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Berlin: Das große Bahn-Chaos blieb aus

Trotz Lokführer-Streiks rollten viele Züge

Der Bahnstreik hat in Berlin am Freitag sehr unterschiedliche Folgen gezeigt: Im frühmorgendlichen Berufsverkehr vor dem Streikbeginn kam es bei der S-Bahn zu Gedränge und teils chaotischen Szenen – doch schon während des Streiks zwischen 8 und 11 Uhr gab es nur noch wenige Einschränkungen. „Wir haben das ganze Netz befahren“, sagte ein S-Bahnsprecher später. Den rund 40 streikenden Lokführern sei es „nicht gelungen, den Verkehr lahmzulegen“. Kurz nach 11 Uhr habe man wieder fahrplanmäßig fahren können.

Böse überrascht wurden vor allem die Frühaufsteher, jene Fahrgäste, die vor dem Streik am Ziel sein wollten. Denn die Bahn hatte schon seit Betriebsbeginn um 4 Uhr ihren Notfahrplan gestartet. In Neukölln standen sichtlich frustrierte Bahn-Mitarbeiter zwischen Menschenmassen, die auf anderen Bahnhöfen unterschiedliche Informationen gehört hatten, wie es zum Süd- und Ostkreuz gehe. Die Ringbahnen schafften nicht den versprochenen Zehnminutentakt, aber mindestens jede Viertelstunde kam ein Zug. Erheblich eingeschränkt verkehrten die S-Bahnen auf der Linie S 3 zwischen Erkner und Ostbahnhof: Hier warteten Fahrgäste zum Teil 60 Minuten.

Bis um 9 Uhr war das Schlimmste überstanden. Selbst am zuvor völlig verstopften Ostkreuz wurden nun die Züge und Umsteigetipps korrekt angekündigt. Wer einmal in der richtigen Bahn saß, kam sogar komfortabel voran, weil die Züge deutlich leerer waren als sonst. Dagegen hatten in den frühen Morgenstunden viele Fahrgäste nicht mehr in die überfüllten Züge am Ostkreuz gepasst. „Manche wurden stehen gelassen“, gab ein S-Bahnsprecher zu, „aber in den nächsten Zug kamen sie auf jeden Fall“.

Im Hauptbahnhof ging es während des Streiks ruhig zu. Nur in S-Bahnzügen in Richtung Charlottenburg wurde es mitunter eng. „Zugverkehr unregelmäßig“ und „Ansagen beachten“, stand auf den Informationstafeln. „Wir fahren taktlos“, scherzte ein Bahnmitarbeiter. Dennoch musste niemand länger als 20 Minuten warten. Stillgelegt war zeitweilig der Regionalverkehr im Hauptbahnhof. Mindestens 90 Minuten lang stand auf den Infotafeln überall: „Fällt aus.“

Im Bahnhof Zoo erhielt der einfahrende Regionalzug 38167 nach Cottbus um 10.59 Uhr sogar Applaus. Der Zug war überpünktlich. Auf dem S-Bahnsteig gegenüber sagte ein Abfertiger jedoch: „Nichts ist normal hier. Auf den Zug nach Spandau müssen Sie 50 Minuten warten.“ Ein Bahnsprecher bestritt später, dass es tatsächlich zu solchen Verspätungen gekommen sei.

Zu Verwirrung führten Warnhinweise der BVG in U-Bahnhöfen: „S-Bahnverkehr bis 22 Uhr beeinträchtigt“, stand auf den Leuchttafeln. Als S-Bahn-Verantwortliche davon erfuhren, beschwerten sie sich sofort bei der BVG; die Hinweise wurden gestrichen. Laut BVG-Sprecherin Petra Reetz entstand das Missverständnis durch eine Mitteilung der Deutschen Bahn. Diese soll sich aber nur auf Regionalbahnen bezogen haben.

Die BVG beförderte in ihren Bussen, U- und Straßenbahnen deutlich mehr Fahrgäste als üblich, konnte aber keine Zahlen nennen. Die Tramlinien M5 und M6 und die U-Bahnlinie 2 in Richtung Ruhleben waren in der ersten halben Stunde des Streiks überfüllt, einige Fahrgäste mussten auf nachfolgende warten.

In Brandenburg fuhr nach Bahnangaben nur die Hälfte aller Regionalzüge. Die meisten Reisenden hatten sich vorbereitet, nutzten ihr Auto oder schlossen sich zu Fahrgemeinschaften zusammen. Allerdings zeigte der Streik die völlig unzureichenden Informationen auf vielen kleineren Bahnhöfen. Anzeigen oder Lautsprecherdurchsagen über Störungen gab es kaum. So standen in Perleberg viele Menschen am Vormittag ratlos auf dem Bahnsteig. Am Fenster der Bahnbediensteten hing nur ein zweisprachiger Zettel: „Keine Auskunft, No Information“.

Schon Dienstagnachmittag könnte wieder gestreikt werden. CD, C.v.L, obs, Ste.

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