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© Getty Images/iStockphoto

Bilder brutaler Gewalt: Wie eine Berliner Organisation gegen den Kindesmissbrauch kämpft

„Innocence in Danger“ klärt seit 20 Jahren über eine Schattenwelt im Internet im Netz auf. Die Fachleute wollen das Problem für die Mitte der Gesellschaft sichtbar machen.

Im Darknet kennt man ihn unter dem Namen „Papa“. Er ist ein mittelalter Familienvater, blond, senfgelbe Socken, weißer Anzug. Er sitzt auf einem Plastikstuhl an einem Tisch, einer Frau gegenüber, die sich als Kommissarin vorgestellt hat – und gegen ihn ermittelt. Sie will von ihm wissen, ob seine Frau weiß, was er da im Internet tut. Er geht der Frage aus dem Weg. Und gibt doch in gewisser Weise zu, was ihm vorgeworfen wird: sexueller Missbrauch. Kinderpornografie ins Netz gestellt zu haben. Es sei doch besser, wenn Pädophile nur solche Videos und Fotos konsumierten, anstatt sich an den Nachbarskindern zu vergehen, rechtfertigt er sich.

Seine Äußerungen sind nur zu ertragen, weil die Verhörsituation nicht real ist. Sie ist Teil des Kriminaldramas „Die Netzwelt“, das im Berliner Ensemble gezeigt wird. Zu einer der letzten Aufführungen hatte die Kinderschutzorganisation „Innocence in Danger“ Unterstützer und Spender eingeladen und außerdem im Anschluss eine Diskussion organisiert über das Thema Kindesmissbrauch und KInderpornografie im Internet, mit dem Regisseur Max Lindemann und den Schauspielern.

Wie kann man das Problem greifbarer machen? „Was tut ,Innocence in Danger‘, um gegen den Kindermissbrauch zu kämpfen?“, fragt eine Frau aus dem Publikum in der Diskussionsrunde. „Ein wichtiger Teil unserer Arbeit ist es, das Thema in die Mitte zu bringen“, entgegnet die Psychologin Julia von Weiler, die Geschäftsführerin des Vereins. Dies versuche „Innocence in Danger“ durch Fortbildungen, Schulbesuche und Aufklärung zur sexuellen Gewalt.

„Innocence in Danger“ gilt als ein Vorreiter vieler heutiger Kinderschutzorganisationen. Vor 20 Jahren hätten noch viele den Kopf geschüttelt und gesagt: „Gewalt im Internet – so was gibt es doch nicht“, erzählt von Weiler. Welches Gewicht Kindesmissbrauch und seine Darstellung im Internet in unserer Gesellschaft hat, darüber seien sich zwar inzwischen viele bewusst geworden. Trotzdem werde noch nicht offen genug darüber gesprochen.

Das Problem soll noch offener diskutiert werden

„Für viele ist diese Form von Kindesmissbrauch immer noch ein Igitt-Thema, das lieber ignoriert wird als es zu benennen. ‘Innocence in Danger’ war einer der ersten, die das Thema enttabuisierten und greifbar machten“, sagt auch Anita Gödiker, langjährige Unterstützerin der Organisation, nach der Diskussion.

Wir müssen das Problem sehen, sonst machen wir es Tätern und Opfern noch schwerer, aus dieser Welt herauszukommen.

Julia von Weiler, Vorstand von Innocence in Danger

Auch Veranstaltungen wie der Theaterabend mit Diskussion sollten das Problem enttabuisieren, sagt von Weiler. „Wir müssen das Problem sehen, sonst machen wir es Tätern und Opfern noch schwerer, aus dieser Welt herauszukommen“. Mit „dieser Welt“ meint Julia von Weiler die digitale Unterwelt.

In der Diskussionsrunde nach dem Stück spricht sie auch über die Grenzen zwischen Virtualität und Realität. „Auch wenn man sich in einem virtuellen Raum befindet, ist die Wirkung real“, sagt von Weiler. Digitale Möglichkeiten vergrößern sich schnell, synchron dazu auch die Möglichkeiten sexuellen Missbrauches im Internet. „Sexuelle Gewalt im Netz ist präsenter denn je“, sagt von Weiler. Es sei an der Zeit, mehr zu machen als nur zuzuschauen.

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