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Berlin: Big Apple für Arme

Weil New York zu teuer wurde, kam er nach Berlin. Jetzt will Robert Elmes viele US-Künstler herholen

Die Hiobsbotschaft kam vor einem Jahr im September. Eine Mieterhöhung von 10 000 Dollar! Bis dahin hatten die Leute von „Galapagos“, einem unabhängigen Projekt für die darstellenden Künste, etwa 450 Dollar bezahlt für ihre Räume in Williamsburg, einem Teil von Brooklyn, New York. Grund zum Jammern sah der Direktor des Zentrums, Robert Elmes, trotzdem nicht.

„Jetzt müssen wir größer werden, um zu bestehen“, lautete für ihn die logische Folge aus dieser Herausforderung. „Wenn wir keine gute und effektive Arbeit leisten, werden wir nicht überleben. Wir müssen unabhängig sein. Wenn wir nicht für uns selbst einstehen können, haben wir der Welt sowieso nichts Interessantes mitzuteilen.“ Diese Haltung hat ihn jetzt nach Berlin geführt. Denn in Berlin kostet alles weniger.

„New York wird zu teuer für aufstrebende Künstler“, ist er überzeugt. Über kurz oder lang werde New York die junge kreative Kunstszene verlieren. Grund dafür sind die Preise. Die hielten schon jetzt die hochbegabten jungen Leute aus den anderen Bundesstaaten fern. Früher war New York das Traumziel für einen aufstrebenden Künstler.

Auch Elmes folgte einst dessen Ruf. Vor 17 Jahren kam der gebürtige Kanadier aus Vancouver nach New York. Der 39-Jährige war eigentlich Bildhauer, bevor er das Zentrum gründete und darin seine eigentliche Lebensaufgabe fand. Staatliche Unterstützung nimmt „Galapagos“ nicht in Anspruch, und auch Sponsoring beschränkt sich in der Regel auf ein paar Kästen Gratis-Bier von den Brauereien, die das Zentrum ohnehin beliefern. Das Stammpublikum umfasst ungefähr 8000 Zuschauer, die den Darbietungen der 140 dort zusammengeschlossenen Künstler folgen.

Für Elmes ist es jetzt an der Zeit, einen Schritt zu tun Richtung Globalisierung der alternativen, aufstrebenden Kunstszene. New York wirft er vor, dass viele Künstler neben der Kunst einen Hauptjob mit 40 Stunden Arbeit die Woche brauchen, um die Miete zu finanzieren. Gerade in den vergangenen zwei Jahren habe sich New York so schnell weiterentwickelt, seien die Immobilienpreise derartig nach oben gegangen, dass die Leute einfach nicht Schritt halten könnten. Schon gar nicht die Künstler. Und so überlegen manche zweimal, ob ihnen die Umgebung das wirklich wert ist, oder ob sie anderswo mit weniger Aufwand mehr Kraft in die eigentliche Berufung stecken können. „Auch viele europäische Künstler bleiben fern wegen der restriktiveren Handhabung von Aufenthaltsgenehmigungen nach dem 11. September“, hat Elmes beobachtet. Ausweichorte müssen also her, und für ihn besteht kein Zweifel daran, dass Berlin genau der richtige ist.

Atmosphärisch erinnert ihn die Stadt an New York in den frühen 80er-Jahren. Schon jetzt sei es ein wichtiges Ziel für die abenteuerlustigeren unter den amerikanischen Künstlern. Die Lebenshaltungskosten sind vergleichsweise gering, die Atmosphäre geprägt von Kreativität und Aufbruchstimmung. Die Zukunft Berlins als europäische Hauptstadt der jungen Künste ist in seinen Augen unausweichlich. Und das, obwohl er überzeugt ist, dass „auch Berlin in ein paar Jahren richtig reich wird“. Der Traum von Robert Elmes geht so: In Berlin findet er einen Ort mit vielleicht 300 Plätzen, gern ein altes Fabrikgelände oder einen anderen Ort, der die Phantasie stimuliert. Dann schickt er die New Yorker Künstler hierher. Der nächste Schritt wäre, ähnliche Zentren in Bombay und Peking zu gründen, und eine Art Kreislauf zu starten, also Künstler aus New York, Berlin, Bombay und Peking in regelmäßigen Intervallen weiterzuschicken, damit sie sich in der Welt bekannt machen können.

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