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Berlin: Das älteste Landesunternehmen wird privatisiert

Der Soldatenkönig hatte die Feuersozietät 1718 gegründet. Jetzt wandelt der Senat sie in eine Aktiengesellschaft um und verkauft die Anteile

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Am 29. Dezember 1718 hatte Friedrich Wilhelm I. die Gründungsurkunde der „General-Feuerkasse“ unterschrieben. 285 Jahre später soll das älteste Staatsunternehmen in Berlin und Brandenburg privatisiert werden. Die Feuersozietät/Öffentliche Leben, die seit 1993 Berlin und Brandenburg je zur Hälfte gehört, wird in zwei Aktiengesellschaften umgewandelt. Die Wege der öffentlichen Eigentümer trennen sich wieder. Das beschlossen gestern der Berliner Senat und die Landesregierung in Potsdam.

Dem Versicherungsunternehmen werde damit „eine in der Branche übliche und angemessene Rechtsform gegeben“, sagte die brandenburgische Finanzministerin Dagmar Ziegler. Beide Länder wollen ihre Aktienanteile an private Investoren verkaufen. Was nicht ganz einfach wird. Das Unternehmen geriet im vergangenen Jahr in große Schwierigkeiten. Börsenflaute und Wetterunbilden, aber auch die Beteiligung an der Rückversicherung des World Trade Centers erzeugten ein Finanzloch von 46 Millionen Euro, für das Berlin und Brandenburg geradestehen mussten. Interesse an einem Kauf hat zuletzt der Allianz-Konzern signalisiert.

Die Feuersozietät hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Schon kurze Zeit nach ihrer Gründung war sie fast Pleite gegangen, als der Pulverturm am Spandauer Tor explodierte und die Petrikirche samt 44 umliegenden Häusern im Feuer untergingen. Zwei klassische Großschäden für die junge Versicherung, die der Soldatenkönig gegründet hatte, um die „beständige Erhaltung der Gebäude“ in Berlin finanziell abzusichern. Es gab die Neumärkische, Kurmärkische und die Land-Feuersozietät. Dann auch die „Sozietät für das platte Land der Provinz Brandenburg“.

Eine der größten Katastrophen war die Wirtschaftskrise in den Zwanzigerjahren. Wegen fortschreitender Geldentwertung blieben zeitweilig 10,4 Billiarden Reichsmark ungedeckt. 1938 bekam die Berliner Feuersozietät – in der Parochialstraße im alten Stadtzentrum – erstmals ein eigenes Haus, das aber 1945 vom Magistrat und sowjetischen Militärdienststellen konfisziert wurde. Man zog wieder um, in das Domizil der Feuersozietät Brandenburg: Am Karlsbad 4 – 5. Das ist heute noch die Unternehmensadresse. 1947 wurde die „Lebensversicherungsanstalt Berlin“ (Öffentliche Leben) gegründet. Mit der Teilung Berlins verlor das Unternehmen fast jeden zweiten Kunden. Erst nach dem Mauerfall wurden in Brandenburg wieder Versicherungsverträge abgeschlossen.

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