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Charlottenburg: Baustadtrat für Moschee

In Charlottenburg ticken die Uhren anders. Hier ist das möglich, worum in Neukölln seit Jahren gestritten wird: eine Moschee des Vereins Inssan.

In Charlottenburg ist möglich, worum in Neukölln seit Jahren gestritten wird: eine Moschee des Vereins Inssan. Hier wie da sind es CDU-Politiker, die über das Projekt entscheiden – und zu ganz unterschiedlichen Bewertungen des Moscheevereins kommen. Der religiös konservative Verein will ein Grundstück an der Keplerstraße in der Nähe des Mierendorffplatzes kaufen, zunächst in das auf dem Grundstück stehende Gebäude einziehen und ab 2009 im Hinterhof eine Moschee für 700 Betende bauen. Es wäre die erste Moschee in Charlottenburg, die als solche deutlich erkennbar wäre. Anfang August will Inssan im Bezirksamt den Bauantrag einreichen.

Charlottenburgs Baustadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU) sieht keinen Grund, weshalb er den Antrag ablehnen sollte, zumindest nach den jetzigen Planungen. Baurechtlich gebe es keine Einwände, das Gelände liege im Gewerbegebiet. Aber auch ansonsten sieht er keine Probleme. Bei Inssan handle es sich um eine Organisation, „bei der man nicht befürchten muss, dass es einen extremistischen Hintergrund gibt“, sagt Gröhler.

Seine Parteikollegin Stefanie Vogelsang, bis zu den Wahlen im vergangenen Jahr Baustadträtin in Neukölln, sah das ganz anders. Sie warf dem Verein vor, „kontraproduktiv für die Integration im Bezirk“ zu sein, weil er Kontakte zur Islamischen Gemeinschaft in Deutschland (IGD) habe und zu deren Präsidenten Ibrahim El-Zayat. Die IGD setze „auf eine Strategie der Einflussnahme im gesellschaftlichen Bereich, um ihren Anhängern Möglichkeiten für eine an Koran und Sunna orientierte Lebensweise zu verschaffen“ heißt es im Verfassungsschutzbericht 2006. Die IGD sei Treffpunkt der Muslimbruderschaft. Vogelsang warf El-Zayat auch Antisemitismus und Gewaltverherrlichung vor, blieb Beweise aber schuldig.

Gröhler orientiert sich bei seiner Bewertung von Inssan dagegen an den Aktivitäten des Vereins in den vergangenen Jahren. Dazu zählen Kampagnen gegen Zwangsheirat genauso wie Friedensgebete zusammen mit Christen und Juden. Zu den Fürsprechern gehört auch die frühere Ausländerbeauftragte Barbara John. „Inssan ist einer der westlichsten muslimischen Vereine in der Stadt“, sagt Gröhler, „die Veranstaltungen sind zum Beispiel alle auf Deutsch“. Außerdem ist er der Meinung, „die Muslime müssen raus den Hinterhöfen“.

Der Kultur- und Moscheekomplex, den Inssan im Mierendorff-Kiez plant, ist mit 4800 Quadratmetern Nutzungsfläche halb so groß wie die in der Pflügerstraße geplante Anlage. „Wir haben dazu gelernt“, sagt Vereinssprecher Chaban Salih. „Am Anfang hatten wir große Träume, dann haben wir geschaut, was möglich ist.“ Der Verein hat 40 Mitglieder. Zum Inssan-Popfestival kamen vergangenes Jahr 5000 junge Muslime. Die 2,9 Millionen Euro, die die Beiersdorf AG für das Charlottenburger Grundstück verlangt, will man zu einem Drittel aus in Deutschland gesammelten Spenden aufbringen. Für den Rest gebe es Zusagen von Sponsoren aus arabischen Ländern. Und stellt klar: „Wir nehmen aber nur Geld von Personen, die sich nicht in unsere Arbeit einmischen.“ Claudia Keller

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