageso) hat sich anders entschieden. Da kann der Bezirk nichts machen, das Grundstück gehört ihm nicht. Und ich verstehe, dass jetzt Anwohner dazu viele Fragen haben.

Sylvia von Kologurski fragt, wie die Flüchtlinge, die in das Containerdorf am Osteweg einziehen, integriert werden sollen? Es gebe dort doch kaum Möglichkeiten, wo sie ihre Zeit verbringen könnten.

Zunächst einmal muss ich sagen, dass sich unser Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU) des Themas Flüchtlinge engagiert angenommen hat und somit am aussagefähigsten ist. Gleichwohl kann ich sicher sagen, dass alles getan wird, um die Flüchtlinge gut zu integrieren. Die Schulen sind für so genannte „Willkommensklassen“ vorgesehen und bereiten sich entsprechend vor. Auch die Versorgung mit Kitaplätzen wird geregelt. Wie allen anderen steht auch den Flüchtlingen die ganze Stadt zur Verfügung. Auch alle anderen haben nicht unbedingt all die Dinge, die sie bevorzugen, direkt vor der Haustür.

Gruppenbild für den Zehlendorf Blog. Das Bezirksamt stellt sich Ihren Fragen, und Sie können sich aussuchen, wer sie beantworten soll. Zur Auswahl stehen v.l.n.r: Sozialbezirksstadtrat Norbert Schmidt (CDU), Bildungsstadträtin Cerstin Richter-Kotowski (CDU), Bezirksbürgermeister von Steglitz-Zehlendorf Norbert Kopp (CDU), sein Stellvertreter Michael Karnetzki (SPD) und Umweltbezirksstadträtin Christa Markl-Vieto (Grüne).

© promo

Der Zehlendorf Blog fragt, ob das Bezirksamt in den Seniorenwohnheimen von Steglitz-Zehlendorf regelmäßige Kontrollen durchführt? Erst vor einiger Zeit stand ein Pfleger wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht. Er hatte der Bewohnerin einer Senioreneinrichtung in Lichterfelde beim Duschen so schwere Verbrennungen zugefügt, dass sie starb.

Wir machen durchaus anlassbezogene Heimbegehungen; zum Beispiel wenn es Beschwerden von Angehörigen gibt. Regelmäßige Kontrollen sind jedoch nicht möglich. Dafür fehlt uns schlichtweg das Personal. Immerhin gibt es in Steglitz-Zehlendorf wahrscheinlich die meisten Seniorenwohnheime der Stadt. Und Kontrollen sind sowieso nur Momentaufnahmen, deren Wert relativ ist. Mit solchen Maßnahmen wird zum Teil eine Sicherheit suggeriert, die es objektiv nicht geben kann. Selbst wenn wir eine Stunde vor diesem Vorfall in der Einrichtung in Lichterfelde gewesen wären, hätten wir den Tod der Frau wahrscheinlich nicht verhindern können.

Wolfgang Steller fragt, was auf dem brach liegenden Gelände der ehemaligen Bezirksgärtnerei Zehlendorf zwischen Fischerhüttenstraße und Sven-Hedin-Straße geplant ist?

Das Grundstück ist im Grunde verkauft, aber es gibt offensichtlich noch bürokratische Hürden. Ich finde das ausgesprochen ärgerlich, weil dort seit Jahren nichts passiert. Weder der Bezirk noch der Investor sind dafür verantwortlich. Es hat viele Jahre gedauert, bis der Liegenschaftsfonds überhaupt einen Kaufinteressenten fand. Dem Finanzsenator Dr. Ulrich Nußbaum ist jedoch die Kaufsumme zu niedrig. Und jetzt hat sich der Stadtentwicklungssenator eingeschaltet und meint, dass dort mehr Wohnungen, als im Bebauungsplan vorgesehen, gebaut werden könnten. Das ist so eine Dreiecksgeschichte, die erst einmal geklärt werden muss. Der zuständige Staatssekretär, Prof. Dr. Engelbert Lütke Daldrup, will sich dazu in diesem Jahr noch äußern.

Dirk Jordan fragt, was aus den leer stehenden Gebäuden des ehemaligen Krankenhauses Heckeshorn in Wannsee werden soll? Warum gibt es dort nicht längst ein weiteres Flüchtlingsheim?

