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Berlin: Das Theater der Anatomie

Der 1789 erbaute „Trichinentempel“ auf dem Gelände der Charité soll saniert werden

Berlin besitzt, was kaum jemand weiß, ein wertvolles akademisches Lehrgebäude, das älter als die Humboldt-Universität ist. Gebaut von 1789 bis 1790, diente das von Studenten manchmal spöttisch auch „Trichinentempel“ genannte Anatomische Theater auf dem Gelände der Charité der Ausbildung von Veterinären in der königlichen Tierarzneischule und war zuletzt Institut für Lebensmittelhygiene. Gut ausgebildete Spezialisten wurden in der preußischen Landwirtschaft und der Armee mit ihren vielen Pferden dringend gebraucht. Und das ließ sich der Staat einiges kosten. Mit der Bauplanung wurde deshalb vor 215 Jahren nicht irgendein Architekt, sondern einer der damals besten und berühmtesten beauftragt. Carl Gotthard Langhans, der Schöpfer des Brandenburgischen Tores, gestaltete einen Kuppelbau auf quadratischem Grundriss, der Hörsaal mit den trichterförmig angeordneten Rängen erinnert an ein Amphitheater. Als Ausbildungsstätte von Tierärzten ist er schon von weitem erkennbar durch steinerne Nachbildungen von Rinderschädeln und Löwenfellen als Schlusssteine über Fenstern und Türen, die innere Kuppeldecke zieren Ausmalungen, die idyllisches Landleben mit Hirten und ihren Herden darstellen.

Ungeachtet seines herausragenden künstlerischen Wertes ging die Humboldt-Universität mit dem Gebäude und seinem noch weitgehend im Original erhaltenen Hörsaal wenig pfleglich um. Immer wenn in dem kreisrunden Saal mit seinen steil ansteigenden Sitzreihen das Landesdenkmalamt den Berliner Denkmalpreis verlieh, wurde auch der Zustand des einzigartigen Gebäudes beklagt, durch dessen löchriges Dach und die maroden Fenster Feuchtigkeit eindrang. Passiert ist dennoch lange nichts.

Das soll sich nun ändern. In Kürze beginnen außen und innen aufwändige Restaurierungsarbeiten. Auch die desolate Haustechnik wird komplett erneuert. Initiiert werden die Sanierungsarbeiten durch die vor einem Jahr gegründete Stiftung Anatomisches Theater, die von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) treuhänderisch verwaltet wird und auf der Suche nach Förderern und Spendern ist.

Die über mehrere Jahre geplante Gesamtsanierung sieht nach Auskunft von DSD-Sprecherin Ursula Schirmer die Erneuerung der durch Risse und Fehlstellen gezeichneten Fassade und ihre farbliche Neufassung nach historischem Befund vor. „Bei den jetzt beginnenden Untersuchungen wird sich zeigen, was noch vom alten Putz verwendet werden kann und was durch neuen Putz ersetzt werden muss. Da das Areal rund um den Trichinentempel mit der Zeit aufgeschüttet wurde, muss auch Erdreich wieder abgetragen werden.“ Nach Abschluss dieser Arbeiten werde das Haus repräsentativer wirken als jetzt und ein wahres Schmuckstück sein, verspricht Ursula Schirmer. Im Hörsaal und den Nebenräumen werden in den kommenden Jahren Ausmalungen gereinigt und Fehlstellen geschlossen. Auch das Mobiliar im Hörsaal, das von Generationen angehender Veterinäre „ziemlich abgelebt“ wurde, soll restauriert werden. Auf den Bänken haben schon die ersten Studenten nach Erbauung des Saals anatomische Kenntnisse gesammelt.

Spenden für die Restaurierung des „Trichinentempels“ nimmt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz entgegen. (Kontonummer 2616 130 07, Dresdner Bank, BLZ 370 800 40, Stichwort: „Anatomisches Theater“). Weitere Informationen erteilt die Humboldt-Universität, Technische Abteilung, unter Telefon 2093 1853.

Helmut Caspar

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