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Sanierungsopfer: Helga Brandenburger in ihrer Wohnung in der Calvinstraße 21. Bad- und Küchenfenster sind durch den Neubau von nebenan zugemauert.

© Doris Spiekermann-Klaas

Modernisierungsstreit in der Calvinstraße: Brandgefährliche Platten im Treppenhaus

In der Calvinstraße 21 hört der Bauärger nicht auf. Die Mieter sind genervt und kämpfen weiter.

Vermauerte Fensteröffnungen, ein ausgebauter Fahrstuhl, verschmutzte Wände im Treppenhaus, ständiger Lärm – die Mieter der Calvinstraße 21 in Moabit müssen einiges aushalten. Ihr Haus wird modernisiert, und sie sollen aus ihren Wohnungen derweil ausziehen. Doch dagegen wehrten sich Mieter, zogen vor Gericht und wurden durch ihren Widerstand stadtweit bekannt. Dort haben sie jetzt einen weiteren Sieg errungen: Der im Mai vorigen Jahres entfernte Aufzug soll bis zum 31. März wieder eingebaut werden. Der Eigentümer des Hauses, die Terrial Stadtentwicklung GmbH, war in den Verfahren, die die Mieter der Calvinstraße bisher alle vor dem Amtsgericht gewonnen hatten, in Berufung gegangen. Die Mieter kämpfen weiter.

„Wir lassen uns nicht vergraulen“, sagt die 63-jährige Bewohnerin Helga Brandenburger, die im vergangenen Jahr plötzlich eine Mauer vor ihrem Küchen- und Badezimmerfenster vorfand. „Dass ein neuer Aufzug eingebaut werden soll, sagt die Terrial schon seit geraumer Zeit. Die Richterin hat nun den 31. März als endgültiges Datum genannt“, sagt Rechtsanwalt Christoph Müller, der zwei der Mieter vertritt.

Die Bewohner glauben allerdings nicht mehr an den Einbau des Aufzugs, der für einige ältere Menschen notwendig wäre. Sie beschäftigt mittlerweile anderes: „Uns geht es um mangelnde Sicherheits- und Brandschutzmaßnahmen im Treppenhaus“, sagt Mieter Roman Czapara. Nachdem er im letzten Monat auf den losen Spanplatten im Treppenhaus ausgerutscht war und sich verletzte, wandte er sich an die Bau- und Wohnungsaufsicht. „Wir fragen uns außerdem, was wir im Falle eines Brandes im Treppenhaus machen sollen“, sagt Czapara. „Wenn die Spanplatten Feuer fangen, brennt es hier lichterloh, und wir haben keine Rauchmelder.“ Anfang Dezember schrieb er ans Bau- und Wohnungsaufsichtsamt – bis heute hat er keine Antwort bekommen. Die Bewohner kritisieren die fehlende Unterstützung durch das Bezirksamtes Mitte. Auf Nachfrage des Tagesspiegels gab es die Bestätigung, dass der Beschwerdebrief eingegangen ist, die Frage, warum die Mieter keine Reaktion erhielten, blieb unbeantwortet.

Die Hausbewohner sind auch beunruhigt über die unterschiedlichen Baupläne, die dem Bauamt und den Gerichten vorliegen. „Aus den Plänen im Bauamt geht hervor, dass aus den Wohnungen große Lofts werden sollen“, sagt Müller. „Die Pläne, die dem Amts- und auch dem Landgericht vorliegen, zeigen diese Baumaßnahmen aber nicht, die Grundrisse sind völlig andere.“ Bei Eva Bugenhagen, die bereits seit 1961 in ihrer Wohnung lebt, wird das Schlafzimmer zum Bad umgebaut, die jetzige Abstellkammer der 69-Jährigen soll einem verbreiterten Fahrstuhlschacht zum Opfer fallen. Doch Bugenhagen bleibt stark: „Ausziehen werde ich nicht.“

Noch sind aber alle Gerichtsprozesse nicht ausgestanden. Die nächsten Verhandlungen stehen im Frühjahr an. Allerdings befürchtet Rechtsanwalt Müller, dass die Interessen seiner Mandanten dann deutlich geringer bewertet werden – ab 1. April könnte ein neues Mietrecht in Kraft treten, das in manchen Bereichen die Rechte der Vermieter stärkt.

Die Terrial war trotz mehrmaliger Nachfrage nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

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