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Berlin: „Da ist noch was drin“

Ein Effekt des Streiks: Die Aktionen der Studenten stoßen eine neue hochschulpolitische Debatte in Berlin an

Der studentische Protest macht auf die Politiker Eindruck; welcher Partei sie auch angehören. „Die Hochschulen wachen auf, denn es geht ans Eingemachte“, sagt die CDUAbgeordnete Monika Grütters. Das erhöhe den Druck auf die Regierungspolitik, die mit „massiven Einsparungen in sehr kurzer Zeit und einer Ideologisierung der Wissenschaft“ die Berliner Universitäten vor ganz neue Probleme gestellt habe.

Hochschulsenator Thomas Flierl (PDS) hat gestern zum ersten Mal mit streikenden TU-Studenten diskutiert und sie aufgefordert, für die bevorstehenden Strukturreformen eigene Ideen zu formulieren. Die Einsparvorgabe von 75 Millionen Euro sei aber „unveränderlich“, und Anfang Dezember will er sein Modell für die – vom Senat geplanten – Studienzeitkonten vorlegen. Flierls Parteifreund, der Abgeordnete Benjamin Hoff, will diese Form der Studiengebühren in der PDS-Fraktion aber in Frage stellen und hofft, sich durchsetzen zu können.

Hoff findet die Studentenaktionen gut, weil damit „eine stadtweite Diskussion angeschoben wird, wie in Zeiten der Finanznot noch Politik für die Hochschulen gemacht werden kann.“ Der junge PDS-Politiker, dessen Freundin zurzeit Streik-Aktivistin ist, sorgt sich um die Auswirkungen für Rot-Rot. Die großen, bundesweiten Hochschulproteste 1997/98 hätten sich damals gegen die Kohl-Regierung gewandt. Diesmal sei die Stimmung ähnlich: „Die Studenten erwarten nichts mehr von der rot-grünen Bundesregierung, und diese Stimmung färbt auch auf die SPD/PDS–Koalition in Berlin ab.“ Deshalb müsse offensiv Aufklärungsarbeit geleistet werden, „und so viel wie möglich für die Hochschulen rausgeschlagen werden.“

Der SPD-Abgeordnete Bert Flemming ist froh, dass in der nächsten Woche auch Politiker zu Protestveranstaltungen der Studenten eingeladen werden. „Die wollten das zuerst nicht.“ Alle gesellschaftlichen Kräfte müssten nun über die Aufgaben der Hochschulen in Berlin diskutieren. Es sei ein großer Mangel, dass immer noch unklar sei, wie die Sparvorgaben des Senats an den Universitäten umgesetzt werden. Die Grünen erwarten, dass die Protestbewegung an den Unis „noch an Kraft gewinnt“, wie es die Abgeordnete Lisa Paus formulierte. In zwei Wochen stünden im Wissenschaftsausschuss des Parlaments die Hochschulverträge 2006-09 zur Debatte. „Da ist noch was drin, trotz der Finanzprobleme Berlins“, hofft Paus.

Auch der FDP-Hochschulexperte Erik Schmidt geht davon aus, dass sich die rot-rote Koalition angesichts der Streiks und Demonstrationen „Gedanken über ihre Sparpläne im Hochschulbereich“ machen wird. Normalerweise interessierten sich Studenten nur wenig für Politik. Was jetzt geschehe, sei „sehr verantwortungsvoll und durchaus positiv“. za

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