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Sind sie die Übeltäter? Erdbeeren sollen für die Magen-Darm-Erkrankungen verantwortlich sein.

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Update

Magen-Darm-Epidemie: Caterer Sodexo will Erkrankte entschädigen

Der Caterer Sodexo bestätigt, dass der Erreger mit den Magen-Darm-Keimen höchstwahrscheinlich über eine Charge tiefgefrorener Erdbeeren in das Schulessen gelangt ist. Die Firma entschuldigt sich und will Erkrankte entschädigen.

Am späten Freitagabend bestätigte der Caterer Sodexo, dass der Erreger höchstwahrscheinlich über eine Charge tiefgefrorener Erdbeeren eines Zulieferers verbreitet worden sei. Das Unternehmen entschuldigte sich für den Vorfall und kündigte an, Betroffene entschädigen zu wollen. Auch würden intern die notwendigen Konsequenzen gezogen.

Die Behörden wollten sich noch nicht auf die Erdbeeren als Übeltäter festlegen „Wir sind bei den Ermittlungen einen großen Schritt vorangekommen“, sagte Holger Eichele, Sprecher des Bundesministeriums für Ernährung, der Nachrichtenagentur dpa. Ein Labor- Nachweis stehe allerdings noch aus. „Er ist sehr schwierig zu erbringen.“ Auch am Wochenende werde mit Hochdruck weiter in den Labors gearbeitet.

Nach den bisherigen Erkenntnissen sind die Erdbeeren nicht an Privathaushalte ausgeliefert worden, wie die Berliner Senatsverwaltung für Verbraucherschutz auf Anfrage mitteilte.

Fachleute vermuten, dass es zu den Infektionen kam, weil das Tiefkühlobst nicht in allen Kantinen vollständig erhitzt wurde. Deshalb seien nicht alle Keime abgetötet worden. Unklar blieb am Freitag auch, ob der Caterer oder die Küchenkräfte vor Ort dazu verpflichtet sind, solche Tiefkühlgerichte zu erhitzen. Wie berichtet, werden für die Erkrankungen Noroviren verantwortlich gemacht, die als besonders kältebeständig gelten.

In Ostdeutschland sind nach den jüngsten Zahlen des Robert-Koch-Instituts bisher rund 11.200 Menschen an Brechdurchfall erkrankt. Nur aus Sachsen, wo noch keine Herbstferien sind, werden noch Neuerkrankungen gemeldet. In Berlin wurden 2782 Erkrankte erfasst, von den laut Gesundheitsbehörde nur fünf im Krankenhaus behandelt werden mussten.

Wie berichtet, darf die Firma Sodexo ab Montag wieder Essen liefern. Die lebensmittelrechtlichen Kontrollen hätten keinen Verdacht ergeben, teilte die Senatsverwaltung für Verbraucherschutz mit. Allerdings seien die Lebensmittelaufsichtsämter gebeten worden, in den nächsten Tagen verstärkt zu kontrollieren. Für die zu Ende gehende Woche war von der Bildungsverwaltung des Senats empfohlen worden, die Essenslieferungen von Sodexo an Kitas und Horte zu stoppen. Dafür gebe es nun keine Veranlassung mehr, sagte der Sprecher der Verwaltung, Ilja Koschembar.

Verursacher der Epidemie ist schwer zu finden

In Labors werden die Lebensmittel aus dem Schulessen auf Keime untersucht.

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In Berlin werden 120 Schulen von Sodexo beliefert, rund 70 davon sowie etwa 30 Kitas waren von der Epidemie betroffen. Sie mussten sich in den vergangenen Tagen kurzfristig Ersatz suchen – wobei das nur auf Schulen zutraf, die Ferienbetreuung anbieten. Eltern müssten auch keine Bedenken haben, wenn Sodexo ab Montag wieder liefert, sagt die Bildungsstadträtin von Reinickendorf, Katrin Schultze-Berndt (CDU): „Es wird engmaschig kontrolliert.“

Pankows Bildungsstadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD) hat die Mitarbeiter ihres Schulamtes gebeten, Erziehern und Eltern die Situation zu erklären. „Natürlich kann es sein, dass Eltern noch besorgt sind, aber wir haben Verträge mit Sodexo, die wir nicht einfach kündigen können“, sagt sie. Außerdem habe sich Sodexo sehr kooperativ gezeigt, loben die Berliner Behörden. So habe das Unternehmen nicht auf Lieferung beziehungsweise Bezahlung des Essens in der vergangenen Woche bestanden. Sodexo wollte sich aber am Freitag noch nicht zu dem wirtschaftlichen und immateriellen Schaden für das Unternehmen äußern.

In Berlin wurden fast alle Schulen und Kitas, in denen die Krankheit ausbrach, von Sodexo beliefert, heißt es aus Behördenkreisen. Bei den Ausbrüchen in anderen Einrichtungen handele es sich wahrscheinlich um sogenannte Sekundärinfektionen, die nicht direkt vom Essen, sondern von Personen ausgingen, die sich zuvor bei anderen angesteckt hatten.

Dass der Verursacher so schwer zu finden ist, liegt daran, dass gerade Epidemien, die sich über Lebensmittel verbreiten, sehr schwer nachzuverfolgen sind. Die Vorstellung, im Labor müsse doch eine Maschine stehen, in die man das Schulessen einfüllt und wenig später den möglichen Erreger ausgespuckt bekommt, sei laienhaft und falsch, sagen Experten. Zwar konnten die zuständigen Lebensmittel- und Gesundheitsbehörden, die von einer „Task Force“ koordiniert werden, die Liste der möglichen Keime auf die wahrscheinlichsten Kandidaten begrenzen: Noroviren und giftstoffbildende Bakterien wie zum Beispiel Staphylococcus aureus, Bacillus cereus und Clostridium perfringens. Doch jede Lebensmittelprobe aus den betroffenen Küchen muss einzeln auf jeden der Keime (und zusätzliche ihre Gifte) getestet werden.

Der Nachweis der Gifte ist nur in speziell ausgerüsteten Labors möglich. Und der Nachweis der Bakterien ist kompliziert, weil jede Probe dafür extra aufbereitet werden muss, um eine Kultur in der Petrischale zu ziehen – und das allein kann Tage dauern. Auch die Noroviren in Stuhlproben der Patienten zu finden, ist aufwändig und teuer, denn dafür müssen die Experten nach dem Virenerbgut suchen und es vervielfältigen.

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