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Berlins Senator für Inneres und Sport, Frank Henkel.

© dpa

CDU in Berlin: Frank Henkel und die anderen bleiben blass

Berlin verändert sich. Nur findet dieser Prozess anscheinend ohne die CDU statt. Dafür ist auch Landeschef und Innensenator Frank Henkel verantwortlich. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Nowakowski

Winterdepression – das ist das Wort, das gerade zu Berlins CDU passt. Ein halbes Jahr vor der Wahl wollen nur noch 20 Prozent diese Partei wählen. Auch die Senatoren stehen hinten in der Wählergunst. Die CDU sieht immer blasser aus. Dabei war das Feld für eine gestaltende Stadtpolitik nie offener als heute: Berlin prosperiert, es ist verändert und kann sich weiter verändern. Nur findet dieser Prozess scheinbar ohne Christdemokraten statt.

Vor fünf Jahren, als die CDU die Koalition mit der SPD einging, ging es für viele um nichts weniger als das Projekt einer bürgerlichen Moderne. Der aktuelle Zustand der CDU: nicht attraktiv genug für zuziehende Familien, zu wenig innovativ für die wachsende Wirtschaft, zu langweilig für Kulturschaffende, zu traditionell für die Start-up-Generation. In der Summe: überall enttäuschte Erwartungen. Die CDU hat die Zeit nicht genutzt.

Dafür ist auch Landeschef und Innensenator Frank Henkel verantwortlich. Solide arbeiten, ohne Skandale, das hat seinen Wert – ist aber erkennbar nicht genug in dieser Stadt im rasanten Wandel. Hier gilt es, selbst initiativ zu werden. Die Anforderung an Regierungshandeln ist mehr denn je, treibende Kraft in einer Zeit des Umbruchs zu sein; den Umbruch nicht zu erleiden, sondern zu gestalten, um den Berlinern die Idee von einer Stadt der sozialen Teilhabe und der Chancenvielfalt zu vermitteln.

Aber Henkel ist keiner, der wie einst Eberhard Diepgen mit der klaren Vorstellung von einer liberalen Großstadtpartei der SPD gefährlich werden kann. Selbst auf seinem ureigenen Feld, dem der inneren Sicherheit, bleibt manches hinter den Erwartungen der CDU-Wähler zurück.

Was fehlt Henkel?

Fehlt der Wille? Henkel hat durchaus Konflikte ausgetragen mit der SPD- Spitze, mit Klaus Wowereit, mit Michael Müller. Den offenen Schlagabtausch meidet er. Das – ehrbare – Ziel, sich als verantwortungsvoll handelnde und stabilisierende Kraft im Senatsbündnis darzustellen, hat am Ende die Wahrnehmung der CDU als anspruchsloser Juniorpartner gefestigt. Die maue Wählerstimmung geht nicht zufällig einher mit Müllers Amtsantritt. Der Regierende profiliert sich als Sachwalter bürgerlicher Anliegen, über die SPD hinaus, mitten hinein in CDU- Klientel.

Fehleinschätzungen und Konkurrenzdenken tun ein Übriges. Die Verantwortung für die Flüchtlingskrise ist nicht an Müller hängengeblieben, ihm hat nicht geschadet, das Thema zur Chefsache gemacht zu haben. Die CDU hatte andere Hoffnungen und wirkt jetzt umso randständiger. Ein Mangel an innerparteilicher Solidarität kommt hinzu. So ließ Henkel den Regierenden bei dessen Attacken auf CDU-Hoffnungsträger und Sozialsenator Mario Czaja gewähren, anstatt Müller in die Schranken zu weisen und Czaja demonstrativ zu stärken bei seiner extrem schwierigen Aufgabe. Wie das nun wieder wirkt? Als sei Henkel die Demontage eines möglichen Konkurrenten gar nicht so unlieb.

Der Druck wächst. Eine Fortsetzung der Koalition mit der SPD? Wenig wahrscheinlich. Für Schwarz-Grün reicht es rechnerisch nicht, von den inhaltlichen Differenzen zu schweigen. Die triste Situation führt zu Unruhe in der CDU – aber noch nicht dazu, dass Henkel um die Spitzenkandidatur fürchten muss. Er wird sich damit beruhigen, dass Umfragen Momentaufnahmen sind. Warnzeichen bleiben sie allemal.

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