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Sorgten für Diskussionen: Die Pissoirs im Pop-Art-Design eines rot geschminkten Mundes im Club Pirschheide in Potsdam.

© Sebastian Gabsch

Club in Potsdam: So war es bei der Pirschheide-Eröffnung

Vom gammeligen Bahnhof zur Partylocation: Der Potsdamer Club Pirschheide ist eröffnet. Außergewöhnlich sind nicht nur die Klos.

Selten wurde eine Cluberöffnung so beobachtet und erwartet wie die des neuen „Pirschheide“ in Potsdam. Die in den Medien geführte Debatte, ob ein Pissoir im Popart-Design eines rot geschminkten Mundes, wie es dort auf dem Männerklo verbaut wurde, witzig oder geschmacklos ist, erreichte zuletzt auch das Fernsehen. Selbst die ARD interessierte sich für das Pirschheide-Örtchen.

Seit Freitagnacht ist klar, dass man im alten Bahnhof nicht nur stilvoll pullern, sondern auch feiern kann. Mit einer großen Party wurde Potsdams neuer Club am Rande der Stadt eröffnet. Die Karten waren ausverkauft, 500 Gäste aus Potsdam, Berlin und Umgebung angereist und der Parkplatz am Potsdamer Hauptbahnhof aus DDR-Zeiten so voll wie seit Jahrzehnten nicht mehr – ein ungewohntes Bild.

Und so sieht die Tanzfläche aus.
Und so sieht die Tanzfläche aus.

© Sebastian Gabsch

Mit einer Retrobildershow begann auch der Abend: Fotos vom Gebäudeensemble, das sich ab Mitte der 1990er Jahre in einen Lost Place verwandelte. Nun haben die musikaffinen Unternehmer Shima und Ronald Engelhardt aus Werder/Havel aus der Ruine eine hippe Partylocation gemacht. 2013 konnten sie den alten Bahnhof kaufen, ein Bauwerk der Nachkriegsmoderne, die gerade eine Renaissance erlebt. Einen mittleren sechsstelligen Betrag investierten die neuen Besitzer. Dass das Projekt vergleichsweise günstig blieb, habe unter anderem daran gelegen, dass sie sich Zeit lassen konnten und viel in Eigenleistung erfolgte, für die Inhaber einer Elektrobaufirma kein Problem.

Zur Eröffnung kamen auch Eltern mit ihren erwachsenen Kindern

Bei all den Umbaumaßnahmen blieb die Bahnhofsarchitektur dennoch weitgehend erhalten. Der Übergang zum unteren Gleis wurde praktischerweise zum offenen Raucherbereich umfunktioniert, mit Loungemöbeln, einer Bar und Grillstation. Im Saal kann man noch die alten Fahrkartenschalter entdecken. Auch die grauen Terrazzoplatten, die glasierten Wandkacheln sowie die Leuchter durften bleiben – ein Stück Heimatgefühl für manchen Partygast. „Es ist schön, wenn man was Altes wiederentdeckt“, sagte ein Gast, der Pirschheide noch als Bahnhof kennt. Er wusste noch, wo es zur Mitropa ging – da befinden sich jetzt besagte Toiletten. Seine Frau und er kamen zum Tanzen. In Potsdam seien Angebote für die Altersgruppe ab 30 oder 40 selten. „Früher gab es noch die Disco Charly in Potsdam-West und das Brauhaus, das ist jetzt alles weg.“ Viele der Besucher an diesem Abend kamen mit Freunden, manche sogar als generationenübergreifende Gruppe: Eltern und erwachsene Kinder

Verschiedene Generationen kamen zur Cluberöffnung - eine Besonderheit.
Verschiedene Generationen kamen zur Cluberöffnung - eine Besonderheit.

© Sebastian Gabsch

Die Besitzer Ronald und Shima Engelhardt bestens gelaunt bei der Eröffnung.
Die Besitzer Ronald und Shima Engelhardt bestens gelaunt bei der Eröffnung.

© Sebastian Gabsch

So hatten sich das Ronald und Shima Engelhardt gedacht. Regelmäßig soll es hier ab sofort Tanzveranstaltungen mit Livemusik geben, mit Bands, die gerne auch mal retro sein dürfen. Auch Klassikkonzerte und beispielsweise ein Fahrradkonzert im Rahmen der Musikfestspiele sollen hier stattfinden. „Wir sind offen für alles.“ Der Klub kann auch als Eventlocation gemietet werden, für Firmenveranstaltungen und Privatfeiern. Unter den Einweihungsgästen waren viele Betreiber von Kultureinrichtungen und Veranstaltungshäusern. „Wir wollen uns gut vernetzen und Kooperationspartner finden“, sagte Ronald Engelhardt.

Musikalisch wurde der Abend mit einem Konzert des Potsdamer Pianisten und Sängers Andy Schulte eröffnet, mit einem „Tribute to Elton John“-Konzert. Dann wurde der Flügel abgeräumt, denn Andreas Kümmert, 2013 Gewinner von „The Voice of Germany“, brauchte nur Platz für sich und seinen Begleitgitarristen. Nach seiner Rockperformance wurde bei Funk und Disco der Berliner Band „Eyes on Funk“ getanzt.

Der Praxistest der revolutionären Toiletten erfolgte ohne großes Tamtam: Bei den Frauen wird Schlangestehen dank eines plüschigen Wartesessels angenehmer. Und Partygast Saskia Ludwig, CDU-Landtagsabgeordnete, twitterte: „Bin gespannt auf die Freundinnentoilette.“ Gemeint war das Doppelklo, das dann leider besetzt war. Kein Mann wollte sich an dem Abend übrigens zur Benutzung des roten Pissoirs bekennen. Die Pirschheide-Party im Saal dauerte bis in den frühen Morgen.

Steffi Pyanoe

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