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Berlin: Bombenpläne auf dem Büchertisch

Händler wegen Vertriebs der „Interim“ vor Gericht

Eine Razzia im April, eine im Juli, dann im Oktober. Mehrere linke Buchläden sind seit längerem im Visier der Polizei. Es geht um linksradikale Zeitschriften mit strafbaren Inhalten wie Anleitungen zum Bombenbau. Durchsuchungen dürften die Ladeninhaber nicht mehr überraschen. Dass sie vor Gericht stehen, ist neu. Mit Frank C. wehrt sich seit Freitag einer der Buchhändler gegen den Vorwurf der Beihilfe zur Anleitung zu Straftaten und zum Verstoß gegen das Waffengesetz.

Kein Platz im Gerichtssaal blieb leer. Viele Zuhörer klatschten, als Frank C. statt einer Aussage ein „Statement“ abgab. „Der linke Buchhandel soll eingeschüchtert werden“, sagte der 50-Jährige. Man werde sich nicht in die Rolle eines „verlängerten Armes der Zensurbehörde“ zwingen lassen. Bisher seien Buchhändler nach der Rechtsprechung nicht dazu verpflichtet, die ausgelegten Schriften zu kontrollieren, sagte sein Anwalt. Auch sei nicht klar, ob C. als Geschäftsführer des Kreuzberger Ladens die Zeitschrift überhaupt wahrgenommen hatte.

Die Passagen, um die es geht, sind radikal und offensichtlich kriminell. „In der Bastelanleitung findet ihr ein großes Spektrum von Aktionsformen wieder: Von Farbklecksen und Glasbruch über flambierte Autos bis hin zum Umlegen von Strommasten“, heißt es in einer Einleitung. Es folgen Rubriken wie „Der Molli“ oder „Autos anzünden mit und ohne Kohlenanzünder“. Die Zeitschrift „Interim“ Nummer 714 befasst sich mit „mehr Möglichkeiten in der Praxis: Brandsatz mit elektronischem Zeitzünder.“ Es folgen auch Tipps zur Verdeckung der Tat und zum Ausspähen des Tatortes.

Die „Interim“ erscheint seit 23 Jahren, mit bisher rund 720 Ausgaben. Es habe diverse Verfahren wegen strafbarer Inhalte gegeben, sagte ein Beamter vom Staatsschutz. Die Autoren und Herausgeber sind bis heute unbekannt. Regelmäßig werden Auflagen von etwa 1500 Exemplaren gedruckt. Laut Verfassungsschutz ist die „Interim“ eines der wichtigsten überregionalen Kommunikationsmittel der autonomen Szene.

Als eine Art „Bückware“ soll die konspirativ hergestellte Zeitschrift auch im Laden von Geschäftsführer C. gelegen haben. „Der Angeschuldigte wollte mit dem Vertrieb der Druckwerke die Weitergabe der darin enthaltenen Äußerungen an die breite Öffentlichkeit unterstützen“, heißt es in der Anklageschrift. Es seien Exemplare für einen „nicht eingegrenzten Kundenkreis“ griffbereit gewesen. Im Gegenzug hätten Interessenten eine Spende in eine bereitgestellt Dose gesteckt. Der Prozess geht am 8. März weiter. K.G.

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