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Berlin: Cruise im Kosmos

Prominentes Publikum bei Premiere von „Minority Report“ im Kino an der Karl-Marx-Allee / Zuvor waren die Hollywoodstars auf Tour durch die Stadt

Von Andreas Conrad

Tja, Sir Norman, das war’s dann wohl. Plagiatsklagen von einem wie Steven Spielberg kommen teuer. Haben Sie sich wohl nicht gedacht, Herr Foster, dass der Regisseur mal gemeinsam mit Tom Cruise Ihr Reichstagsei besichtigen würde. Pech gehabt: Am Donnerstag war’s so weit, und seinen Eindruck von Ihrer Kuppel hat Spielberg gleich auf einer Pressekonferenz kundgetan: „Haben die das aus ,Minority Report’ geklaut?“

Na gut, haben sie wohl nicht. Ist nur ein Scherz, einer der vielen in dieser Stunde im Deutschen Architektur Zentrum in der Köpenicker Straße, die Spielberg und Cruise nach ihrer Stadtrundfahrt der Presse eingeräumt haben. Aber unter lokalpatriotischer Sicht ist es schon erhebend, dass der Regisseur neben einer in Berlin entworfenen 5000-EuroDuschkabine, die aus dem Film zuletzt leider rausgeschnitten wurde, auch dem für 310 Millionen Euro umgebauten Reichstag zutraute, noch ins Jahr 2054 zu passen.

Fast beiläufig ist er in den Raum gekommen, anfangs kaum registriert. Draußen umflackern noch die Blitzlichter seinen Star, gelassen schlendert der Regisseur nach vorn, wirft die graue Basecap auf den Tisch, nun doch von Beifall empfangen. Tom sei auf dem Weg, entschuldigt er dessen kleine Verspätung, „er ist eben sehr viel populärer als ich.“ Aber da ist der andere auch schon, noch einmal schwillt der Applaus an, was Tom mit einem artigen „Dankeschön“ auf Deutsch belohnt, und wie manches Mal in der folgenden Stunde fährt er sich mit beiden Händen durch die Mähne, wohl mehr eine kokette Geste als der Versuch, das Haar zu ordnen. Bärtig ist er erschienen, wegen bald beginnender Dreharbeiten in Japan, wie er auf die obligatorische Frage berichtet. Nein, Penelope Cruz sei diesmal nicht dabei, noch nicht. Die drehe in Paris, möglich, dass sie abends noch zur Premiere ins Kosmos komme. Dort wird am Abend mit zwei roten Teppichen, einer rechts, einer links gefeiert. Oben drüber ein weißes Zeltdach mit Heizstrahlern, damit sich keiner der Promis beim Winken in die Kameras einen Schnupfen holt. Innen dann allerhand Deko aus dem Film: Uniformen, Waffen und anderer Zukunftskrempel.

Ach, man erfährt so allerhand im Taut-Saal des Architektur Zentrums. Zum Beispiel über die liebe Not mit der Kindererziehung, die auch Prominente in Hollywood haben. Fernsehen? Im Hause Spielberg nicht mehr als eine Stunde pro Tag, am liebsten abends nach dem Zähneputzen, schon im Schlafanzug und in der Auswahl der Sendungen streng reglementiert. Nicht immer hat er damit Erfolg, muss schon mal aus kindlichem Mund „You suck, you suck“ vernehmen, und weiß dann: Man hat wieder unerlaubt „South Park“ geguckt.

Sogar über Scientology ist einiges zu hören. Tom Cruise muss derlei Fragen wohl gewohnt sein, reagiert ganz entspannt, rät allen Kritikern, L. Ron Hubbards Lehren erst mal gründlich zu lesen, lobt auch die Hilfen, die sie ihm seit „Top Gun“ gegeben hätten. Spielberg hört sich das gelassen an, es spielt wohl keine große Rolle in ihrer Freundschaft. 20 Jahre dauere die schon, erzählt Cruise. Manches Mal hätten sie schon über gemeinsame Projekte nachgedacht, erst jetzt war es so weit, nachdem er seinen Freund Steven auf die dem Film zugrunde liegende Erzählung von Philip K. Dick hingewiesen hatte. Der hatte schon die Vorlagen zu „Total Recall“ wie auch „Blade Runner“ geliefert. Ridley Scotts bester Film, lobt Spielberg. Er aber wollte es anders machen: Eine Zukunftsfilm, das schon, „aber so gegenwartsbezogen wie möglich“. Ohnehin, ein Film von hoher Aktualität. Den Vergleich der Mörder im Film, die schon vor der Tat abgeurteilt werden, mit Saddam Hussein und einem möglichen Angriff auf den Irak will Spielberg nicht ziehen. Aber die Erinnerung an den 9. September durchzieht auch „Minority Report“, bricht in dieser so munteren Plauderstunde mit Tom und Steven immer wieder durch. „Schon vor 60 Jahren hat Philip K. Dick den Verlust der Persönlichkeitsrechte befürchtet, genau diese Angst treibt mich heute um“, beschreibt es Spielberg. Zwar glaube er nicht, darin ganz Optimist, dass die Zukunftstechnologien einmal die persönlichen Freiheiten rauben werden. Aber nach den Terroranschlägen seien die Bürgerrechte in den USA schon massiv eingeschränkt worden. Immerhin, er hofft, dass nach dem Ende der Krise auch die Freiheiten zurückkommen.

Natürlich sind sie für einander des Lobes voll: „Er ist eine Legende“, preist Tom Cruise seinen Regisseur, der den Verlegenen spielt und zur Seite schaut. Der kontert mit Anekdoten über den todesmutigen Tom, der sich begeistert unentwegt in die Tiefe stürzte, von Seilen knapp über dem Boden aufgefangen. Wie ein aufgeregtes Huhn muss Spielberg dann herumgelaufen, immer wieder wedelt Cruise mit den Armen, ahmt Spielberg nach. Müssen lustige Dreharbeiten gewesen sein.

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