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U-Bahnlinie 5: BVG zeigt neue Entwürfe für die Station am Roten Rathaus

Die neuen Pläne für den U-Bahnhof am Roten Rathaus liegen vor. Die archäologischen Funde könnten demnach zu einer Attraktion des Bahnhofs werden.

Die Archäologen, die in Mitte die Spuren der historischen Stadt freilegen, stehen unter Zeitdruck. Bereits im März nächsten Jahres beginnt die heiße Phase für den Bau der U-Bahnlinie 5, die den Alexanderplatz mit dem Hauptbahnhof verbinden wird. Die Linie führt mitten durch die mittelalterliche Stadt. Und schon einmal hat das die Pläne der BVG auf den Kopf gestellt. Denn die spektakulären Funde am Roten Rathaus – mittelalterliche gotische Gewölbe und Säulen des Alten Rathauses – sollen nach dem Willen des Senats nicht weggebaggert werden. Die BVG hat deshalb neue Pläne für den U-Bahnhof Berliner Rathaus, und verändert die Reihenfolge der Bauarbeiten, damit der Zeitplan eingehalten wird.

„Wir errichten im März 2012 den Startschacht für die Tunnelbohrmaschine und beginnen mit dem Bau der Bahnhöfe Unter den Linden und Museumsinsel“, sagt BVG-Projektleiter Jörg Seegers. Ursprünglich stand der Bahnhofsbau am Rathaus ganz oben auf dem Zeitplan. Vom Startschuss der Arbeiten an gerechnet werde die Bauzeit des 433 Millionen Euro teuren Verkehrsprojektes sieben Jahre betragen – falls die Archäologen nicht auf weitere Überraschungen stoßen. Das ist an der künftigen Haltestelle „Museumsinsel“ nicht auszuschließen. Die BVG hat den Archäologen deshalb angeboten, dort sofort mit ihrer Schatzsuche zu beginnen.

Die überarbeiten Pläne für den Bahnhof am Rathaus sehen vor, dass zwei von vier Bauteilen des gotischen Rathauses komplett und das dritte zu drei Vierteln erhalten bleiben. Nur das vierte Gebäudeschiff soll abgerissen werden. Dieses sei bereits durch einen früheren Kanalbau stark zerstört, sagt die BVG. Das „Bürgerforum“, ein Bündnis von geschichtsinteressierten Berlinern, kritisiert dagegen die Entscheidung und fordert eine Vertagung der Entscheidung, „bevor nicht der gesamte Rathauskomplex ergraben und über den Sommer öffentlich zugänglich gemacht wurde“. Die Berliner hätten ein Recht darauf, sich ausführlich mit den Resten von Tuchhalle (der Haupthalle des Alten Rathauses) sowie mit der nahe gelegenen Gerichtslaube und dem Uhrenturm zu befassen, bevor das 800 Jahre alte bauliche Erbe beseitigt werde.

Für BVG-Planer Seegers ist dagegen schon die bereits erfolgte Überarbeitung der Pläne „dramatisch“ genug. Forderungen des Bürgerforums, die Gemäuer komplett zu erhalten, nennt er problematisch. Dazu müssten bereits bestehende Tunnelröhren bis zum Bahnhof Alexanderplatz abgerissen werden – und anschließend neue in einem größeren Abstand zum Roten Rathaus gebaut werden. Dies würde den Zeit- und Kostenrahmen sprengen. Bereits die neuen Bahnhofspläne schlagen nach Seegers Angaben mit 500 000 Euro zu Buche. Sie sehen vor, den Zugang im Südwesten, der mitten in den Gemäuern des historischen Rathauses entstanden wäre, zu verlegen.

Der Historie geopfert wurden auch die Ideen von Architekt Oliver Collignon: einen unterirdischen Bahnhof mit Tageslicht zu schaffen. Ursprünglich sollten die Fahrgäste vom Bahnhof aus in den Himmel blicken und von der Straße aus die Züge im Untergrund beobachten können. „Wir haben jetzt Pilzstützen vorgesehen, die einen Bezug zu den Kreuzgewölben des gotischen Rathauses herstellen“, sagt Collignon. Blickbeziehungen bleiben bestehen, zum Beispiel von der Zwischenebene durch eine große Glasfront auf den Bahnsteig hinunter. Das Fenster zum Gleis ist schräg gestellt, ebenso wie die aus dunklem Material geformten Schächte, die zu den Bahngleisen führen. Eine expressive Formensprache habe man gewählt, so Collignon. Sie solle die „Dynamik des Zugverkehrs“ widerspiegeln. Die im Vergleich zum ersten Entwurf eher engen Räume erinnern manchen aber auch an 60er-Jahre-Bahnhöfe.

Und wie werden die historischen Funde integriert? Beschlossen ist zwar noch nichts, möglich wäre aber ein archäologisches Fenster. Laut Projektleiter Seegers müssten dazu Panzerglasscheiben in Wandausschnitte eingelassen werden – und die Gemäuer wären somit sichtbar, bevor man zu den Zügen hinabsteigt. Einen direkten Zugang ins historische Rathaus werde es dagegen nicht geben, weil dies bautechnisch nicht erlaubt sei. Damit Geschichte auch (an-)fassbar wird, ist die Einrichtung eines Zugangs zu den alten Gewölben vom Roten Rathaus aus im Gespräch.

Auf alte Mauern könnten die Archäologen auch am künftigen Bahnhof Museumsinsel stoßen. Ganz in der Nähe stand der Münzturm. Darin war zunächst die Wasserhebeanlage untergebracht, die die Springbrunnenanlage im Lustgarten des Schlosses versorgte. Ende des 17. Jahrhunderts diente er dann als Prägeraum für die kurfürstliche Münze. BVG-Projektleiter Seegers sagt allerdings, dass der Münzturm weiter östlich auf dem Areal für die Rekonstruktion des Schlosses gestanden habe. Vermutlich werden die Grundmauern eher während der Schlossbauarbeiten gefunden. Die werden in zwei Jahren beginnen – und auch dort ist noch mit so mancher Überraschung aus dem Boden zu rechnen.

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