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Die liberalen Wahlkämpfer in Steglitz-Zehlendorf: Kay Ehrhardt, Mathia Specht-Habbel, Rolf Breidenbach und Sebastian Czaja (v.l.n.r.)

© Anett Kirchner

FDP in Steglitz-Zehlendorf: "Schwarz-Grün lähmt"

Seit der letzten Berlinwahl im Jahr 2011 ist die FDP nicht mehr im Bezirksparlament von Steglitz-Zehlendorf vertreten. Bei der Wahl im Herbst wollen sie sich am liebsten drei BVV-Sitze zurückerobern.

Kay Ehrhardt ist sich da ganz sicher: „Fakt ist, die Bürger wollen eine Veränderung." Der FDP-Mann vom Ortsverband Zehlendorf hat auch eine zumindest aus seiner Sicht recht naheliegende Idee, wie man diesem unterstellten Bürgerwunsch nachkommen könne: FDP wählen natürlich. Ehrhardts Argument für seine Liberalen lautet, dass der schwarz-grünen Zählgemeinschaft im Bezirk Innovationsfreude und experimentierfreudiger Mut in den vergangenen fünf Jahren gefehlt habe. Nichts sei passiert, nur Stillstand, der lähme. „Deshalb hinken wir jetzt in vielen Bereichen den anderen Bezirken hinterher“, sagt er.

Beispiele sind für ihn die Themen Stadtentwicklung, Verkehr und Verwaltung. Die FDP jedenfalls, das ist die eigentliche Botschaft, will wieder in die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Steglitz-Zehlendorf einziehen und bringt sich jetzt allmählich für die Berlin-Wahl im September in Position.  

Spitzenkandidat für die BVV ist Rolf Breidenbach

Spitzenkandidat für die Wahl zur BVV ist Rolf Breidenbach, der stellvertretende Vorsitzende des Bezirksverbandes und Vorsitzender des Ortsverbandes Zehlendorf-Wildwest. Auf Platz zwei der Liste steht Mathia Specht-Habbel, Vorsitzende des Bezirksverbandes und des Ortsverbandes Lichterfelde-Lankwitz. Auf Platz drei wurde im Februar Kay Ehrhardt, Vorsitzender des Ortsverbandes Zehlendorf, gewählt. Und für die Wahl zum Abgeordnetenhaus Berlin tritt die FDP Steglitz-Zehlendorf mit dem Spitzenkandidaten Sebastian Czaja, Generalsekretär der Berliner FDP und Bruder des Sozialsenators Mario Czaja (CDU), an.

Einer der inhaltlichen Schwerpunkte im Bezirk soll für die Liberalen das Thema Schulsanierung sein. „Die Bedarfslisten der Schulen müssen dringend aktualisiert werden“, fordert Mathia Specht-Habbel, die sich seit Jahren mit Schulpolitik beschäftigt und Vorsitzende des Landesfachausschusses Bildung der FDP ist. Es könne nicht sein, dass Gelder, die für die Sanierung von Schulgebäuden aus Sonderprogrammen des Senates zur Verfügung stünden, teilweise nicht abgerufen würden. So geschehen zum Beispiel im Hochbauamt im letzten Jahr. Dieser Fehler müsse behoben werden, indem man eine gewisse Vorarbeit leiste und perspektivisch denke. „Eine Möglichkeit wäre, genügend fertige Bauprojekte in der Schublade zu haben“, schlägt Sebastian Czaja vor.

Die Umgestaltung des Herzens von Zehlendorf ist ein Themenschwerpunkt der FDP Steglitz-Zehlendorf. Die Kirchstraße soll zur Einbahnstraße werden.
Die Umgestaltung des Herzens von Zehlendorf ist ein Themenschwerpunkt der FDP Steglitz-Zehlendorf. Die Kirchstraße soll zur Einbahnstraße werden.

© Anett Kirchner

Und auch die Eltern seien gefragt. Sie sollten mehr Druck auf das Bezirksamt ausüben, sich mehr einbringen. „Nach meiner Erfahrung funktioniert eine Schulgemeinschaft gut, wenn sich Eltern engagieren“, sagt Kay Ehrhardt. Es sei doch nicht schlimm, wenn Eltern zum Beispiel einmal selbst Pinsel und Farbe in die Hand nähmen und die Wände der Klassenräume strichen. Das bedeute allerdings nicht, dass die Hauptverantwortung für Schulgebäude weiterhin beim Bezirk liege. In diesem Punkt müsse sich Kommunalpolitik mehr öffnen, initiative Bürger ernst nehmen und diese nicht etwa als Belastung oder Bedrängung empfinden; eben bereit sein, Verantwortung und Entscheidungskompetenzen in Teilen an die Bürger abzugeben.

