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Berlin: Bischof Huber predigt Abgeordneten zu Hartz IV

Grundsatzrede zu Sozialreformen in der Französischen Friedrichstadtkirche Pfarrer erwarten deutliche Worte und Handlungsanweisungen

Heute Abend wird die Französische Friedrichstadtkirche am Gendarmenmarkt zum Ort einer politischen Kundgebung. Wolfgang Huber, Berliner Bischof und Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, will dort vor Abgeordneten aller Bundestagsfraktionen in einer Grundsatzrede zu den Sozialreformen der Regierung sprechen – deutliche Worte sind zu erwarten. Huber ist bekannt dafür, sich in politische Debatten einzumischen. Nicht immer kam das gut an in der Kirche. Vor sieben Jahren war sein politisches Engagement für viele ein Grund, ihn nicht zum obersten Protestanten in Deutschland zu wählen.

Die Stimmung hat sich geändert. „Viele merken, dass es angesichts der Reformen auf das politische Engagement ankommt, das sie vor Jahren an Huber kritisiert haben“, sagt Harald Sommer, Superintendent des Kirchenkreises Zehlendorf. Viele Gemeindemitglieder, ob in Zehlendorf, Charlottenburg oder Neukölln, hätten Angst vor den Reformen. „Da sind wir froh, dass Huber sich nicht zu schade ist, die Debatte anzupacken.“ So sehen es auch die anderen Berliner Superintendenten, die Leiter der Kirchenkreise und die Mehrheit der Pfarrer.

Auch Hubers Besuch im Arbeitsamt Mitte vor einer Woche beeindruckte die evangelischen Christen. Dort hatte Huber kritisiert, dass die Einführung des Arbeitslosengeldes II von den Menschen viel fordere, sie aber nicht fördere. „Viele Pfarrer haben ja gar keine Ahnung, wie es im Arbeitsamt zugeht, umso besser, dass Huber da mal genau hinschaut“, sagt Bernd Szymanski vom Kirchenkreis Neukölln.

Es sei ureigenste Aufgabe der Kirchen, bei gesellschaftlichen Veränderungen nicht zu schweigen, sagt auch Generalsuperintendent Martin-Michael Passauer. Zwar gebe es einige, die meinen, politische Stellungnahmen seien nicht Aufgabe der Kirche. „Das sind die, die dann bei Freikirchen die vermeintlich reine Lehre suchen.“ Über deren Abwanderung scheint Passauer nicht sonderlich besorgt.

Sogar die Pfarrer in der Schlesischen Oberlausitz sind mittlerweile „sehr zufrieden“ mit Bischof Huber. Als die Landeskirchen Berlin-Brandenburg und Schlesische Oberlausitz vor einem Jahr fusionierten, wurde Huber in Görlitz und Hoyerswerda immer wieder dafür kritisiert, dass er sich zu viel mit politischen Themen beschäftigt und zu wenig mit der Seelsorge. „Wir sind eigentlich sehr zufrieden mit Hubers politischem Engagement“, sagt Superintendent Friedhart Vogel aus Hoyerswerda, damals einer von Hubers Hauptkritikern. „Uns gefällt, dass er den Leuten nicht nach dem Mund redet.“ Huber betont immer wieder, dass er die Sozialreformen grundsätzlich begrüßt. Aber sie müssten sozial ausgewogen sein. Pfarrer Lothar Wittkopf, Leiter des Kirchenkreises Mitte, hofft, dass Huber heute genauer ausführt, wie er sich diese Ausgewogenheit vorstellt. In vielen Gemeinden würde derzeit kontrovers darüber diskutiert, ob die Kirche Arbeitslose für einen Euro beschäftigen soll. „Ist das mit unseren ethischen Grundsätzen vereinbar?“, fragen sich Pfarrer. Der Dialog zwischen den Kirchen und der Politik hat erst begonnen.

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