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Berlin: Das Paradies heißt Pongoland

Leipzigs Zoo zeigt, wie sich ein Tierpark von Zuschüssen immer mehr befreit und doch Geld für große Pläne hat

Pongoland – klingt nach Afrika und Urwald. Aber Pongoland liegt an der Pfaffendorfer Straße mitten in Leipzig. Seit es Pongoland gibt, haben die Leipziger ihren Zoo wieder richtig lieb gewonnen. Das „Paradies der Affen“, ist zum Markenzeichen einer neuen Erlebniswelt geworden, auf die die Berliner ein wenig neidisch sein könnten. Zoodirektor Jörg Junhold war der Ideengeber für Pongoland. Der 39-jährige gebürtige Sachse gilt als Visionär und engagierter Sponsoren-Sucher. Ein Etappenziel hat er schon geschafft: Der Leipziger Zoo gehört wieder zu den Vorzeige-Tiergärten in Deutschland. Dabei hat sich die Stadt ihren Tiergarten zum großen Teil „erspart“ und den städtischen Eigenbetrieb zur privaten GmbH gemacht, die wie ein Wirtschaftsunternehmen arbeitet.

Die Leipziger Erfolge werden an der Spree interessiert beobachtet, weil die Idee des Stadt-Zoos in Sachsen neuen Schwung bekommen hat, der in Berlin fehlt. Es ist ein Selbstbewusstsein entstanden, das Visionen in die Tat umsetzt und nicht nur öffentliche Zuschüsse im Blick haben muss. Jörg Junhold, seit 1997 Direktor, krempelt den 125 Jahre alten Traditionstierpark um, er vermarktet ihn und er hat dafür die Rückendeckung der Stadt, die immerhin noch 30 Prozent zur laufenden Finanzierung beiträgt.

Hätte sich nichts geändert, wäre der in den 30er Jahren weltberühmte Zoo wegen längst verschlissener Bausubstanz und unzeitgemäßer Tierhaltung vermutlich längst geschlossen. Aber Junhold schaffte die Zoo-Wende: Er will bis 2015 die 24 Hektar große Anlage (Zoo Berlin: 35 Hektar, Tierpark 155 Hektar) für 90 Millionen Euro zum „Zoo der Zukunft“ machen. Rund 30 Millionen Euro kostete Pongoland, aber der Zoo zahlte dafür fast nichts. Denn das Max-Planck-Institut konnte als Investor gewonnen werden. Es erforscht dort unter anderem das Verhalten von Menschenaffen. Auf verschlungenen Pfaden hangeln sich Gorillas, Schimpansen, Bonobos oder Orang-Utans durch echte Dschungel-Wipfel, und die Besucher wandern auf einem holzeingezäunten Holzweg, der auch durch ein tropisches Urlaubsparadies führen könnte. Dies ist erst ein Anfang. Junhold will im Zoo Themenparks schaffen. Das kostet Millionen, die mit Hilfe von Sponsoren wie Mercedes-Benz, Siemens, Langnese oder der Sparkasse aufgebracht werden sollen. Dafür gibt es Gegenleistungen, die Sponsor-Unternehmen können mit dem Zoo-Zeichen werben, erhalten Kontingente von Freikarten, nutzen den Tiergarten für Veranstaltungen. „Der Zoo ist als eine der führenden Marken im Freizeitbereich Mitteldeutschlands gefragter Partner für regionale und überregionale Wirtschaftsunternehmen“, sagt Junhold. Die Geldgeber dürfen sich Gold, Silber- oder Bronze-Sponsoren nennen. Weil der Zoo sich als als „wirtschaftlich denkendes und handelndes Unternehmen“ versteht, gehört er wie selbstverständlich dem Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft an. Junhold, promovierter Tierarzt, arbeitete zuvor als Marketing-Manager in der Tierfutter-Branche. Das erklärt, dass in der Zoodirektion Worte wie Investitionen, Eigenkapitalquote und Kreditvolumen gängige Vokabeln geworden sind.

Es geht nicht anders: Die Subventionen der Stadt decken nicht mal die Personalkosten, die Investitionszuschüsse von jährlich 1,6 Millionen Euro nur 20 Prozent der Baukosten für die neuen Anlagen. Um mehr Eigeneinnahmen zu erhalten, ist der Zoo mit Erfolg bemüht, mehr Besucher zu bekommen, das Eintrittspreis-Niveau „angemessen“ zu erhöhen. Zusätzliches Geld sollen Sponsoren, Spenden und Pachteinnahmen bringen.

Als „Naturerlebnispark“ will der Zoo eine neue Atmosphäre vermitteln, wozu auch die Löwensavanne „Makasi Simba“, die Lippenbärenschlucht oder das Entdeckerhaus „Arche“ gehören. Es gibt Service-Angebote für Kindergeburtstagsfeiern, an Erwachsene richtet sich die „Dschungelnacht“. Über die Eintrittspreise, mit neun Euro gerade auf Berliner Niveau angehoben, erwirtschaftet das Unternehmen heute knapp 60 Prozent der Einnahmen, vor ein paar Jahren waren es 33 Prozent. Und noch ein Erfolg: Mit 1,2 Millionen Gästen im Jahr hat sich die Besucherzahl seit 2000 praktisch verdoppelt.

Den Tierpark als Artenschutzraum zu verstehen, der zum Besuchermagneten wird – das ist für den Direktor der Zoo der Zukunft. Optimale Tierhaltung und eine Erlebniswelt für die Gäste sind sein Ziel. Berliner Verhältnisse? Zu denen will Junhold sich nicht äußern. Jeder Zoo müsse seinen Weg finden. Pongoland war für Leipzig ein erster Schritt.

Christian van Lessen

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