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Berlin: Das große Flattern

Berlin reagiert auf Vogelgrippe-Gefahr: Zoo fängt das Geflügel ein, Domäne Dahlem schlachtet Hühner

Rund 10 000 Berliner Vögel müssen spätestens ab Sonnabend zum Schutz vor der Vogelgrippe in den Stall oder unter abgedichtete Volieren. Betroffen sind Hühner, Perl und Truthühner, Fasane, Wachteln, Enten, Gänse und Laufvögel wie Strauße, von denen es auch ein paar in Berlin gibt.

Im Zoo sind rund 350 der 2800 Vögel von der Stallpflicht-Verordnung des Bundesverbraucherministeriums betroffen. Aus den Außengehegen des Hühnerhauses und der Fasanerie werden die Tiere mit Futter ins Haus gelockt. Denn in den Außenvolieren besteht die Gefahr, dass Exkremente wilder, infizierter Vögel in die Käfige gelangen. „Das ist kein großer Aufwand. In eineinhalb Monaten wären die Tiere sowieso in die Häuser gesperrt worden“, sagt Zoodirektor Jürgen Lange am Donnerstag. Pelikane, Flamingos und Greifvögel dürfen draußen bleiben. Sie können sich nicht anstecken. Auch für Papageien gilt die Stallpflicht nicht. „Die Besucher werden das kaum merken, dass wir die Tiere aus den Freigehegen in die Häuser bringen“, sagte Zoo-Veterinär Andreas Ochs.

Schwierig gestaltet sich das Einfangen der Enten auf den Teichen. Zootierarzt Andreas Ochs befürchtet, dass Tiere wie die sensiblen Meeresenten traumatisiert oder verletzt werden könnten. An den Folgen könnten sie verenden. „Wir bemühen uns, die Verordnung zu erfüllen“, sagt Ochs. „Aber in Einzelfällen werden wir Schaden und Nutzen in Absprache mit dem Amtstierarzt abwägen müssen.“ Platz für die Unterbringung gäbe es im Zoo genug. Ein Gewächshaus und ein ehemaliger Pinguinstall werden als Notunterkünfte vorbereitet. „Die Gefahr geht meiner Meinung nach von illegal eingeführten Geflügelprodukten aus“, sagt Lange.

Nach Auskunft von Tierpark-Direktor Bernhard Blaszkiewitz ist das Hausgeflügel aus dem Streichelzoo bereits im Stall. Die tropischen Vögel würden bald folgen. Die Tiere müssten in den Ställen und Volieren etwas näher zusammenrücken, Platzprobleme gäbe es nicht.

In der Domäne Dahlem pickten und scharrten gestern 50 Hühner im Freien, Sonnabend kommen sie in den Stall. Für Betriebsleiterin Astrid Masson ist das Schicksal der Tiere damit so gut wie besiegelt. „Wenn es bei der Frist bis Mitte Dezember bleibt, müssen wir die Tiere schlachten.“ Die Domäne sei ein Biolandbetrieb, jedes Huhn brauche Auslauf von mindestens vier Quadratmetern. Das seien die Tiere, die nur nachts in den Stall kommen, gewohnt. Die Betriebsleiterin tröstet sich damit, dass jedes Tier irgendwann geschlachtet werde – beim aktuellen Bestand wäre es in einem halben Jahr soweit gewesen.

Die Veterinärämter werden die Stallpflicht überwachen, notfalls Bußgelder „in fünfstelligem Bereich“ verhängen. Nach Auskunft von Torsten Nöldner aus der Gesundheitsverwaltung gibt es neben Zoo, Tierpark und der landwirtschaftlichen Fakultät der Humboldt-Uni ein halbes Dutzend von Betrieben mit je über 100 Exemplaren „Nutzgeflügel“. Eine Geflügelfarm in Staaken hatte schon im September 500 Legehennen in den Stall geholt. Tiere in abgedeckten Volieren müssen dem Veterinäramt gemeldet werden.

Peter Ehrenberg vom Landesverband der Gartenfreunde wies gestern alle Kleingärtner per Rundschreiben auf die neue Rechtslage hin. Nach Schätzung des Verbandes dürften lediglich 150 Parzellen Geflügel halten. Überwacht werden auch öffentliche Volieren, wie jene hinter dem Kranzler-Eck. Dort müssen jetzt auch die Fasane rein. Von frei lebenden Schwänen und Enten gehe keine Gefahr aus, hieß es aus der Gesundheitsverwaltung. Man dürfe füttern, sollte aber direkten Kontakt vermeiden.

Unterdessen haben Vertreter der türkischen Verbände, Firmen und Medien gestern gemeinsam mit Gesundheitssenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) Maßnahmen beraten, wie man türkische Berliner davon abhalten kann, illegal Geflügel einzuführen. Jetzt sollen etwa Flugblätter auf Türkisch verteilt werden. Der Tierseuchenreferent der Verwaltung, Ansgar Aschfalk, wies erneut darauf hin, dass es beim Verzehr von Geflügel wie etwa „Chicken Döner“ oder halben Hähnchen keinerlei Ansteckungsgefahr gebe. Die in Berlin verzehrten Tiere stammen aus Westeuropa. Zudem seien Erreger vernichtet, wenn man Fleisch bei 80 Grad gare oder brate. jj/C.v.L./kög

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