„Wenn wir es bei der Wahl in die BVV schaffen, wovon wir ausgehen, werden wir diesen Weg intensiv begleiten“, verspricht Rolf Breidenbach. Sein Wunsch: Drei Kandidaten, drei Sitze. Dann bekäme die FDP einen Fraktionsstatus und hätte mehr Handlungsmöglichkeiten, als wenn nur ein oder zwei Bezirksverordnete in der BVV säßen.

Seit der Fusion der beiden Bezirke Steglitz und Zehlendorf 2001 war die FDP in der BVV vertreten. Von 2001 bis 2006 mit sieben Sitzen und einem Bezirksstadtrat, von 2006 bis 2011 mit sechs Sitzen. Doch im Zuge des damaligen Negativtrends der Bundespartei wurde die FDP bei der letzten Berlin-Wahl vor fünf Jahren aus dem Bezirksparlament von Steglitz-Zehlendorf hinaus gewählt. In diesem Jahr wird es in Steglitz-Zehlendorf allerdings womöglich besonders schwer. Denn eine Gruppe von Bürgern hat angekündigt mit einer Wählergemeinschaft als sogenannte Bürgerunion antreten zu wollen. In wenigen Wochen soll die Gründungsversammlung stattfinden. Ein Grundsatzprogramm gibt es bereits.

Seit 2011 haben die Liberalen im Hintergrund weiter mit verfolgt, was im Bezirk passiert; unter anderem durch Besuche in der BVV, in den Ausschüssen und in Gesprächen mit Bürgern. Bis zur Wahl im Herbst wollen sie nun das Vertrauen der Wähler zurückgewinnen, indem sie sich zum Beispiel zu aktuellen Fragen wie dem Hundeauslaufgebiet am Schlachtensee oder geplanten Flüchtlingsunterkünften wie am Heckeshorn in Wannsee positionieren.

Was darüber hinaus in ihrem Wahlprogramm stehen wird, sind Ideen für die Umgestaltung von Zehlendorf-Mitte. Hier schlagen sie zum Beispiel vor, die Verkehrsführung zu ändern. Die Kirchstraße soll eine Einbahnstraße werden. So könnten die Abbiegespuren vom Teltower Damm in die Kirchstraße entfallen, was zu einem besseren Verkehrsfluss führe. „Dann müssen die, die sonst über die Kirchstraße zur Potsdamer Straße fahren, einen Umweg in Kauf nehmen“, erklärt Breidenbach. Eine Entlastung der Kirchstraße vom Durchgangsverkehr könne zudem ermöglichen, dort einen Wochenmarkt zu etablieren. Ziel sei, die Aufenthaltsqualität der Bürger im Zentrum von Zehlendorf zu erhöhen.

Schwerpunkte müssen im Bürgeramt gesetzt werden

Und was die FDP speziell im Bezirksamt ärgert? Die zum Teil schwierige Personalsituation in einigen Abteilungen wie Jugendamt, Hochbauamt und Bürgeramt. Hier nehmen die Liberalen vor allem den Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU) in die Pflicht. „Er ist der oberste Dienstherr im Bezirksamt, und es gehört zu seinen Aufgaben, die Rahmenbedingungen für ein funktionierendes Personalmanagement zu schaffen“, findet Sebastian Czaja. Jede Personalsache gehe schließlich über seinen Tisch. Es müssten Lösungen gefunden werden, wie man Leute für den öffentlichen Dienst motiviere.

Hier wollen sie wieder sitzen: die Liberalen. Jetzt sind sie nur Zuschauer in der Bezirksverordnetenversammlung von Steglitz-Zehlendorf.
Hier wollen sie wieder sitzen: die Liberalen. Jetzt sind sie nur Zuschauer in der Bezirksverordnetenversammlung von Steglitz-Zehlendorf.

© Anett Kirchner

Selbst wenn die finanziellen Mittel begrenzt seien, sollten Schwerpunkte gesetzt werden, etwa bei Dienstleistungen für die Bürger; sprich Bürgeramt. Wohin ein akuter Personalmangel führe, werde hier besonders deutlich – viel zu lange Wartezeiten für einen Termin. „Es kann doch nicht sein, dass jemand eine Reise absagen muss, weil er seinen Pass nicht rechtzeitig bekommt“, sagt Breidenbach. Ein anderes Beispiel sei die Berlin-Wahl im Herbst. Seine Sorge: Wenn sich ein Bürger nach einem Umzug nicht rechtzeitig um- oder anmelden kann, ist er entweder im falschen Wahlkreis gemeldet oder darf gar nicht wählen.

Die Autorin ist freie Journalistin, wohnt in Steglitz-Zehlendorf, und schreibt als lokale Reporterin regelmäßig für den Tagesspiegel-Zehlendorf. Folgen Sie Anett Kirchner auf Twitter und auch der Redaktion Zehlendorf .

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