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Berlin: Chatami-Besuch: 2200 Polizisten sicherten eine 1000-Meter-Strecke

Chatami ist weg, nun kommt Elisabeth II. Wie für den iranischen Präsidenten gilt auch für die englische Königin die höchste Gefährdungsstufe 1.

Chatami ist weg, nun kommt Elisabeth II. Wie für den iranischen Präsidenten gilt auch für die englische Königin die höchste Gefährdungsstufe 1. Am kommenden Montag und Dienstag soll das Chaos in Berlin aber nicht Ausmaße wie bei dem 46-stündigen Besuch Chatamis annehmen (siehe unteren Beitrag). Die Polizeiführung räumte gestern ein, dass es derartige Sperrungen und Zustände bislang nicht gegeben hat. Tagelang staute sich der Verkehr in der Innenstadt. Die Berliner müssten sich aber darauf einrichten, wenn Gäste mit Gefährdungsstufe 1 kommen, sagte Innensenator Werthebach. Verschärft wurde das Chaos durch acht Bombenalarme. Nach Angaben von Sicherheitsexperten hatte es "sehr konkrete, sehr ernst zu nehmende Erkenntnisse" über geplante Anschläge gegeben, die aber durch die Polizei verhindert werden konnten.

4400 Polizisten wurden eingesetzt - doppelt so viele wie beim Gipfel Anfang Juni mit Clinton. Der Einsatz kostete die Rekordsumme von 9,9 Millionen Mark, beim Gipfel waren es 3,6 Millionen. Der Einsatzleiter, Schutzpolizeidirektor Gernot Piestert, nannte die Bewachung Chatamis gestern "meinen schwierigsten Einsatz in 40 Jahren". Denn neben Schmähungen wurde auch ein terroristischer Anschlag auf Chatami ständig für möglich gehalten.

Aufregung gab es am Abend, als gezielte Hinweise eingingen, dass auf den Konvoi des Präsidenten ein Anschlag verübt werden soll. Daraufhin wurde entschieden, Chatami doch mit dem Hubschrauber ins Schloss Bellevue zu fliegen, Ursprünglich wollte man bei dieser Etappe einmal auf die Hubschrauber verzichten. Allein 2200 Polizisten sicherten am Abend die kurze Strecke vom Hotel Interconti zum Landeplatz am Verteidigungsministerium. Piestert bestätigte, dass mehrfach Anwohner nicht in ihre Häuser gelassen wurden.

Der Staatsschutz registrierte drei versuchte und vier vollendete Würfe von Gegenständen auf die Limousinen des Gastes. Neben einem Farbbeutel und einem Kuchen waren es sonst Eier. Zahlreiche beleidigende Transparente wurden sichergestellt. Dazu bediente sich die Polizei einiger Dolmetscher. 288 Menschen wurden zeitweise festgenommen, darunter allein 67 beim versuchten Sturm auf den Reichstag am Dienstagnachmittag. Sieben Wohnungen und ein Fabrikgebäude wurden als konspirative Treffpunkte enttarnt und 54 iranische Oppositionelle festgenommen, die Polizei ermittelt wegen "Bildung einer kriminellen Vereinigung". "Das trägt alles die gleiche Handschrift der Volksmudjaheddin", so ein Beamter. "Die Aktionen waren zentral geplant und gesteuert." Beispielsweise seien sämtliche Farbeier mit der gleichen Ein-Komponenten-Farbe gefüllt gewesen.

Die größte Aufregung gab es am Dienstag gegen 16.30 Uhr an der Leipziger Straße, als in der Nähe des DIHT-Gebäudes, wo Chatami mit Wirtschaftsleuten sprach, ein litauischer Pkw mit einem Kühlschrank im Fond entdeckt wurde, aus dem ein Kabel auf die Straße hing. Die Polizei ging von einer Bombe aus und riegelte die Leipziger Straße für eine Stunde weiträumig ab. Daraufhin brach der Verkehr in der Innenstadt endgültig zusammen. Chatami selbst habe von den Protesten nichts zu sehen bekommen. Kurz vor seinem Abflug lud der iranische Staatschef noch einige Berliner Polizisten zu sich ins Hotel Intercontinental, um sich persönlich zu bedanken - eine ungewöhnliche, nicht dem Protokoll entsprechende Geste. Chatami habe einen "charmanten, in sich ruhenden Eindruck" gemacht.

Innensenator Werthebach forderte gestern ein zentrales Verkehrsmanagement für Berlin - wohl wissend, dass dafür derzeit kein Geld da ist. So könnten Sperrungen bei Staatsbesuchen besser koordiniert werden. Durch spezielle Ampel-Programme könne der Verkehr in der Nähe gesperrter Straßen reguliert werden. Ein Motorradpolizist schlug gestern vor, einfach die komplette Innenstadt zu sperren, das erleichtere Staatsbesuche ungemein.

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