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Schon mit fünf Jahren auf die Schulbank? Das Konzept der Früheinschulung finden nicht alle ideal.

© dpa

Bildung in Berlin: CDU sieht Früheinschulung als gescheitert an

Die Berliner CDU will die Früheinschulung noch vor 2016 kippen. In der Kritik steht vor allem die ansteigende Rückstellung der schulpflichtigen Kinder. Die Bildungsverwaltung stellt diesen Zusammenhang aber infrage.

Die Bildungsverwaltung stellt den Zusammenhang zwischen Früheinschulung und der wachsenden Zahl von Rückstellungen schulpflichtiger Kinder infrage. „Es gibt Bundesländer, in denen die Quoten ebenfalls bei 16 Prozent liegen, trotz späteren Einschulungszeitpunkts“, betonte Sprecherin Beate Stoffers. Zuvor hatte der Tagesspiegel über den drastischen Anstieg bei den Rückstellungen auf rund 4800 Fälle berichtet. Die CDU sieht die Früheinschulung als gescheitert an.

Auf dem Landesparteitag bekräftigte CDU-Fraktionschef Florian Graf, die jetzige Regelung „noch in dieser Wahlperiode“ zugunsten einer flexibleren Lösung korrigieren zu wollen. Angesichts der Zunahme der Rückstellungen und der Kritik von Fachleuten an der Früheinschulung betonte Graf, er sehe „ein deutliches Signal des Handlungsbedarfs“. Fest steht, dass die bundesweite Durchschnittsquote der verspäteten Einschulungen sieben Prozent beträgt, wie dem Bildungsbericht der Kultusminister zu entnehmen ist. Dort ist zu lesen, dass die Berliner Quote vor Einführung der Früheinschulung bei 5,4 Prozent lag, also bei einem Drittel des jetzigen Umfangs.

Unklar ist, wie hoch der Anteil der Fünfjährigen bei den Anträgen ist. Dies wird zurzeit von der Bildungsverwaltung auf Druck des Abgeordnetenhauses untersucht. Aus den Kitas und aus den Praxen der Kinderärzte ist allerdings zu hören, dass sich vor allem die Eltern der fünfjährigen Kinder Sorgen machen und sich eher für einen Verbleib ihrer Kinder in der Kita entscheiden als die Eltern der Kinder, die noch vor dem Einschulungstag sechs werden. Nach Informationen des Tagesspiegels gibt es Bezirke, in denen bis zu 80 Prozent der zurückgestellten Kinder erst fünf Jahre alt wären, wenn sie zur Schule müssten.

Bildungsverwaltung hält an Früheinschulung fest

Die Bildungsverwaltung betont, dass die Früheinschulung 2005 nicht isoliert, sondern als „Gesamtpaket“ beschlossen worden sei. Zum Gesamtpaket gehöre auch das Bildungsprogramm der Kitas und die Verlagerung der Horte an die Schulen. Was sie nicht erwähnt, ist allerdings, dass auch das Verweilen schwacher Kinder in der zweiten Klasse und das Jahrgangsübergreifende Lernen (JüL) zu diesem „Gesamtpaket“ gehörte: JüL ist aber mangels Akzeptanz in etwa jeder zweiten Schule abgeschafft worden, und das massenhafte Verweilen ist umstrittener denn je. Die Grundschulreform sei „in die Hose gegangen“, bilanziert Norman Heise, der Elternsprecher für Kindertagesstätten.

Dass die Bildungsverwaltung trotz aller Kritik an der Früheinschulung festhält, hängt mit der in Berlin großen Zahl an bildungsfernen und schlecht Deutsch sprechenden Familien zusammen. Die Schulpflicht war um ein halbes Jahr vorverlegt worden, damit Kinder früher mit der deutschen Sprache in Berührung kommen und gezielter gefördert werden können. Dies schien die einzige Lösung zu sein, da eine Kitapflicht nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Inzwischen wurde allerdings ein dritter Weg eröffnet – und zwar die Kitapflicht durch die Hintertür: Kinder müssen eineinhalb Jahre vor der Einschulung einen Sprachtest absolvieren und im Falle des Nichtbestehens die Kita beziehungsweise eine Sprachförderung besuchen. Dadurch erreicht Berlin bereits jetzt, dass mehr Kinder als früher vor der Schule gefördert werden. Zudem wurde die Kitabesuchsquote auch dadurch erhöht, dass die Elternbeiträge entfielen. Vor diesem Hintergrund hat die Früheinschulung einiges an Relevanz verloren.

Kritik an Rückstufung

Neben der Früheinschulung und JüL wird auch das massenhafte Verweilen der Kinder in der zweiten Klasse von Eltern kritisch beobachtet. Familien aus Charlottenburg-Wilmersdorf berichteten, dass sie die Praxis beim Verweilen als Willkür empfinden. Selbst Kinder, die angemessen entwickelt seien und gut Deutsch sprächen, müssten in der Schulanfangsphase verbleiben. Die entsprechenden Schulen wollten sich zu dem Thema nicht äußern.

Die Eltern sind auch deshalb außer sich, weil sie kein Mitspracherecht haben. Zwar wirbt die Bildungsverwaltung damit, dass Kinder verweilen „können“. Die Rechtslage ist aber eine andere: Sie sieht vor, dass die Klassenkonferenz darüber entscheidet, also die Lehrer. Den Eltern bleibt nur die Möglichkeit, in der Schule Widerspruch einzulegen, was sie allerdings erst selbst in Erfahrung bringen müssen. Wie berichtet, mussten in den Vorjahren jeweils rund 4000 Kinder die zweite Klasse wiederholen. Aktuelle Zahlen gibt die Bildungsverwaltung Mitte Juli heraus.

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