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Berlin: Boykott der neuen Kita-Gebühren geplant

Landeselternausschuss will Beitragserhöhung nicht hinnehmen. Vor dem Parteitag versucht die SPD, die unzufriedenen Genossen zu beruhigen

In Berlin droht ein Boykott der neuen Kita-Gebühren. Der Landeselternausschuss votierte gestern abend einstimmig für diese Form des Protestes. Außerdem will er gegen die Gebührenerhöhung klagen, sobald Anfang 2004 die ersten neuen Kostenbescheide verschickt werden.

Unterdessen versucht Jugendsenator Klaus Böger (SPD), die Genossen auf Linie zu bringen, damit sie dem Senat auf dem kommenden Parteitag keinen Strich durch die Kita-Rechnung machen. In einem achtseitigen Papier erklärt Böger seinen Parteifreunden, warum die Beitragserhöhung gerechtfertigt ist. Den hohen Berliner Kitabeiträgen stehe immerhin eine sehr gute Ausstattung an Kita-Plätzen gegenüber. Ob die Genossen sich für dieses Argument offen zeigen werden, bleibt abzuwarten. Fest steht, dass viele Kita-Eltern mit ihrer Geduld am Ende sind. „Ich gehe davon aus, dass es in den Gremien eine Mehrheit für den Boykott geben wird“, erwartet der Spandauer Elternvertreter Michael Fleischhauer. Er hat aus Gesprächen in seinem Bezirk den Eindruck gewonnen, dass die Basis den Boykott umsetzen wird. Zwar rechnet Fleischhauer nicht damit, dass das Ziel – die Rücknahme der Kita-Gebührenerhöhung – erreicht wird. Aber er möchte, dass „die Damen und Herren im Abgeordnetenhaus merken, dass sie nicht alles mit uns machen können“. In Spandau soll es am heutigen Mittwochabend eine Sondersitzung des Bezirkselternausschusses geben, um das Vorgehen abzustimmen.

Wie der Boykott juristisch abzusichern ist, steht noch nicht fest. Vorsichtige Eltern halten es für besser, lediglich einen Monatsbeitrag einzubehalten, um nicht das Risiko einer Kündigung des Kitaplatzes einzugehen. Dem will auch der Landeselternausschuss entgegenkommen. Er rät den Eltern, lediglich einen Monatsbeitrag gekürzt zu überweisen: Eltern mit einem Einkommen bis 22 500 Euro sollen nur das Essensgeld überweisen. Alle übrigen sollen lediglich die Differenz zwischen altem und neuem Beitrag zahlen, berichtete gestern Michael Fleischhauer.

Eine Elternvertreterin, die auch schon 1998 den Kitagebühren-Boykott mitgemacht hatte, ist Heike Grolms-Köglowitz, Elternvertreterin aus Tempelhof-Schöneberg. Damals zogen rund 12000 Eltern mit und überwiesen einen Teil ihrer Beiträge auf eine Sperrkonto. Sie konnten die Qualitätsverschlechterung in den Kitas aber nicht verhindern. Diesmal sei die Empörung größer als 1998, meint Heike Grolms-Köglowitz, weil zu der Erhöhung der Kitabeiträge die ungewisse Personalsituation komme: Noch ist unklar, ob die Bezirke die jüngste Arbeitszeitverkürzung der Erzieher völlig durch Neueinstellungen ausgleichen können.

Der Elternausschuss-Vorsitzende Hinkelmann sagte gestern, er sei optimistisch, dass dieses Mal wesentlich mehr Eltern mobilisiert werden könnten als 1998. Er habe auch schon eine Idee, wie das gehen solle, wollte gestern aber „noch nichts verraten“. Fest steht, dass die Organisation parallel zum Boykott eine Musterklage gegen die Kita-Erhöhung anstrengen will. Dies ist aber erst dann möglich, wenn die ersten neuen Beitragsbescheide zugestellt sind.

Noch ist unklar, wohin das Geld überwiesen werden soll, das die Eltern einbehalten. Der Landeselternausschuss will ein Sperrkonto einrichten, rät aber den Eltern, das Geld vorerst auf dem eigenen Konto zu belassen, da dies organisatorisch leichter zu handhaben ist. Da die Bezirke längere Zeit benötigen werden, um die neuen Gebühren zu ermitteln, ist mit dem Boykott frühestens im Februar 2004 zu rechnen.

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