Auch das ehemalige Krankenhaus, das Sie ansprechen, gehört dem Liegenschaftsfonds Berlin. Und der hat das Gelände schon Investoren in ganz Europa angeboten. Bisher ohne Erfolg. Planungsrechtlich ist das ein Gesundheitsstandort, außerdem ein sehr großes Areal, welches nicht zerstückelt werden soll und, ganz wichtig, denkmalgeschützt. Dafür einen Käufer zu finden, ist enorm schwer. Das Problem: Die Häuser verlottern weiter und der Sanierungsaufwand wird immer größer. Es gab die Idee, den Gesundheitsstandort in einen Wohnstandort zu ändern, wurde aber wieder verworfen, weil die Gegend das höhere Verkehrsaufkommen, das mit neuen Bewohnern entstehen würde, nicht verkraften könnte. Und ein Flüchtlingsheim? Bislang gibt es keine Anfrage des Lageso. Ich kann das aber nicht grundsätzlich ausschließen. Flüchtlinge könnten dann zum Beispiel in dem ehemaligen Bettenhaus unterkommen. Es gäbe die Möglichkeit, dort planungsrechtlich eine Befreiung von der Nutzung als Gesundheitsstandort für eine begrenzte Zeit zu erteilen.

Bärbel und Thomas Schaufuß fragen, was der Bezirk unternimmt, damit der Bierpinsel in der Steglitzer Schloßstraße - ein Schandfleck für den Bezirk - wieder einer Nutzung zugeführt wird?

Zunächst einmal ist der Bierpinsel verpachtet. Und die Eigentümerin kommt seit Jahren ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht nach, dort ein Restaurant zu betreiben. Der Bezirksstadtrat Michael Karnetzki (SPD) hat schon einmal eine Frist - unter Androhung der Rückabwicklung des Vertrages - gesetzt. Nichts ist geschehen. Am Bierpinsel scheiden sich nun einmal die Geister. Das Gebäude ist halt sehr markant und leider nicht unterirdisch (augenzwinkernd). Deshalb muss sich dort etwas ändern. Vor allem sollte die künstlerische Bemalung endlich entfernt werden. Eine farbliche Wiederherstellung des Gebäudes wäre ein Anfang.

Der Zehlendorf Blog fragt, was aus dem mit Asbest verseuchten, bereits seit 1990 geschlossenen ehemaligen Schulgebäude (inzwischen eine Ruine) der Bröndby-Oberschule an der Dessauerstraße in Lankwitz werden soll?

Dieses Grundstück hat der Senat dem Berliner Wohnungsunternehmen Degewo als so genannte Sacheinlage – also kostenlos – übertragen. Denn dafür konnte der Liegenschaftsfonds keinen Investor finden. Der Grund: Es muss zunächst viel Geld in die Hand genommen werden, um das asbestverseuchte Gebäude abzureißen. Das konnte und wollte sich bisher kein Investor leisten. Also hat das Land das Grundstück quasi verschenkt. Nachdem die Asbestsanierung erledigt ist, will die Degewo dort Wohnungen errichten. Über die Anzahl werden wir uns noch verständigen müssen.

Anett Kirchner ist freie Journalistin und bloggt seit Januar 2014 auch für den Zehlendorf Blog des Tagesspiegels
Anett Kirchner ist freie Journalistin und bloggt seit Januar 2014 auch für den Zehlendorf Blog des Tagesspiegels, außerdem schreibt sie für die evangelische Wochenzeitung "dieKirche".

© privat

Der Leser-Fragen-Aufruf auf dem Zehlendorf Blog geht nun in die Schlussrunde. Unsere fünfte Gesprächspartnerin im Bezirksamt wird in der nächsten Woche die Bezirksstadträtin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) sein. Sie leitet die Abteilung Bildung, Kultur, Sport und Bürgerdienste. Genaue Informationen zur Verteilung der Ressorts finden Sie hier. Kurz vor dem Ende der Serie, interessiert uns aber auch, wie Sie diesen Leser-Aufruf fanden? Wollen Sie mehr Bürgerbeteiligung auf dem Zehlendorf Blog? Wie könnte die aussehen und wie würden Sie sich einbringen? Schreiben Sie uns gern an zehlendorf@tagesspiegel.de oder einen Kommentar. Leser-Fragen an Cerstin Richter-Kotowski können Sie auch gern weiterhin schicken.

Die Autorin des Interviews ist freie Journalistin, wohnt in Steglitz-Zehlendorf, und schreibt seit Januar 2014 als lokale Reporterin regelmäßig für den Zehlendorf-Blog des Tagesspiegels.

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