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Berlin: Das Angebot der Gewerkschaften: nichts

Verhandlungen zum Solidarpakt im Öffentlichen Dienst stecken fest / Streit zwischen Polizeigewerkschaft und Innensenator Körting eskaliert

Von

Von Sabine Beikler

und Christine-Felice Röhrs

Berlin kann keinen tarifpolitischen Sonderweg gehen. Nach Tagesspiegel-Informationen hat Verdi-Chef Frank Bsirske am Dienstag eine „Lex Berlin“ gegenüber dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit ausgeschlossen. Damit blockieren die Gewerkschaften die Verhandlungen zum Solidarpakt im Öffentlichen Dienst. Die Gespräche zwischen Senat und Gewerkschaften gehen heute weiter. Nach wie vor lehnen die Gewerkschaften alle Vorschläge des Senats ab. „Sonderopfer“ der Beschäftigten werde es nicht geben, sagte Berlins DGB-Vize Bernd Rissmann. Der Senat müsse die geplanten Einsparungen eben nach unten korrigieren.

Bei der Gewerkschaft der Polizei GdP), die zu den entschiedensten Gegnern der vom Senat geplanten Einschnitte gehört, hat sich am Mittwoch die Front gegen den Solidarpakt noch einmal verhärtet. Der Grund war eine Rede von Innensenator Ehrhart Körting bei einer Personalversammlung in der Landespolizeischule am Morgen. Nachdem am Abend zuvor mehrere Hundert Personalräte und Gewerkschafter des Öffentlichen Dienstes einen Solidarpakt abgelehnt hatten, habe Körting massiv mit betriebsbedingten Kündigungen für den Fall gedroht, dass der Solidarpakt scheitere – so die Darstellung von Klaus Eisenreich, dem Sprecher der Gewerkschaft der Polizei. „Dieser Auftritt war ein schwerer Fehler“, sagte Eisenreich. „Wir lassen die Züge zusammenprallen, wenn das der neue Umgangston ist, notfalls ziehen wir vor die Gerichte.“

Ehrhart Körting bestritt, den Polizisten gedroht zu haben. „Was soll ich den jungen Leuten da drohen“, sagte er. „Die tun mir doch Leid.“ Allerdings habe er sehr deutlich gemacht, dass die Einstellung von neuen Beamten wesentlich vom Zustandekommen eines Solidarpaktes abhänge. Nur dann könne es sich Berlin leisten, in den kommenden Jahren 4000 Lehrer einzustellen, 1900 Polizisten, 200 Feuerwehrleute und 900 neue Mitarbeiter in der Justiz. Und das bei gleichzeitiger Personalkosten-Einsparungen von 250 Millionen Euro im Jahr 2003 und von 500 Millionen im Jahr 2004.

Trotz der ablehnenden Haltung der Gewerkschaften zeigt man sich im Senat optimistisch. „Wir geben die Hoffnung nicht auf“, sagte am Mittwoch Senatssprecher Michael Donnermeyer. Das Angebot von Seiten des Senats sei „verhandelbar, vernünftig und ausgewogen“. Die Hand Richtung Gewerkschaften bleibe „notorisch ausgestreckt“.

Berlins Verdi-Chefin Susanne Stumpenhusen signalisierte zwar „Gesprächsbereitschaft“. Jedoch müsse der Senat „endlich kapieren, dass wir ein bundesweites Tarifgefüge nicht aus den Angeln heben werden“. Mit den Gewerkschaften könnten die Senatsvertreter gern über Modelle für freiwillige Teilzeit, Altersteilzeit oder Ruhestandsregelungen mit 55 Jahren sprechen. Aber Arbeitszeitverkürzungen ohne Lohnausgleich oder der Verzicht auf Gehaltserhöhungen von zwei Prozent pro Jahr seien nicht verhandelbar. Stumpenhusen wirft dem Senat vor, keine strukturellen Einsparungen durch Verwaltungsreform vorzunehmen. DGB-Vize Rissmann meint, die Sozialhilfekosten könnten durch „gezielte Eingliederung von Sozialhilfeempfängern“ in den Arbeitsmarkt gesenkt werden. Weitere Einsparungen sieht Rissmann auch durch ein „effektiveres Gebäude- und Immobilienmanagement“.

Sollten die Gespräche heute endgültig scheitern, werden in Senatskreisen schon „Alternativszenarien“ überlegt. Diese könnten sein: keine Verlängerung der Beschäftigungssicherungsvereinbarung nach 2004, der Wegfall von Einstellungskorridoren, betriebsbedingte Kündigungen oder eine längere Arbeitszeit für Beamte. Doch noch ist man optimistisch.

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