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Berlin: Boomtown Ahrensfelde

Mehr Leben im Speckgürtel: Bertelsmann-Studie zeigt, dass Berlin und sein Umland attraktiver werden

Die Leute von Schützenverein und Hundeschule, von „Josty’s Dienstleistungsservice“ und der „Detektei Mike Heimlich“ werden sich freuen: Die zuletzt 12 000 Einwohner zählende Gemeinde Ahrensfelde im Speckgürtel nordöstlich von Berlin gehört zu den Gewinnern der aktuellen Demografie-Studie der Bertelsmann Stiftung. Demnach zieht es die Deutschen wieder zurück in Metropolen und deren Umgebung. Von der Entwicklung profitieren auch Potsdam und Berlin, heißt es. Zwar überaltere Berlin mangels Geburten auch in Zukunft, ziehe aber weiter junge Leute an, die hier leben und arbeiten wollen. Das ist eine Erkenntnis der Studie.

Für ihre Analyse haben die Statistiker unter anderem Daten von Arbeitsagenturen und statistischen Landesämtern zusammengetragen und verglichen. Die Studie umfasst Erkenntnisse zu 3000 Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern – dort leben mehr als 85 Prozent aller Deutschen. Auf der Grundlage der bislang einzigartigen Datenbasis können Forscher Kommunen erstmals direkt vergleichen und Prognosen zur Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung bis 2020 abgeben, heißt es.

Demnach profitieren die Metropolenregionen um Berlin, Hamburg, Frankfurt am Main, München und Stuttgart von Abwanderung aus anderen Gegenden wie etwa dem Ruhrgebiet. In Berlin wird der Rückgang der Bevölkerung durch Wegzug und Tod immerhin gebremst: Ging die Zahl der Berliner von 1996 bis 2003 um zwei Prozent zurück, so sind es von 2003 bis 2020 noch minus 0,5 Prozent. Der Bildungswanderungs-Indikator steht etwa für Zuzug von Studenten und Lehrlingen – je höher diese Zahl, desto besser. Bei Berlin zeugt der Bildungswert 47,1 von hoher Attraktivität, auch wenn Hamburg hier gar mit der Ziffer 71 auftrumpft. Beim Ausländeranteil, der der Studie zufolge „Rückschlüsse auf Integrationsbedürfnisse zulässt“, liegen die Städte an Spree und an Elbe beinahe gleich auf (Berlin 13,2, Hamburg 14,6). Familien werden Berlin jedoch weiter den Rücken kehren, davon zeugt der Indikator Familienwanderung: Ist er positiv, deutet das auf hohe Attraktivität hin. Bei Berlin liegt der Wert jedoch bei minus 6,7 (Hamburg: minus 1,9).

Weil in der Stadt von Jahr zu Jahr weniger Kinder geboren werden, wird der Durchschnitts-Hauptstädter älter. Im Jahr 2003 lag das Durchschnittsalter der Berliner bei 41,7 Jahren. 2020 soll das bei 45,3 Jahren liegen. Zum Vergleich: Der Ausgangswert für Hamburg ist heute derselbe, jedoch bleiben die Hansestädter durchschnittlich ein Jahr jünger – Herausforderungen also für Berlins Sozialpolitiker und das Gesundheitswesen. Dennoch kann sich Berlin im Osten Deutschlands gut behaupten. Zu den Verlierern auf dem einstigen Gebiet der DDR zählen Chemnitz, Halle, Magdeburg, Gera und Cottbus. Viele Gemeinden stehen ihrer Zukunft ratlos gegenüber und haben keine Konzepte, um auf das starke Altern der Einwohner und deren Abwanderung zu reagieren, so eine Erkenntnis der Forscher. Aufwärts geht es in den nächsten 14 Jahren für Jena, Leipzig, Erfurt und Dresden, prognostizieren die Forscher.

Auch Potsdam und kleineren Gemeinden an Berlins Stadtrand nimmt die Studie die Zukunftsangst. In Brandenburgs Landeshauptstadt werden im Jahr 2020 – anders als etwa in Berlin – mehr junge Leute unter 18 Jahren leben, der Bevölkerungsindex steigt um elf Prozent. In der kleinen Gemeinde Ahrensfelde halten immer öfter Möbelwagen: Die Bevölkerungszahl stieg in den Jahren 1996 bis 2003 um 81 Prozent, bis 2020 sollen es noch einmal 60 Prozent mehr Menschen werden. Die Zahl der Arbeitsplätze nahm von 1996 bis 2003 um 6,4 Prozent zu – während in ganz Brandenburg im gleichen Zeitraum 13,5 Prozent aller Arbeitsplätze verloren gingen.

Die Bertelsmann-Studie im Internet:

www.aktion2050.de/wegweiser

Annette Kögel

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