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Fichtenberg-Gymnasium.

© Kitty Kleist-Heinrich

Marode Schulen und Sporthallen in Steglitz-Zehlendorf: Achtung, kein Trinkwasser!

Der Zustand der Schulen und Sporthallen in Steglitz-Zehlendorf ist so ernüchternd, dass einem die Worte fehlen. Mittlerweile ist es schon so, dass man einen Skandal nicht benennt, weil man glaubt, er sei gar nicht groß genug. Dabei könnte er nicht größer sein.

Letztens war ich mal wieder in der Onkel-Tom-Halle, und ich dachte: Geht ja fast noch! Die Waschbecken nur schmuddelig, die Toiletten nur ein bisschen ekelig, die Böden nur an einigen Stellen kaputt und feucht, die Rohre noch in einem Zustand, der nicht sofort aufschreien lässt. Ich bin ziemlich oft in dieser Halle, weil dort auch der Fußball-Verein meiner Söhne trainiert und Turniere spielt. Aber jetzt, zum ersten Mal, fiel mir das Schild im Klo auf: "Kein Trinkwasser!"

Man nimmt das erst so hin, als wäre das eine Ausnahme, man will gar nicht weiter darüber nachdenken: eine öffentliche Sporthalle, wo täglich Kinder und Jugendliche ein und ausgehen - aber: "kein Trinkwasser!" Und dann kam mir der "Adventskalender" in den Sinn, den der Bezirkselternausschuss von Steglitz-Zehlendorf auch in diesem Jahr an Politik und Verwaltung geschickt hat. Und ich dachte, da stehen ja die wirklich krassen Beispiele drin, und wir haben ja einige davon auch auf dem Zehlendorf Blog veröffentlicht, und die Kollegin Susanne Vieth-Entus berichtet in der Zeitung unermüdlich, nachhaltig und konsequent über diese Dinge.

Aber kann das wirklich sein: Halb so schlimm, weil nur halb vergammelt? Ich hatte dann ein Gespräch mit Susanne Vieth-Entus. Auch sie ist im Bezirk unterwegs und wollte schauen, ob die Dinge wirklich so schlimm sind, wie sie dargestellt werden. Sie bekam dann etwa zu hören, dass das eine Beispiel, aus der Schule X, wo es um Schimmel ging, gar nicht stimme. Das sei kein Schimmel, habe sogar das Gesundheitsamt gesagt, und deshalb gab die Direktorin dieser Schule Entwarnung. Die Begründung: Es sei halt nur feucht...

Es heißt immer nur: kein Geld da!

Nur feucht! Womöglich muss die Hausmeisterin also nicht, wie es auch bei uns im Blog stand, mit der Atemmaske den Raum betreten. Glück gehabt! Und dann lese ich die Einträge im Adventskalender nochmals nach, und jedes Mal denke ich, das kann doch jetzt nicht wahr sein, vor allem kann es nicht wahr sein, dass sich so gut wie nichts ändert. Ein einziges von so vielen Beispielen ist die Montessori-Gemeinschaftsschule im Tietzenweg, die im Januar 2014 einen wirklich schauderhaft-schönen Jahreskalender an die Verantwortlichen im Bezirk und der Senatsverwaltung schickten. Ein Kalender, den für jeden Monat ein ausgesprochen, nunja, nachdenkenswertes Bild eines Klos oder eines sehr betrachtenswerten Waschbeckens sowie andere Motive schmückte.

Die Reaktion, die kam, war: Es gab sie nicht. Keine Reaktion. Nichts. Null Antwort. Was hätte wohl auch drin stehen können? Bedauern, Scham, Hilfe?

Es wird alles ohnmächtig hingenommen, und immer heißt es, "kein Geld" oder "wir sind ja nicht verantwortlich". Das ist das Problem: Niemand will verantwortlich sein, niemand die Dinge aussprechen, niemand Verantwortung übernehmen. Aber, sagt die sehr erfahrene Kollegin Vieth-Entus im Tagesspiegel, sie habe das dumpfe Gefühl, dass da jetzt eine Grenze überschritten sei. Und das bedeutet: Die Gebäude, die alten denkmalgeschützten aus der Jahrhundertwende, und die neuen, die vor 40 Jahren gebaut wurden, sind nachhaltig geschädigt. Auf Dauer gefährden wir, und das ist jetzt keine Übertreibung, die Gesundheit unserer Kinder.

Die Bildungsstadträtin von Steglitz-Zehlendorf, Cerstin Richter-Kotowski (CDU), die nicht völlig unschuldig an dieser Situation sein kann, hat jetzt einen erstaunlichen Satz gesagt im Interview mit dem Zehlendorf Blog. Einen erstaunlich ehrlichen. Und dieser Satz sollte eigentlich alle verantwortlichen Politiker in dieser Stadt aufhorchen lassen, denn offensichtlich ist dieser Satz nicht nur wahr, sondern aus der vollkommenen Ohnmacht heraus gesprochen, selbst nichts mehr an dem Dilemma ändern zu können. Der Satz lautet: "Wenn wir nicht bald erhebliche finanzielle Mittel in die Hand nehmen, wird unsere Infrastruktur zusammenbrechen." Sie meint vor allem die schulische Infrastruktur, sie meint, im wahrsten Sinne des Wortes, doch wohl: dass etwas zusammenbrechen wird.

Gebäude. Und dann?

Wenn Frau Richter-Kotowski ihren eigenen Satz ernst nimmt, dann muss sie ihn vor dem Bürgermeister, ihrem CDU-Parteifreund, wiederholen, und dann müssen sie und der Bürgermeister Norbert Kopp in die Gremien gehen, die gesamtberliner Gremien, zur Schulverwaltung, zur Bauverwaltung, zum neuen Bürgermeister Michael Müller und müssen dort den Satz immer und immer wieder sagen - solange, bis er eine Wirkung oder zumindest eine Reaktion entfacht.

Was wäre der Satz sonst wert? Und warum hat sie ihn sonst gesprochen?

Der Autor ist Redakteur für besondere Aufgaben im Tagesspiegel. Der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin aus dem Südwesten.

Mehr zu maroden Schulen und deren Probleme erfahren Sie auf dem Blog einstürzendeschulbauten. Dieser Blog ist ein Produkt des Bezirkselternausschusses Steglitz-Zehlendorf, das gesetzliche Elterngremium im südwestlichen Berliner Bezirk und hat eine lange Tradition.

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