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Goldfinger Glööckler.

© Davids

Bling-Bling in XXL: Glööckler präsentiert Mode in Übergrößen

Der King of Bling Glööckler startet in Berlin einen neuen Coup: Er kreiert XXL-Mode für die Filialen von "Ulla Popken". Bei der Präsentation ist jedoch fraglich, ob das auch der Zielgruppe passt.

Von Susanne Leimstoll

Alle warten auf ihn, den Herrn der überdimensionierten Ringe. Der Gottvater des Bling-Bling wird kommen, um seine neue frohe Botschaft zu verkünden: Dicke Frauen dürfen ab sofort Krönchen tragen. Im Store am Ku’damm Nr. 37 ist, wo vor dem Umbau die Jogginganzüge hingen, der rosafarbene Teppich auf Autobahnlänge ausgerollt. Das großteils barocke Volk und eine massive Horde Kameraleute harren schon eine Ewigkeit bei halbtrockenem Hausmarken-Sekt am Seitenstreifen aus. Thomas Schneider, Chef des Große-Größen-Textilfilialisten „Ulla Popken“ deutet mit dem Zeigefinger gen Himmel und sagt: „Gleich geht’s los, wir warten auf ein Zeichen von oben.“

Zwei Treppen höher macht sich der Allmächtige noch ein bisschen zurecht. Dann schwebt er ein zu Maria Callas vom Tonträger. Harald Glööckler, schwarz gekleidet wie Belzebub, jeder Quadratmillimeter vom Mokassin bis zum Basecap (Nieten-)Glanz und (Strass-)Gloria und breitet die Arme aus zur Offenbarung. Nun macht er nicht mehr nur Mode für Billigketten, für Shopping-Kanäle, nicht nur Schmuck für Lebensmitteldiscounter oder Glanztapeten für die Mietwohnung, er fertigt mit Popken auch Kleider für füllige Frauen. Weil sich jede fühlen soll „wie eine Prinzessin“ – bis Größe 64. Pastell, glitzernd, umwirkt von elastischer Spitze und bloß nicht eingezwängt. „Dazu hat sich noch kein Modemacher bereit erklärt“, behauptet Herr Glööckler. „Es war der Wunsch der Damen. Ich habe ihn einfach zu den Engeln getragen.“

Tatsächlich reiste eine Ulla-Popken-Abordnung in Glööcklers 1400-Quadratmeter-Residenz in der Friedrichstraße an, in der Hoffnung auf ein einstündiges Gespräch, was dann, wie Firmenchef Schneider sagt, „den ganzen Nachmittag dauerte“. Der neue Deal mit dem König der Billigmode war perfekt. In weniger als acht Monaten war das neue Baby da, eine Frühgeburt, seit Donnerstag zu haben in 200 U.P.-Filialen bundesweit, außerdem in Frankreich, Tschechien, Benelux und im Internet.

Zur Taufe am Ku’damm darf nur ausgewähltes Publikum. Die Prominenz, sagt der Mann von der PR-Agentur ein bisschen betreten, sei nicht vollzählig erschienen. Visagist René Koch lässt sich auf dem Teppich mit Dagmar Frederic, der Valente des Ostens, feiern. Schauspielerin Barbara Schöne trägt für Harald die falschen Wimpern und GZSZ-Darsteller Jörn Schlönvoigt kennt Glööckler von „Let’s Dance“ und findet, an einer Frau müsse schon was dran sein. „Guter Trash-Faktor“, sagt ein Typ aus einem Fernsehteam. „Das ist doch schon was.“ Die meist fotografierte Frau des Abends sieht aus wie die schwarzhaarige Zwillingsschwester von Cindy aus Marzahn und macht dem Modezar alle Ehre: Krönchen-Spangen im Haar, als Ring eine Spinne mit dickem Glitzerleib, türkiser Haarschmuck, hellblauer Fächer und Shisha-Pfeife-to-go.

Petra Hardenbicker, Konfektionsgröße 46/48, sitzt auf der anderen Seite und trägt was Anständiges von Ulla Popken. Eine von 60 Mitarbeiterinnen der Firma, die per Los ein Ticket für die Berlin-Präsentation ergattert haben, tausende Verkäuferinnen hatten sich beworben. Hardenbickers Mann hat sie chauffiert, vier Stunden von Göttingen, alles für Harald. Sie will ihn einmal in echt sehen. Am Vormittag hatte sie noch die Glööckler-Kollektion für den Verkaufsstart im Laden einsortiert und sich gleich was zugelegt: zwei T-Shirts mit Kranichen drauf und eine Jegging mit Krönchen auf der Popotasche.

Jetzt kommen fünf teils mollige Models bis maximal Größe 46 und zeigen immer wieder fünf Kleider, drei Hosen, fünf Shirts, eine Bluse und vier Jacken für unter 140 Euro bunt durcheinander kombiniert, vieles hauteng, aber eben dehnbar. Vielleicht hat Petra Hardenbicker da schon mal überlegt, wie das an Kundinnen in Größe 60 oder 64 aussieht und ob Goldpailettenstreifen und Glööckler-Kronen überm Bauch da noch was retten können. Die Live-Cam auf dem Bildschirm gegenüber verzeiht schon mal nichts. Da hat das hübsche Model im Mini ganz dicke Stampfer, und man denkt: Fernsehen macht echt fett.

Harald Glööckler, der nachsichtige Freund der Frauen, beklatscht seinen nächsten Kassenerfolg mit eingemeißeltem Lächeln, umgeben von Beschützern: Lebenspartner Dieter Schroth und zwei Bodyguards. Auf den mit Goldsamt bespannten Thron wagt der King of Bling sich dann allein: Siegerpose für die Kamera. Er hat textile Freiheit geschenkt: „Frauen, Müttern, die das Leben stemmen, und vielleicht auch Minister sein müssen.“

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