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Bilanz: Das soziale Gewissen des Senats

Was Heidi Knake-Werner in der Landesregierung bewegte – und was nicht.

Erst nach langer Überzeugungsarbeit konnte Gregor Gysi, damals noch Berliner PDS-Wirtschaftssenator, Heidi Knake-Werner, die parlamentarische Geschäftsführerin der PDS-Bundestagsfraktion, überreden, 2002 in den ersten rot-roten Senat zu wechseln. Da war sie zunächst für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz zuständig. Die überzeugte Linkspolitikerin, die nach elf Jahren SPD-Mitgliedschaft 1981 zur DKP wechselte und nach der Wende in die PDS eintrat, hatte es anfangs denkbar schwer, ihr „politisches Gewissen“ in guten Taten auszuleben. Im Zuge der Haushaltskonsolidierung musste sie der Parteibasis etwa die Kürzung des Blindengeldes erklären. Unumwunden gab sie damals zu, dass die Sparvorschläge in ihrem Ressort ein „Paket der sozialen Grausamkeiten“ seien.

Doch Knake-Werner biss sich durch und errang im Senat ein hohes Ansehen. Dass sie es als „gute Seele“ und als eine Linkspolitikerin, die mit ihren Worten „immer auf der Seite derjenigen steht, die es am schwersten haben“, nie ganz leicht hatte, sich vor allem beim langjährigen Finanzsenator Thilo Sarrazin durchzusetzen, hat sie bewusst in Kauf genommen.

Nachdem das Sozialticket für den öffentlichen Nahverkehr abgeschafft wurde, kämpfte die Linkspartei mit Knake-Werner voran hartnäckig für dessen Wiedereinführung, was ihr letztlich auch gelang. Knake-Werner war immer eine überzeugte Hartz-IV-Kritikerin. Mit sozialer Härte schaffe man keinen einzigen Arbeitsplatz, lautete ihr Credo.

Als sich ihr Verwaltungszuschnitt nach der Neuauflage von Rot-Rot veränderte und sie für Arbeit und Integration zuständig wurde, setzte sie die Förderung des öffentlichen Beschäftigungssektors durch. Es ist maßgeblich Knake-Werners Verdienst, dass bis Ende dieses Jahres 8500 Menschen in geförderten, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen arbeiten. Sie setzte höhere Mietzuschüsse für Hartz-IV-Empfänger durch – trotz massiven Widerstands im Senat. Sie wehrte sich vehement und erfolgreich dagegen, dass alleinerziehende Mütter ihre Wohnungen verlassen müssen.

Wenig Profil zeigte sie dagegen im Bereich Integration. Als „Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales“ meldete sie sich in den integrationspolitischen Debatten viel zu wenig zu Wort. Mehr im Stillen unterstützte sie da etwa die Kampagne gegen Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Dessen Stadtteilzentren konnten dank ihrer Unterstützung berlinweit zum sozialen Rückgrat ausgebaut werden. Ihre politischen Kritiker lasteten ihr zuletzt den menschlichen, aber auch als sehr gutmütig zu bezeichnenden Umgang mit den Roma-Familien an, die mit staatlichem Reisegeld zum Verlassen Berlins motiviert werden sollten.

Nach 40 Jahren politischer Arbeit gibt Knake-Werner am 15. Oktober ihr Amt auf. „Es gibt auch ein Leben nach der Politik“, sagte sie am Sonntag. Sie wandert gerne und freut sich auf ihre Sommerreise in drei Wochen in die italienischen Alpen. Urlaubstage hatte sie als Senatorin immer gern geopfert, wenn sie auf diese Weise Spendenaktionen für das soziale Berlin unterstützen konnte. sib/kög

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