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Berlin: Das könnte Schule machen

Viel Beifall, aber auch Skepsis erntet der Vorschlag, eine unabhängige Schlichtungsstelle einzurichten

Gesine S.(Name geändert) ist mit ihrer Kraft am Ende: Ihr Sohn hat Angst vor seiner Schule und sitzt weinend zu Hause, die Klassenlehrerin meint, er sei selbst schuld, die Rektorin gibt der Lehrerin recht, der Schulrat verbreitet Arroganz und der Oberschulrat zuckt mit den Schultern. Damit die Betroffenen in Fällen wie diesen nicht allein zurückbleiben, sondern Hilfe erfahren, hat Landeselternsprecher André Schindler eine unabhängige Schlichtungsstelle gefordert – und bekommt dafür viel Unterstützung.

„Wir halten den Vorschlag für interessant“, hieß es gestern aus der Senatsverwaltung für Bildung. Er solle berücksichtigt werden, wenn demnächst die Vorschläge zur Qualität der Schulaufsicht diskutiert würden. FDP und Grünen sprachen sich gestern dafür aus, den Vorschlag umzusetzen. Dagegen gab Neuköllns Bildungsstadtrat Wolfgang Schimmang (SPD) zu bedenken, dass es für solche Probleme doch den Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses gebe.

Dem widerspricht der grüne Schulpolitiker Özcan Mutlu. Als Abgeordneter habe er häufig mit Eltern zu tun, die keinen Rat mehr wüssten, weil die Schule auf Beschwerden – sogar nach Gewaltvorfällen – nicht adäquat reagierten. Als langjähriges Mitglied des Petitionsausschusses sei seine Erfahrung aber, dass dieses Gremium für Fälle, bei denen es um Ausgleich und viele persönliche Gespräche gehe, nicht so geeignet sei.

Tatsächlich sind solche Eltern-Lehrer-Schüler-Konflikte die Ausnahme in der Statistik des Petitionsausschusses. Bei den rund 1860 Fällen, die zwischen Mai 2006 und Mai 2007 behandelt wurden, ging es meist um Beschwerden rund um Hartz IV, Justiz, Soziales und Ausländerwesen. Nur 94 Fälle waren Schulprobleme, und da ging es vornehmlich um Beschwerden über Schulzuweisungen und Unterrichtsausfall. Dennoch lehnt der Vorsitzende Ralf Hillenberg Schindlers Ansinnen ab: Wenn man für einzelne Felder jeweils Ombudsleute beschäftige, „zerfasere“ die Macht des Petitionsausschusses. „Und das wollen wir nicht“, steht für Hillenberg fest. Im Übrigen hätten die zehn hauptamtlichen Mitarbeiter und die 13 Abgeordneten des Ausschusses sehr wohl genug Zeit, sich um alles detailliert zu kümmern.

Landeselternvertreter Schindler lässt sich davon nicht beeindrucken. Er verweist auf skandinavische Länder wie Schweden und Finnland, in denen sich die Schul-Ombudsleute bewährt hätten. Das Vertrauen der Bürger steige, wenn sie auf ein solches Gremium setzen könnten. Viele Eltern machten nämlich die Erfahrung, dass sich selbst die gewählten Elternvertreter nicht trauten einzuschreiten – aus Obrigkeitsgläubigkeit oder aus Angst vor Nachteilen für das eigene Kind. Auch Lehrer brauchten ein solches unabhängiges Gremium. Mieke Senftleben von der FDP gibt ihm recht. Allerdings plädiert sie anders als Schindler für eine ehrenamtliche Lösung, etwa durch pensionierte Bildungsfachleute. Susanne Vieth-Entus

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