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Affentanz im Tropenhaus. Die Orang-Utans haben den Menschenjungen Mogli entführt.

© Gregor Fischer/dpa

Botanischer Garten in Berlin: Das Dschungelbuch kommt ins Tropenhaus

Ein Tiger im Guaven-Beet? Ein Affe im Glashaus? Im Oktober wird es wild im Botanischen Garten: Die Drehbühne Berlin zeigt das Dschungelbuch - die Version sei "archaischer als Disney".

Der Affenfelsen liegt versteckt hinter den Blättern der Bananenpalmen, ganz hinten im Tropenhaus, unter der 23 Meter hohen Glaskuppel. Man hört die Tiere schon kreischen und juchzen, doch noch verstecken sie sich vor den Besuchern. Plötzlich springen drei Affenpuppen die steile Felswand herunter, sie hängen an Metallangeln, wippen hoch und runter. Dann taucht ein Orang-Utan auf, diesmal von einer Schauspielerin dargestellt, sie klettert flink den Stein hinab und landet breitbeinig zwischen den Dschungelgästen. Die Arme lässt sie baumeln, das zerzauste Haar streckt sie den Eindringlingen frech ins Gesicht. Auf dem Rücken trägt sie Mogli , das Menschenkind, das hier im Dschungel lebt. Die Affen haben ihn entführt. Nur mithilfe der Riesen-Python Kaa kann der Menschenjunge gerettet werden. Die Schlange lässt die Augen in ihren Pappmachéhöhlen rotieren, hypnotisiert den Täter, bis der Affe aufgibt. Er muss das Kind wieder an Balu den Bären überreichen.

Sieben Szenen aus dem Dschungelbuch können die Besucher auf der Theater-Safari erleben

Vier Wochen lang toben sich die Affen in den Tropenhäusern im Botanischen Garten aus. An den Wochenenden und ausgewählten Wochentagen führt die Drehbühne Berlin hier sieben Szenen aus Rudyard Kiplings „Dschungelbuch“ auf.

Spätestens seit Disney das „Dschungelbuch“ verfilmte, ist die Geschichte des Findelkinds Mogli ein Kinderklassiker. Das Buch wurde bereits 1894 von dem britischen Autor Rudyard Kipling verfasst, der selbst in Indien lebte. Die Kurzfassung geht so: Bei einem Tigerangriff auf sein Dorf verliert der Junge seine Eltern und wird daraufhin von Wölfen im indischen Dschungel großgezogen. Mit seinem Freund Balu dem Bären und dem Panther Baghira streift er durch den Wald und erlebt zahlreiche Abenteuer.

Auf der Theater-Safari führen Guides mit Tropenhut und sandfarbenem Anzug die Besucher in acht Teams durch die Glashäuser. Maximal 60 Personen pro Reisegruppe sind zugelassen. „Wir erzählen keine zusammenhängende Geschichte, sondern führen in Wiederholung die einzelnen Szenen auf,“ sagt Intendant Lorenz Köhler.

"Vertrau mir." Die Schlange Kaa.

© Gregor Fischer/dpa

Die Expedition beginnt aber zunächst im Foyer des Großen Tropenhauses. An die Gewölbewand wird eine Filmsequenz projiziert, darauf ist Rudyard Kipling zu sehen, gespielt von Kai Wiesinger. Am Gürtel trägt er eine Feldflasche, im Gesicht einen mächtigen Schnauzer, und erzählt, wie Mogli in den Dschungel kam. Dann geht es weiter, vorbei an Bromelien und Orchideen, zur ersten Spielstätte.

Geprobt wurde Nachts, um den Besucherverkehr nicht zu stören

Im Farnhaus wartet bereits Balu. Gemächlich stapft der Bär eine Steintreppe hinab, schiebt sich träge durch moosige Felsen, bis er auf einer Brücke stehen bleibt. Mogli, in dieser Szene als kleine Holzfigur, sitzt auf seinem Arm. Der Schauspieler hält eine Hand in der Bärenschnauze, die andere führt das Kind. Er solle nicht zu den Affen gehen, belehrt der Bär den Jungen und murmelt: „Das sind die Gesetze des Dschungels.“

Intendant Lorenz Köhler wollte das Stück schon lange im Botanischen Garten aufführen.

© Gregor Fischer/spa

In dem Gewächshaus ist es feucht und warm. Doch das Klima war für die Schauspieler nicht die einzige Herausforderung: „Wir mussten in der Nacht proben, um die Besucher nicht zu stören,“ sagt Intendant Köhler. Auch beim Aufbau des Lichts galt besondere Vorsicht: „Die Pflanzen sind extrem kostbar, jeder Scheinwerfer musste genau geplant werden.“ Seit August übt die Truppe im Tropenhaus. Die Idee gibt es schon länger. Seit drei Jahren plant Köhler das Projekt bereits, nun hat endlich geklappt. Er empfiehlt das Stück für Kinder ab sechs Jahren: „Es ist archaischer als Disney.“

Zwischen tropischen Nutzpflanzen lauert bereits der Tiger

Die Reisegruppe zieht weiter, im Gänsemarsch durchs Orchideenhaus, bis zu den Tropischen Nutzpflanzen. Zwischen den Blättern lauert bereits Schir Khan, der Tiger. Der Pflasterweg leitet die Besucher rund ums Beet, eine grüne 360-Grad-Bühne, von der aus Schir Khan seine gelben Augen auf sie richtet. „Nur nicht wecken, seine Kraft ist groß“, flüstert eine Stimme aus den Lautsprechern. Die Originalzitate aus dem Buch haben die Schauspieler zuvor eingelesen. Trommelschläge erklingen, dann beginnt der Kampf zwischen Mogli und seinem Feind. Darsteller Bikash Chatterjee tanzt mit der Tigermaske, mal verängstigt, mal vertraut, und zeigt so Moglis Konflikt: Wo gehöre ich hin? Bin ich Mensch oder Tier? Am Ende schmiegen sie sich aneinander, das Publikum klatscht und die Expedition geht weiter – zum Affenfelsen.

Bis zum 23. Oktober im Botanischen Garten, Königin-Luise-Straße 6–8, Lichterfelde. Jeweils Freitag bis Sonntag (Fr. 18 Uhr, Sa. 15 und 18 Uhr, So 18 Uhr) und an ausgewählten Wochentagen. Karten kosten 29 Euro, Kinder bis 12 Jahre zahlen 12 Euro (inkl. Eintritt zum Botanischen Garten). Weitere Infos unter: 47 99 74 74 oder www.drehbuehne-berlin.de.

Lisa McMinn

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