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Berlin: Charité gibt Fehler zu: Ex-Stasi-Major freigestellt

Kommission prüft, ob früherer Vernehmungsoffizier entlassen werden soll – das wäre für die Klinik teuer

Die Leitung der Charité bedauert, einen ehemaligen Stasi-Major als Bereichsleiter eingestellt zu haben. Der Ex-Offizier wurde bereits am Montag von seiner Tätigkeit freigestellt. Eine Expertenkommission unter Vorsitz des Theologen Richard Schröder soll noch in dieser Woche entscheiden, ob eine Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht. Bei einer Entlassung dürfte dem Ex-DDR-Geheimdienstoffizier eine Entschädigung in sechsstelliger Höhe zustehen.

„Die Reaktionen haben deutlich gemacht, dass die Entscheidung möglicherweise nicht die richtige war“, sagte Vorstandschef Detlev Ganten gestern. Offensichtlich habe man die „Zumutbarkeit“ nicht richtig eingeschätzt. Entscheiden soll jetzt die Kommission, und zwar „unabhängig und ergebnisoffen“. Noch in dieser Woche soll das Gremium tagen. Ihr gehören unter anderen auch Professor Harald Mau, Mitglied der Ehrenkommission der Charité nach der Wende, und der Berliner Stasi-Landesbeauftragte Martin Gutzeit an.

Ex-Major R., der bereits seit Jahresbeginn einen Fachbereich leitete, war durch seinen rigiden Führungsstil aufgefallen. Viele Mitarbeiter hätten sich über ihren neuen Chef beschwert, einige mit gesundheitlichen Problemen krankgemeldet, sagte der Personalratsvorsitzende Ingo Zeplien. Betroffene seien dann bei Recherchen im Internet auf die Vergangenheit des Vorgesetzten gestoßen. Erst auf Nachfrage des Personalrates habe der Vorstand dessen hauptamtliche Stasi-Tätigkeit bestätigt. Da es sich um einen außertariflicher Arbeitsvertrag handelt, war die Personalvertretung nicht beteiligt. Sie wurde ebenso wie die aufsichtsführende Senats-Wissenschaftsverwaltung lediglich über die Einstellung an sich informiert.

Laut Klinik-Direktor Behrend Behrends war der Ex-Major bei der Stasi als Staatsanwalt für die Verfolgung von Wirtschaftsdelikten zuständig. Dazu gehörten der Bau von Privathäusern aus Staatsgeldern sowie Vertragsmanipulationen und illegale Privatkonten zur Abzweigung von Geldern bei Auslandsgeschäften. R. hatte auch die Aufgabe, im berüchtigten Stasi-Untersuchungsgefängnis Beschuldigte zu vernehmen.

Die Angaben von R. hatten mit dem Ergebnis der Regelabfrage übereingestimmt, sagte Vorstandschef Ganten. Hinweise auf schwere Verfehlungen hätte es nicht gegeben. Unter den 15 internen und externen Bewerbern wäre der ehemalige Stasi-Mann jedoch der qualifizierteste Kandidat gewesen. „Wenn wir komplett entsetzt gewesen wären von seinen politischen Vorstellungen, hätten wir nicht so entschieden“.

Zahlreiche Mitarbeiter, der Personalrat sowie Stasi-Opferverbände und Politiker fordern die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses. Für die Charité könnte das teuer werden: Denn mit dem Ex-Major, der aus seiner Vergangenheit keinen Hehl machte, wurde ein Fünfjahresvertrag geschlossen. Wird dieser aufgelöst, steht R. eine entsprechende Abfindung zu. Die Charité, so Ganten sucht „eine einvernehmliche Lösung“ .

Rainer W. During

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