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Egal ob Flashmob oder Streik, für die Kunden wird der Einkauf zur Geduldsprobe.

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Arbeitskampf im Einzelhandel: Bundesverfassungsgericht erlaubt Flashmobs

Vor sechs Jahren sorgte ein Flashmob in einem Supermarkt für Aufregung. Verdi hatte ihn angezettelt. Nachdem der Handelsverband gegen Flashmobs als Mittel im Arbeitskampf geklagt hatte, fällte das Bundesverfassungsgericht nun ein Urteil.

Das legte fast den Laden lahm: Auf einmal waren rund 40 Menschen im Supermarkt. Sie bezahlten Kleinigkeiten an der Kasse mit Centbeträgen, luden Einkaufswagen voll und ließen diese einfach im Laden stehen. Zu der knapp einstündigen Aktion hatte die Gewerkschaft Verdi im Dezember 2007 im Rahmen der Tarifauseinandersetzung im Einzelhandel aufgerufen. Verschiedene Geschäfte waren betroffen, unter anderem ein Supermarkt im Ostbahnhof.

Handelsverband wollte Flashmobs verbieten lassen

Der Handelsverband klagte dagegen und wollte ein Verbot solcher gewerkschaftlicher Arbeitskampfmaßnahmen erreichen. Jetzt, nach sechseinhalb Jahren, sind alle Instanzen durchlaufen, und das Bundesverfassungsgericht hat solche „Flashmob-Aktionen“ für rechtmäßig erklärt. Die Verfassung begrenze einen Arbeitskampf nicht grundsätzlich auf traditionelle Mittel wie Streik und Aussperrung, hieß es in der am Mittwoch veröffentlichten Entscheidung der Karlsruher Richter. Die Grundrechte des Arbeitgebers seien durch „Flashmobs“ nicht verletzt. „Sie können sich nicht vorstellen, wie glücklich wir über das Urteil sind“, sagt Erika Ritter, die bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi für den Einzelhandel zuständig ist. „Das ist ein voller Erfolg. Jetzt können wir rechtmäßig unser Repertoire an Arbeitskampfmaßnahmen erweitern.“ Ritter und Verdi hatten die Aktion damals organisiert.

Verdi siegte bis zum Bundesarbeitsgericht

Sie hatten Interessierte aufgerufen, ihre Handy-Nummer anzugeben, um sich beteiligen zu können. Die Gewerkschaftsmitglieder sollten gemeinsam „in einer bestreikten Filiale, in der Streikbrecher arbeiten, gezielt einkaufen gehen“. Ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, in die Einkaufswagen keine Frischware zu packen. Damals waren der Gewerkschaft über eine einstweilige Verfügung zunächst weitere derartige Aktionen untersagt worden. In der Hauptsache siegte Verdi dann laut Ritter durch alle Instanzen bis zum Bundesarbeitsgericht. Der Handelsverband Berlin-Brandenburg rief daraufhin das Bundesverfassungsgericht an. Aber dieses bestätigte das Urteil der Bundesarbeitsgerichts.

Vorerst kein Anlass für weitere Flashmobs

Das hatte 2009 Flashmob als Mittel des Arbeitskampfes grundsätzlich erlaubt – mit der Einschränkung, dass solche Blitzaktionen als Teil eines gewerkschaftlichen Arbeitskampfes erkennbar sein müssten. Der Handelsverband Deutschland (HDE) reagierte auf das Urteil enttäuscht. Durch die Rechtsprechung der Gerichte zum Arbeitskampf seien Arbeitgeber gewerkschaftlichen Aktionen zunehmend hilflos ausgeliefert, hieß es. Sollten sich aktuell an einer Kasse die Menschen mit kleinen Einkäufen drängeln und umständlich in ihren Portemonnaies nesteln, dürfte das allerdings nicht an einem Flashmob der Gewerkschaft liegen. Denn die letzte Tarifauseinandersetzung im Einzelhandel wurde erst im Januar dieses Jahres beigelegt. Der ausgehandelte Tarifvertrag läuft bis Mitte 2015, und solange herrscht Friedenspflicht.

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