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Berlin: Bomberjacken auf links

Nazi-Aufmarsch in Lichtenberg: Polizei setzte rigoros Auflagen durch – Anmelder brach Demo ab

Von Frank Jansen

Ungewohnt farbig kamen am Sonnabend manche Neonazis daher. Da Polizeieinsatzleiter Michael Knape rigoros verhinderte, dass die Demonstranten einen martialischen schwarzen Block bilden konnten, mussten beim Aufmarsch in Lichtenberg mehrere Rechtsextremisten ihre dunklen Bomberjacken ausziehen und aufs Futter drehen – und das ist grell orange. Derart eingewiesen, verhielten sich die rund 500 Marschierer aus Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Hamburg lange Zeit halbwegs artig. Und versuchten, originell zu sein. Die linke Parole „Nazis raus“ riefen die Kahl- und Kurzhaarköpfe selbst – mit dem Zusatz „aus dem Knast“.

Anlass für den Aufmarsch war das Urteil des Kammergerichts gegen die Berliner Rockband „Landser“. Am 22. Dezember hatte das Gericht die Gruppe als kriminelle Vereinigung eingestuft und den Sänger Michael R. für drei Jahre und vier Monate ins Gefängnis geschickt. Der Szeneanführer Christian Worch meldete dann in Berlin eine Demonstration an. Worch wollte auch Landser-Lieder abspielen lassen, was die Polizei untersagte. Der Neonazi wandte sich an Verwaltungs- und Oberverwaltungsgericht, scheiterte aber in beiden Instanzen.

Die Justiz beschied Worch, die Rockband propagiere offen Vernichtungsabsichten. Dass der Neonazi angeblich nur Songs spielen lassen wollte, die keine strafbaren Texte enthalten, interessierte die Gerichte wenig – entscheidend sei das „Gesamtgepräge aller Lieder“. Und das ist nach Ansicht von Justiz und Polizei schlicht menschenverachtend. So erging dann von der Polizei die Auflage, die rechtsextremen Demonstranten dürften auch keine Landser-Songs selber singen oder entsprechende Melodien anstimmen. Woran sich die Marschierer hielten.

Etwa 200 Linke protestierten am Rande lautstark gegen den Aufmarsch. Die Polizei nahm sechs Nazi-Gegner fest. Kurz vor dem Ende der braunen Demonstration gab es dann doch noch einen kurzen Krawall, als Neonazis einen auf der Fahrbahn der Frankfurter Allee sitzenden Linken traten. Beamte der Polizeispezialeinheit PMS (Politisch Motivierte Straßengewalt) gingen dazwischen. Ein Neonazi glaubte, er könne sich mit einem PMS-Mann anlegen und wurde von den Beamten blitzartig aus der Demonstration entfernt. Daraufhin brach Worch den Aufmarsch ab. Die Polizei nahm dann noch drei weitere Neonazis fest, der Rest verzog sich murrend zum Bahnhof Lichtenberg.

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