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Berlin: Das Rätsel des schwarzen Riesen

Raubserie auf Geschäfte: Justiz ließ Verdächtigen frei, geht aber von zwei Tätern aus – Kripo bezweifelt das

Die Raubserie des „schwarzen Riesen“ verwirrt Polizei und Justiz. Am Montag wurde ein Mann wieder auf freien Fuß gesetzt, dem ein Teil der Überfälle auf Geschäfte und Videotheken zur Last gelegt worden war. Der Mann war am 28. Januar festgenommen worden. Danach ging die Raubserie jedoch weiter. Dem Festgenommenen hatte die Justiz drei der bis dahin acht Taten angelastet. Möglicherweise sei der Falsche eingesperrt worden, hieß es im Landeskriminalamt: „Die Justiz hat wohl kalte Füße bekommen.“

Dabei klingen Täter- und Tatbeschreibung recht eindeutig: Der Mann hat schwarze Hautfarbe und ist sehr groß, mindestens 1,90 Meter. Er trat nie maskiert auf und fuchtelte immer mit einer Pistole mit auffällig langem Lauf herum. Er war sehr höflich zu den Angestellten der Geschäfte und drückte sich sehr gewählt aus.

Das Personal von drei Läden identifizierte den Festgenommen aus Gambia als den Räuber – „vielleicht haben sich die Zeugen geirrt“, heißt es bei der Kripo. Denn die anderen Raubopfer erkannten den Festgenommen nicht wieder – auch nicht die Angestellten des Geschäftes an der Markgrafenstraße, das eine Stunde vor dem Supermarkt an der Dudenstraße überfallen wurde. Dass zwei Kreuzberger Geschäfte innerhalb von einer Stunde auf die gleiche Weise von zwei Tätern überfallen worden sein sollen, wollen die Ermittler nicht glauben. Vollends in Zweifeln kamen sie nach dem 6. Februar: Der Mann saß in Haft, und dennoch wurde die gleiche Videothek an der Weitlingstraße in Lichtenberg überfallen, in der am 16. Januar die Serie mit bislang elf Taten begann.

All das erschüttert die zwischenzeitlich erwogene Theorie zweier Täter. Zudem sei die Vorgehensweise aller elf Taten „absolut identisch“, wie ein Ermittler sagte. „Wenn es zwei Täter sind, müssten sie sich schon sehr gut abgesprochen haben.“ Dass die Zeugen ungenaue Angaben machten, zeige schon die Beschreibung der Pistole: Zunächst sei sie immer schwarz gewesen, dann silbern. Ein Phantombild gibt es mangels genauer Angaben noch nicht. Dabei war der Mann nie maskiert, nur seine Kleidung wechselt: alleine acht verschiedene Kopfbedeckungen.

Justizsprecher Retzlaff bestand gestern darauf, dass es zwei „schwarze Riesen“ in der Stadt geben müsse. Der Tatverdacht gegen den wieder frei gelassenen 31-Jährigen bestehe weiter. „Die Ermittlungen sind weitergelaufen“, begründete Retzlaff die Haftverschonung; Zweifel am Täter gebe es keine.

Das sieht die Kripo anders. Denn die Annahme, dass es zwei raubende schwarze Riesen, birgt viele Widersprüche – zu viele. Festgenommen wurde der Mann, nachdem er in dem Supermarkt an der Dudenstraße, den er am 22. Januar überfallen haben soll, einkaufen wollte – ganz normal mit Geld, wie immer, da er in der Nähe wohnt. Und noch etwas stiftet Verwirrung: Die regionale Verteilung der Überfälle ergibt keinen Sinn: drei in Lichtenberg, drei im Süden am Stadtrand, fünf in Kreuzberg und Schöneberg. Der Festgenommene soll in jedem Bereich einmal zugeschlagen haben.

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