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Durchgangslager. Bis vor kurzem wohnten die Bulgaren in der ehemaligen Eisfabrik in Mitte. Seit Ende Dezember hat der Eigentümer das Gebäude gesperrt.

© dpa

Bulgaren und Rumänen in Berlin: Ex-Bewohner der Eisfabrik ziehen ins nächste Hostel

Seit dem 1. Januar dürfen Bulgaren und Rumänen in Deutschland arbeiten. Den 23 ehemaligen Bewohnern der Eisfabrik nutzt das erstmal wenig.

Zum zweiten Mal in den letzten zwei Wochen mussten sie umziehen. Von der Eisfabrik in ein Hostel und nun ins nächste Hostel. Wo die neue Unterkunft der 23 Bulgaren liegt, will der Bezirk nicht öffentlich machen. „Der Hostelbetreiber möchte nicht in den politischen Brennpunkt geraten“, sagte der Sozialstadtrat von Mitte, Stephan von Dassel. Bis zum Donnerstag sei das Hostel gebucht und bezahlt. Bis dahin wünscht sich von Dassel vor allem eins: Ruhe.

Zuvor wohnten die Bulgaren im A&O-Hostel in Friedrichshain. Dort checkten sie am Montag um zehn Uhr aus. Von seiten des Hostels werde das nicht weiter kommentiert, sagte eine Mitarbeiterin. Das Hostel fürchtet, der Vorgang könnte einen Imageschaden zur Folge haben.

Was mit den 20 Männern und drei Frauen weiter passiert, soll sich am Mittwoch bei einem Gespräch der Betroffenen mit Bezirksbürgermeister Christian Hanke klären. Die Bulgaren hofften nicht nur auf eine menschenwürdige Unterkunft, sondern vor allem auf einen Arbeitsplatz, sagte Sven Sommer, ein Unterstützer der Gruppe vom Bündnis gegen Zwangsräumung. Einige der Bulgaren hätten ihren Lebensunterhalt bereits zuvor als selbständige Handwerker verdient und in Berlin auf verschiedenen Baustellen gearbeitet.

Eine Rückkehr in die Eisfabrik wird es nicht geben. Der vom Eigentümer organisierte Wachschutz ist seit dem 27. Dezember rund um die Uhr an der Fabrikruine direkt an der Spree präsent. Einige Bulgaren hätten in den letzten Tagen versucht, ihre Habseligkeiten aus dem Gebäude zu holen, berichtete eine Angestellte des Sicherheitsdienstes am Montag. Dies habe man aber nicht gestattet. Demnächst solle es einen Termin geben, an dem die früheren Bewohner ihren Besitz abholen können, sagte die Frau weiter, dabei solle auch die Polizei dabei sein. Seit Jahresanfang haben Bulgaren und Rumänen die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU. Bundesweit rechnet die Bundesagentur für Arbeit mit 100 000 bis 180 000 Zuwanderern aus Osteuropa.

Wie viele rumänische und bulgarische EU-Bürger in Berlin erwartet werden, ist nicht bekannt. „Wir haben seit dem 1. Januar keine Veränderung erlebt“, sagt Bosiljka Schedlich, Geschäftsführerin des Vereins Südost-Zentrum, in dem seit 1992 Migranten aus Südeuropa betreut und beraten werden. „Wer aus Armutsgründen nach Deutschland kommt, ist schon längst hier“, sagt Schedlich. Viele von ihnen seien Roma aus Rumänien, die zuvor in Spanien auf Arbeitssuche waren. „Sie erhalten keine Sozialhilfe, wenn sie hier sind“, sagt Schedlich. Finden Migranten aber keine Arbeit, sind sie sozial ausgegrenzt. Mitarbeiter des Südost-Zentrums sprechen Betroffene direkt an und bieten Hilfe wie zum Beispiel berufsorientierende Projekte an. Unter den 23 Bulgaren, die bis Donnerstag in einem Hostel untergebracht sind, gibt es nach Wissen des Vereins einige, die in ihrem Heimatland eine Lehre begonnen beziehungsweise abgeschlossen haben.

Nach Angaben der Regionaldirektion für Arbeit lebten 2013 rund 18 500 Bulgaren und knapp 10 000 Rumänen in Berlin. Insgesamt 4400 von ihnen bezogen Leistungen nach Hartz IV. Anspruch darauf hatten sie nach Angaben der Arbeitsagentur aber nur, wenn sie beispielsweise mit einer Arbeitserlaubnis beschäftigt waren oder selbstständig arbeiteten und das Einkommen zum Lebensunterhalt nicht ausreichte. Dabei hätten die Jobcenter überprüft, ob eine selbstständige Tätigkeit wirklich ausgeübt wurde und nicht nur ein Gewerbe angemeldet worden war. Der Gewerbeschein allein sei nicht ausreichend gewesen. sib/sik/Ha/eri

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