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Berlin: "Das Herz schlägt links" - 300 Leser wollten den Besitzer des politischen Organs nicht nur sehen, sondern auch ein Autogramm von ihm

Er kam 20 Minuten zu spät, doch niemand nahm ihm das übel. Über 300 Menschen waren gekommen, um Oskar Lafontaine zu sehen und um seine Unterschrift in ihrem persönlichen Exemplar des Buches "Das Herz schlägt links" zu bekommen.

Er kam 20 Minuten zu spät, doch niemand nahm ihm das übel. Über 300 Menschen waren gekommen, um Oskar Lafontaine zu sehen und um seine Unterschrift in ihrem persönlichen Exemplar des Buches "Das Herz schlägt links" zu bekommen. Einen solchen Andrang hatten die Buchhandlung Kiepert und der Econ-Verlag zur Autoren-Signierstunde eines politischen Buches noch nicht erlebt. Regine Kiepert war zugleich überrascht und zufrieden mit dem Erfolg. "Wir haben etwa 450 Exemplare verkauft", sagte sie. Manche Leute hätten sich gleich fünf oder sechs Bücher gesichert. Dabei sei die Uhrzeit für eine Signierstunde sehr ungünstig gewesen. "Eigentlich findet so etwas am Nachmittag oder am frühen Abend statt, nicht unbedingt um 13 Uhr 30", sagte sie.

Die Berliner Lafontaine-Fans störte die Uhrzeit allerdings nicht. "Ich habe eine Vorlesung sausen lassen, damit ich eine Unterschrift von ihm bekomme", gab Student Noack zu. Ein anderer Käufer hatte seine Arbeitszeiten verschoben, um für eine Lafontaine-Signatur anzustehen. "Er hat immer gesagt, was er denkt, das schätze ich an ihm", sagte er. Etwa 20 Minuten mussten die Käufer warten, bis sie ein Exemplar des Buches kaufen und dem Autor zur Unterzeichnung reichen konnten. "Ich halte seinen Rücktritt zwar für falsch, denke aber, dass Lafontaine in seinem Buch zu einigen wichtigen Sachverhalten Stellung bezieht, das interessiert mich mehr als der Klatsch und Tratsch, der bisher über das Buch verbreitet wurde", sagte Hans B. aus Potsdam. Die aus Pankow angereiste Lafontaine-Anhängerin Gisela E. will dem früheren Finanzminister einmal Auge in Auge gegenüber stehen. "Das Buch interessiert mich, weil Lafontaine so abrupt abgetreten ist, dass er in dem Buch bestimmt noch einiges zu sagen hat", meint die Leserin. Wäre er still und leise von seinen Ämtern zurückgetreten, seien seine Meinungen zu vielen Themen ungehört geblieben. "Aber er war immer ein verantwortungsvoller Politiker und mit seinem Rücktritt hat er nicht verantwortungslos gehandelt, sondern nur allzu menschlich", sagt die Pankowerin.

Unterdessen signierte Oskar Lafontaine seine Bücher wie am Fließband. "Für Carsten" und "Für Ralf", "Mit sozialdemokratischem Gruß" und "Zum Geburtstag" - welchen Kurztext die Käufer sich auch immer wünschten, Lafontaine schrieb ihn. "Wenn ich schon 39,90 Mark für dieses Buch ausgebe, dann wenigstens mit Unterschrift, vielleicht gewinnt es damit nochmal an Wert", sagte ein Mann im Hinausgehen. Und Ümit Yazicio"glu war gekommen, um Lafontaine zu sagen, dass er seinen Parteivorsitz nicht hätte aufgeben dürfen. "Danach bin ich nach 19 Jahren SPD-Mitgliedschaft aus der Partei ausgetreten", sagte Yazicio"glu. Lafontaine selber wollte sich indes nicht zu seiner politischen Zukunft äußern: "Ich berate mich derzeit noch darüber, ob ich Anfang Dezember zum Parteitag nach Berlin komme oder nicht."

Silke Edler

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