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Berlin: Das geleerte Klassenzimmer

Die Kurt-Held-Schule wird entrümpelt. Anwohner beklagen Verschwendung

Christoph Leitner zieht eine längliche Holztruhe aus dem Gerümpel. „Guckt mal, die können wir auch gleich mitnehmen“, ruft der 47-Jährige seinen Freunden zu. Zu dritt stehen sie auf dem Schulhof der Kreuzberger Kurt-Held-Grundschule und kramen in einem Sperrmüll-Haufen. Zwischen zerbrochenem Holz liegen funktionstüchtige Stühle, Schautafeln, Gesellschaftsspiele. Nicht zu fassen, was da alles weggeworfen werde, sagt Leitner: „Eine ziemliche Verschwendung ist das.“

Die Möbel und Gegenstände, die jetzt auf fünf Haufen im Hof verteilt liegen, gehörten noch bis vor kurzem zur Ausstattung der Grundschule in der Görlitzer Straße 51. Weil die Schülerzahlen seit Jahren rückläufig sind und zum Schluss nur noch zwölf Klassen zusammenkamen, wurde die Schule geschlossen. Bis zum Ende des Jahres soll das Gebäude an die Modeschule „Esmod“ verkauft werden, zunächst aber wird es leer geräumt: Seit einer Woche entsorgen der Hausmeister und eine Hand voll Ein-Euro-Jobber die Möbel der Klassenzimmer.

Das seien „ausschließlich marode Möbel“, sagt Marina Belicke, Leiterin des Schulamts Friedrichshain-Kreuzberg. Alles Brauchbare sei bereits an umliegende Schulen und Vereine verteilt worden, für die Überreste gebe es „offenbar keinen Bedarf“. Anwohner sehen das anders und sprechen von Verschwendung. Einer hat gleich Dutzende gut erhaltene Stühle aus dem Müll gerettet. Auch der stellvertretende Rektor der Schule gab gestern in der RBB-Abendschau zu bedenken, dass die aussortierten Möbel vielleicht besser hätten genutzt werden können.

Tatsächlich sind viele der weggeworfenen Dinge noch zu gebrauchen. Zum Beispiel die Wandspiegel – jedenfalls bevor sie aus dem ersten Stock auf den Hof geworfen werden. Christoph Leitner hat schon etliche Gegenstände aus den Haufen gefischt. Am Vortag war er zufällig an der Schule vorbeigekommen, hat gleich jede Menge Bastelmaterialien und Reagenzgläser mitgenommen. Nun ist er mit zwei Freunden zurückgekehrt, um das Material nochmal gründlich zu sichten: „Mein Kumpel kann noch einen Stuhl gebrauchen.“ Lange muss er nicht suchen. Die drei Freunde sind nicht die Einzigen, die auf dem Schulhof nach brauchbaren Stücken Ausschau halten. Einer der Ein-Euro-Jobber hat in den vergangenen Tagen diverse „Schatzsucher aus der Nachbarschaft“ beobachtet. Seinen Namen will er nicht nennen, aber auch er hält die Entrümpelung für eine „unsinnige Aktion“. Einige Gegenstände könnte man sicherlich noch verwenden, meint der junge Mann: „Das verstehe ich nicht wirklich, warum das so abläuft.“

Wer selbst einen Blick auf die Haufen werfen möchte, muss sich beeilen: Heute soll das ausgesonderte Inventar von der BSR abgeholt und entsorgt werden.

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