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Bombenfund in Wilmersdorf: Spezialisten entschärfen 500-Kilo-Blindgänger

Gefahr gebannt: Spezialisten haben am Dienstag in Wilmersdorf eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg entschärft. Der 500-Kilo-Blindgänger war bei Bauarbeiten entdeckt worden. 5000 Anwohner mussten ihre Wohnungen verlassen.

So massive Auswirkungen hat der Fund eines Blindgängers seit vielen Jahren nicht mehr verursacht. 5000 Menschen mussten am späten Dienstagabend, kurz nach 22 Uhr, ihre Wohnungen in Wilmersdorf verlassen, nachdem am Nachmittag um 15.40 Uhr an der Mecklenburgischen Straße ein Baggerfahrer auf die in geringer Tiefe liegende Bombe gestoßen war.

Die gut 500 Kilogramm schwere britische Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg ist am Mittwoch Vormittag im Berliner Volkspark Wilmersdorf ohne Probleme entschärft worden. Der chemische Langzeitzünder wurde laut Polizeiangaben um 08.15 Uhr ohne Zwischenfälle von der Bombe abgesprengt. Zuvor hatte sich Sprengung wegen Problemen mit dem komplizierten Zündmechanismus mehrfach verzögert.

Für die Sprengung waren die Straßen um den Volkspark Berlin-Wilmersdorf sowie Teile der Stadtautobahn gesperrt. Der U- und S-Bahnhof Heidelberger Platz blieb vorübergehend geschlossen.

Kurz nach dem Fund am Dienstag war schnell klar geworden, dass die britische 500-Kilo-Bombe an Ort und Stelle entschärft werden muss – wegen des chemischen Zünders wäre ein Transport unkalkulierbar gefährlich gewesen. Die Sprengstoffexperten des Landeskriminalamtes hatten den Schutzradius um den Fundort auf 500 Meter festgelegt – innerhalb dieses Radius befindet das Sankt Gertrauden-Krankenhaus. Deshalb, und weil die Bombe ungünstig an einer Hauswand lag, entschieden die Feuerwerker, die Bombe 50 Meter weit über die Straße in den Volkspark zu transportieren. „Dort, wo die Bombe liegt, können wir nichts machen“, sagte Entschärfer Detlef Jaab.

Der Volkspark dagegen liegt an dieser Stelle in einer Senke. Zudem wurde eine Grube ausgehoben, in die der Blindgänger gelegt wurde. Darüber sollten Erde und spezielle Dämmmatten gehäuft werden. Dies alles sollte einen großen Teil der Druckwelle abfangen, falls die Entschärfung missglücken würde – was allerdings noch nie passiert ist. Dass Blindgänger aber nach Jahrzehnten gefährlich sind, hatte das Unglück von 1994 gezeigt, als ein Baggerfahrer in der Pettenkoferstraße in Friedrichshain auf einen Blindgänger stieß. Drei Menschen kamen ums Leben.

Erst gegen 21.30 Uhr begannen Polizisten gestern Abend mit der Räumung des festgelegten Sperrkreises. Lautsprecherwagen fuhren durch die Straßen, Polizisten klingelten an allen Türen. Das Verlassen der Wohnung ist Pflicht, sagte ein Polizeisprecher. Notfalls würden die Türen aufgebrochen. 200 Polizisten, 100 Feuerwehrleute und ebenso viele Sanitäter vom DRK waren im Einsatz. Die Entschärfung sollte nicht vor Mitternacht beginnen. Anfangs hatten gar 12 000 Einwohner evakuiert werden sollen; diese Zahl aber reduzierte die Polizei gegen 23 Uhr auf 5000.

Im Gertrauden-Krankenhaus wurden nur die Zimmer zur Paretzer Straße geräumt, die Patienten wurden in hintere Gebäudeteile gebracht. Für Anwohner, die nicht zu Freunden oder Verwandten konnten, wurden in zwei Schulen an der Rudolstädter und der Gasteiner Straße gebracht werden. Zwei Tankstellen mussten vom elektrischen Netz getrennt werden, damit im Fall einer Explosion die Treibstofftanks nicht auch noch in die Luft fliegen.

Zuletzt hatte vor einem Jahr der Fund einer russischen 1000-Kilo-Bombe in Lichterfelde zu ähnlich ausgedehnten Evakuierungen geführt. 4000 Menschen hatten ihre Häuser verlassen müssen. Auch diese Bombe hatte Detlef Jaab entschärft. Nach Schätzungen wurden während des Zweiten Weltkriegs rund 440 000 Sprengbomben auf Berlin geworfen. Darunter waren vermutlich 22 000 Blindgänger.

Dass einer dieser Blindgänger auf seinem Grundstück liegt, war für Grundstückeigentümer Thies Dohrn unvorstellbar gewesen. „Da sind 60 Jahre Leute rübergelaufen“, sagte er am Abend. Zehn Jahre hatte Dohrn selbst im Haus gewohnt, nun hat der Architekt sein Büro im ehemaligen Pferdestall des Ensembles, das einst zum alten Dorf Wilmersdorf gehörte. Auf den 20 Metern zwischen Haus und Pferdestall lag die Bombe. Die beiden denkmalgeschützten Häuser von 1892 an der Mecklenburgischen Straße Ecke Blissestraße seien gerade fertig saniert worden, nun sollte das Grundstück umgestaltet werden. Doch dann fand der Baggerfahrer die Bombe. Jörn Hasselmann

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