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Berlin: „Das Land darf keine neuen Risiken übernehmen“ SPD-Fraktionschef Müller will Bankgesellschaft verkaufen

Skandal-Aufklärung geht ihm nicht weit genug

Herr Müller, Berlin bekommt jeden Tag neue Sparmaßnahmen verordnet, aber bei der Aufklärung der Bankkrise bleibt die SPD stumm...

Der Eindruck ist nicht richtig. Neun von zehn Vorstandsmitgliedern des alten Bankkonzerns sind rausgeflogen – aus dem Immobilienbereich ist keiner mehr übrig. Fristlos gekündigt. Fast alle alten Aufsichtsräte sind ebenfalls ausgewechselt. Elf Staatsanwälte machen seit einem Jahr nichts anderes, als die Vorgänge in der Bankgesellschaft aufzuklären – ich erwarte, dass es in nächster Zeit Ergebnisse geben wird. Und der Untersuchungsausschuss hat inzwischen alle wichtigen Komplexe, die zu dieser Katastrophe geführt haben, aufgearbeitet.

Beschädigt es die SPD, wenn der frühere SPDFraktionschef Ditmar Staffelt – zusammen mit Klaus Landowsky der Konstrukteur der Bankgesellschaft – sich im Untersuchungsausschuss nicht an die wesentlichen Vorgänge zu erinnern vermag?

Ditmar Staffelt erinnert sich durchaus. Zwischen Klaus Landowsky und Ditmar Staffelt gibt es aber einen zentralen Unterschied: Landowsky hat seine politische Tätigkeit und seine Tätigkeit als Bankmanager vermischt und bewusst genutzt. Insgesamt problematisch aber war, dass die Aufsichtsräte eines Konzernteils keinen Einblick in andere Teile hatten. So konnten die einzelnen Teile der Bankgesellschaft, wie die BerlinHyp und der Immobilienbereich, für sich arbeiten. Dies ist ein zentraler Konstruktionsfehler, ebenso wie die öffentliche Haftung.

... die SPD hat dies zugelassen.

Es gibt zweifellos eine Mitverantwortung der Politik insgesamt.

Für die SPD sitzt aus dem alten Aufsichtsrat nur noch Ex-Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing in dem Gremium. Wird auch sie noch einem Neuanfang Platz machen?

Wir streben den Neuanfang auf allen Ebenen an. Ohne, dass man direkt den Aufsichtsratsmitgliedern Schuld zuweisen kann. Der Einblick war ihnen durch die Konstruktion oft verwehrt. Wobei es sicher einige gegeben hat, die nicht intensiv nachgefragt haben.

Jüngst wurde festgestellt, dass es beim Controlling in der Bank immer noch Mängel gibt. Trotzdem ist der Controller als einziges der zehn Vorstandsmitglieder noch im Amt.

Die neuen Vorstände mussten doch zu Beginn über die Zusammenhänge innerhalb des Konzerns informiert werden. Deshalb ist der Controller mit seinen Kenntnissen im Vorstand belassen worden. Ich gehe aber davon aus, dass mittelfristig ein 100-prozentiger personeller Neuanfang gemacht wird.

Sie sind also der Meinung, die Aufklärung des Skandals ist erfolgreich verlaufen?

Erfolgreich ja, aber es geht mir nicht weit genug. Insbesondere bei ehemaligen Vorstandsmitgliedern, die zum Schaden der Bank und des Landes gearbeitet haben, erwarte ich mehr. Regressansprüche, Pensionsansprüche – an diese Fragen muss der Aufsichtsrat, muss der jetzige Bankvorstand und muss der Untersuchungsausschuss ran. Wir sollten den Spieß umdrehen: Bislang werden Pensionen und Übergangsgelder gezahlt – bis wir irgendwann im Klageweg den Schadensersatz einfordern. Vielleicht sollten wir die Zahlungen einstellen. So wären nämlich die Betreffenden gezwungen, ihre Ansprüche gerichtlich prüfen zu lassen.

Wir warten noch auf Schadensersatzklagen?

Ja. Das Problem ist, dass dabei der Vorsatz nachgewiesen werden muss. Doch viele ziehen sich auf ihr Unvermögen zurück. Und Unvermögen ist kein Vorsatz.

Der Schaden sollte durch die Rückabwicklung der umstrittenen Fonds gemindert werden. Ist das geschehen?

Da ist es leider ähnlich wie bei der Frage des Schadensersatzes. Die Publikumsfonds stehen hier nicht zur Rede. Man kann an die einzelnen Inhaber nicht herantreten, zudem sind die Konditionen doch marktüblich. Ganz anders sieht es bei den Luxusfonds aus. Ein elitärer kleiner Kreis hat sich hier selbst bedient. Und da muss die Bank mutiger werden und an die Eigner herantreten, um die Konditionen zu ändern. Es gibt Ermessensspielräume in der Beurteilung dessen, was die Bank tun kann. Ich habe den Eindruck, diese werden nicht ausreichend genutzt.

Es liegen jetzt zwei Kaufangebote für die Bank vor. Ist der Verkauf der einzig richtige Weg?

Es ist ein wünschenswerter Weg. Das Land Berlin sollte einen Strich ziehen und sich zurückziehen. Wir haben es sieben Jahre probiert, es ist in die Hose gegangen. Ein Neuanfang ist richtig. Auch angesichts dessen, dass jedes weitere Risiko wieder beim Land landen würde. Aber egal wie viele Bieter es gibt – das Angebot muss stimmen.

Stimmen denn die Angebote?

Ich bin im Moment noch zurückhaltend. Ich kenne die Angebote noch nicht im Detail. Entscheidend ist hier nicht nur der gebotene Kaufpreis, sondern auch die Frage der Risikoverteilung. Beides hängt eng zusammen. Grundsätzlich muss gelten, dass Berlin bei einem Verkauf keine zusätzlichen Risiken übernehmen muss.

Das Gespräch führten Barbara Junge und Gerd Nowakowski

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