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Reinickendorfer Alliiertenviertel: Bonjour Tristesse: Das Cité Foch

Heruntergekommen und perspektivlos - so präsentiert sich das ehemalige Alliierten-Viertel Cité Foch in Reinickendorf. Auf einen Anschluss an das Nahverkehrsnetz warten Anwohner seit Jahren vergebens. Ein Bebauungsplan sei in Arbeit, verspricht das Stadtplanungsamt.

Die Mauer wird von zwölf Reihen Stacheldraht gekrönt. Gleich dahinter erhebt sich ein vier Meter hoher Maschendrahtzaun. Zwei Jahrzehnte nach dem Mauerfall sieht der einstige Spionage-Horchposten in der Reinickendorfer Cité Foch so aus, als tobte noch der Kalte Krieg. Nur die Überwachungskameras an den über den Zaun ragenden Stahlmasten wurden demontiert. Sonst hätten es die zahlreichen Sprüher wohl kaum gewagt, sich auf der Mauer zu verewigen. „Müller“ hat jemand nebenan an die Metalltür für Fußgänger gekritzelt. Doch hier klingelt schon lange keiner mehr.

Der Horchposten befindet sich im Herzen der ab 1957 für Angehörige der französischen Alliierten errichteten Wohnsiedlung, in der Rue Montesquieu. Die Nachnutzer machten gar nicht erst den Versuch, sich zu tarnen. Dass hier eine Außenstelle des Bundesnachrichtendienstes Quartier bezogen hatte, stand zeitweilig sogar auf einer Hinweistafel. Die Geheimdienstler sind längst abgezogen, doch das Gelände ist weiterhin ein Hochsicherheitstrakt. Dies sei beabsichtigt, erfuhr die Berliner FDP-Abgeordnete Mieke Senftleben auf Nachfrage bei Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). „Zur Verhinderung unrechtmäßigen Zutritts wurde der Stacheldraht auch nach dem Freizug des Gebäudes beibehalten“, schrieb Schäubles Parlamentarischer Staatssekretär Steffen Kampeter.

Reinickendorfs Liberale monieren den desolaten Zustand der Siedlung, die jetzt der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) gehört. Diese hat laut Kampeter den Leerstand der Wohnungen seit 2007 von 33 auf sieben Prozent reduzieren können. Ein Teil der Häuser wurde im Jahr 2000 saniert. Dass die Graffiti regelmäßig mit „hohem Kostenaufwand“ beseitigt werden, wie der Staatssekretär erklärte, bezweifeln Senftleben und BVV-Fraktionschef Andreas Vetter. Auch das an der Avenue Charles de Gaulle gelegene Einkaufszentrum ist verwahrlost und beschmiert. SB-Warenhaus und Fitnesscenter sind ausgezogen, auch der Getränkemarkt steht leer. Bis auf eine Aldi- Filiale ist der riesige Komplex verwaist.

Das Einkaufszentrum gehört einem Investor in der Schweiz, der sich dem Vernehmen nach in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden soll. Auch der Gläubigerbank ist es bisher nicht gelungen, neue Mieter zu finden. Das ist nicht der einzige Grund, warum es in der Cité Foch nicht vorangeht. Der Horchposten kann erst abgerissen, das Gelände als Wohnbaufläche vermarktet werden, wenn für das Areal ein Bebauungsplan besteht, heißt es bei der Bima.

Der lässt seit Jahren auf sich warten. Der Leiter des Reinickendorfer Stadtplanungsamtes, Marius Helmuth-Paland, verweist auf die Besonderheiten. So wurden die Straßen von den Franzosen angelegt und sind nicht öffentlich gewidmet. Dennoch sei man in den letzten Wochen „einen gewaltigen Schritt nach vorn gekommen“. Auch die zum Areal gehörende Romain-Rolland-Schule wurde kürzlich vom Land Berlin erworben. Für das Collège Voltaire laufen die Verhandlungen mit dem Bund. Voraussetzung für eine Vermarktung der Bauflächen sei aber die noch offene Klärung der Erschließung. Die endet rechtlich bisher am Beginn der Siedlung, so dass bisher nicht einmal ein BVG-Bus durch die Cité Foch fahren kann. In der ersten Hälfte des kommenden Jahres soll der Bebauungsplan im Rahmen der Bürgerbeteiligung öffentlich ausgelegt werden.

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