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Berlin: CDU-Politiker Czaja tritt zurück – und zeigt sich lernwillig

Abgeordneter legt wegen der Titel-Affäre seinen Sitz im Wissenschaftsausschuss nieder – Staatsanwaltschaft prüft neue Anzeige

Ein Amt hat der CDU-Abgeordnete Mario Czaja wegen seiner Titel-Affäre schon verloren, seinen Humor aber offenbar noch nicht. Der Politiker aus Hellersdorf-Marzahn ist nicht mehr Mitglied des Wissenschafts-Ausschusses. Czaja hat Ärger, weil er sich auf seiner Internet-Website und im Handbuch des Abgeordnetenhauses als „Diplom-Ökonom“ bezeichnet hat. Derzeit prüft die Staatsanwaltschaft, ob er gegen Paragraf 132a des Strafgesetzbuches verstoßen hat.

Darin geht es um den „Missbrauch von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen“. Von Ferne erinnert das an den Hauptmann von Köpenick in seiner Uniform. Vielleicht wegen der humorigen Aspekte jeder Köpenickiade schreibt Czaja, der öffentlich stets perfekt wie ein junger Manager gekleidet auftritt, in einer Erklärung von „stürmischen Jugendjahren“, in denen er es versäumt habe, „das Gymnasium mit dem Abitur zu verlassen“. Er wurde Versicherungskaufmann. Dann beschloss er, „das Versäumnis nachzuholen“. An der so genannten Freien Universität Teufen/St. Gallen absolvierte er ein Fernstudium und lieferte eine Diplomarbeit ab, „die ich selbstverständlich eigenständig erarbeitet habe“.

Aber die „Freie Universität“ ist ins Gerede gekommen als ein Ort, an dem man Abschlüsse mit geringem Aufwand erreichen kann. Er wisse jetzt, schreibt Czaja, „dass ich es mir mit dem Studium, gemessen an in Deutschland gestellten universitären Ansprüchen, zu leicht gemacht habe.“ Weil er Partei und Fraktion „in eine unangenehme Situation gebracht hat“, nahmen die Kollegen in der Sitzung am Dienstagnachmittag nickend zur Kenntnis, dass Czaja nun seine Glaubwürdigkeit wiederherstellen und an einer deutschen Universität studieren will.

Davon abgesehen bestätigt der Vorgang den von den Parlamentariern gern reklamierten Anspruch, auch in Sachen Delinquenz „ein Querschnitt des ganzen Volkes“ zu sein. Czaja befindet sich damit in teils prominenter Gesellschaft. Sein Parteifreund Christoph Stölzl bekam 2003 Ärger mit einem Titel: Er firmierte als „Professor“, obwohl ihm der Titel nur auf Zeit zugestanden war. Inzwischen ist er ein ganz korrekter Honorarprofessor. Die Staatsanwaltschaft hatte regelmäßig mit den Parlamentariern zu tun. Ein paar Beispiele: 1958 wurde dem Abgeordneten Wille Begünstigung vorgeworfen. Der Abgeordnete Rolf Schwedler fiel 1967 „wegen seiner unsicheren Fahrweise“ der Polizei auf. Der Abgeordnete Freke Over hatte sich 1997 wegen Widerstandes gegen Vollzugsbeamte zu rechtfertigen. Das Parlament lebt. wvb.

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