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© Simulation: gmp

Hauptbahnhof: Dacherweiterung führt zu erheblichen Einschränkungen

Der Bauausschuss des Bundestages ist für eine Verlängerung des Daches am Hauptbahnhof. Jetzt sei die letzte Chance, heißt es. 53 Millionen Euro würde der Dachausbau kosten. 600.000 Fahrgäste wären von der notwendigen Umleitung der S-Bahn betroffen.

Quietschend fährt er ein, der ICE aus Interlaken in der Schweiz. Berlin ist sein Zielort, der Hauptbahnhof der vorletzte Stopp. Als der Zug schließlich steht, guckt er vorn und hinten unter dem Bahnhofsdach hervor – aber nur mit einem halben Waggon und den beiden Triebwagen an der Spitze und am Schluss. Der große Rest, aus dem die Passagiere steigen, passt komplett unters Dach. Obwohl die Bahn AG beim gefeierten Entwurf des Büros von Gerkan, Marg und Partner (gmp) das markante Dach hat kappen lassen – von ursprünglich 450 auf 321 Meter.

Geht es nach einer Mehrheit im Bauausschuss des Bundestages, soll das kurze Dach nun auf seine ursprüngliche Länge gebracht werden. Grundlage dafür ist ein Bericht des Bundesbauministeriums, das sich auf eine Machbarkeitsstudie stützt: 53 Millionen Euro wären dafür nötig, der Verkehr auf der Stadtbahn (und damit auch der ICE aus Interlaken) müsste umgeleitet werden. Denn für drei Monate ginge in diesem Fall auf der Ost-West-Verkehrsachse nichts. Bis zu 600.000 Fahrgäste, vor allem der S-Bahn, wären davon betroffen.

Die Mehrheit des Bauausschusses und das Ministerium sind der Meinung: alles gerade so vertretbar. Denn noch lasse sich die Dachverlängerung logistisch lösen. Stehen erst einmal, wie es geplant ist, rund um den Bahnhof Häuser, könne die nötige Montage des Daches, das am Stück auf seine Position gehievt werden soll, nicht mehr erfolgen.

Aber es gibt auch andere Stimmen. Die Regierungsfraktionen in Berlin wollen anders als der Regierende Bürgermeister auf die Dachverlängerung verzichten: zu viel Aufwand, zu wenig Nutzen. Tatsächlich passen nur wenige Züge nicht unter das Bahnhofsdach, vor allem die ICEs. Sie sind zwischen 358 Meter und 410 Meter (zwei aneinandergekoppelte Züge) lang. Von denen rollt gerade ein Zug aus Köln ein; drei Waggons stehen im Freien – von insgesamt 14.

Infolgedessen sehen die Kritiker das Geld anderswo sinnvoller ausgegeben – für ein Dach am Ostkreuz zum Beispiel. Das steht wegen gestiegener Kosten auf der Streichliste. Haushaltspolitiker des Bundestages, aus Regierungs- wie Oppositionsfraktionen, sind ebenfalls skeptisch. Auf keinen Fall dürfe für die Dach-Verlängerung Steuergeld ausgegeben werden. Stattdessen solle die Bahn zahlen.

Die hält sich jedoch bedeckt. Sie hat das Dach einst kürzen lassen, um den mehrmals ins Stocken geratenen Baufahrplan für das Prestigeobjekt einzuhalten. Kosten hat’s nicht gespart, Zeit auch nicht, und die bereits produzierten und gelieferten Teile des Dachs liegen nunmehr eingemottet herum.

Das kurze Dach, jetzt ein Ärgernis, wird in absehbarer Zeit kaum noch zu sehen sein, wenn die Häuser rundherum fertig sind. Was bleibt, ist der Lärm, denn das lange Dach hätte mehr Quietschen und Rattern aufgefangen. Das wird nach Meinung der Stadtentwicklungsverwaltung dazu führen, dass die geplanten Wohnungen an der schönen Wasserlage des Humboldthafens, und die Hotelzimmer des Lehrter Stadtquartiers, nicht ganz so teuer zu verkaufen und zu vermieten sein werden. Matthias Oloew

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